Salzgurken auf einem Fass

„Zwei Minuten“: Die Kolumne zum Wochenende

Meinung: Mit der Gurkentruppe in die Saure-Gurken-Zeit

Stand
Autor/in
Peter Knetsch

Es ist Ferienzeit auch in der Politik. Obwohl sie gerade jetzt da sein müsste. Da, wo in einem Monat Landtagswahlen und die Rechtsextremisten stark sind, meint Peter Knetsch.

Anfang August, nicht nur für Journalisten die klassische Saure-Gurken-Zeit. Nix los, Sommerdelirium, alle im Urlaub, entspannt-gebräuntes Vor-Sich-Hin-Taumeln, der Maschinenraum des politischen Lebens im Wartungsmodus. Saure-Gurken-Zeit eben und deshalb die perfekte Zeit, um über sie zu reden. Also über die Gurken.

"Zwei Minuten": Unsere Kolumne zum Wochenende von Peter Knetsch können Sie sich auch anhören:

Ein paar Assoziations-Hüpfer: Traditionsgemüse aus dem Spreewald - Brandenburg - Sachsen - Thüringen - Landtagswahlen – in knapp einem Monat sind die ersten beiden. In Thüringen und Sachsen sind die Sommerferien genau jetzt zu Ende, also auch die Zeit der sauren Gurken.

Peter Knetsch steht im Gang eines SWR-Gebäudes.
Die Kolumne zum Wochenende von Peter Knetsch

Von Gurken und Essiggurken

Ein Begriff, der darin seinen Ursprung hat, dass die sommerlichen Salzgurken – anders als ihre winterlichen Schwestern, die Essiggurken – mittels einer Scheibe Brot und anschließender Milchsäuregärung auf der Fensterbank… naja… eben sauer werden. Und die man traditionell dort einlegt, wo viele der dazugehörigen Einleger offenbar auch vor sich hin gären und sauer sind. Vor allem auf die etablierten Parteien, für die säuerlichen Menschen offenbar eine einzige Gurkentruppe.

Laut Studie „Politik von oben herab“

In einer gerade veröffentlichten Studie der Uni Mannheim sagt mehr als die Hälfte, dass die Politik sie von oben herab behandle, ohne Respekt. Ein Grund, so die Forscher, warum die AFD punkten kann. Die AFD, die vermeintlich sehr viel näher an den Menschen dran ist, die vorgibt zuzuhören, da, wo das Leben ist. Ob das wirklich Respekt oder einfach Kalkül ist, lassen wir mal offen.

Sigmar Gabriel hat schon vor 15 Jahren gewarnt

Aber die Strategie ist so simpel wie bekannt: Der einstige SPD-Boss Sigmar Gabriel hat seinen Genossinnen und Genossen vor 15 Jahren auf einem Parteitag einen klugen Tipp gegeben: „Unsere Politik wirkt manchmal aseptisch, klinisch rein, durchgestylt, synthetisch.“ Und daraus folgerte Gabriel: „Wir müssen raus ins Leben, wo es brodelt, wo es manchmal riecht, gelegentlich auch stinkt. Wir müssen dahin, wo es anstrengend ist.“ Tja, lange her, die Worte sind verweht, der brodelnde Gestank eher nicht. Da kümmern sich wie gesagt andere drum.

Es scheint so, als ob die bürgerliche Parteiprominenz sich naserümpfend abgewendet hat. Dahin, wo es weniger anstrengend ist. In den Urlaub. Aber warum auch nicht? Ist ja noch klassische Saure-Gurken-Zeit.

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Fast ein Viertel der 14- bis 29-Jährigen würde laut einer Jugendstudie die AfD wählen – eine beunruhigende Erkenntnis, die viele Fragen aufwirft. Eine davon ist die Rolle von TikTok, wo zwei Drittel der jungen Wählerschaft aktiv sind.

Die Plattformlogik, die auf Dualismus, emotionalisierten Inhalten und komprimierten Botschaften basiert, könnte der AfD in die Hände spielen. Mit 400.000 Followern nimmt die Partei eine dominante Stellung auf TikTok ein, während andere Parteien versuchen, nachzuziehen. Doch wie kann man dort authentisch und überzeugend kommunizieren?

Diese und weitere Fragen diskutieren wir mit Marina Weisband. Sie ist Publizistin, Digitalpolitikerin, Psychologin und bekannt als ehemalige Sprecherin der Piratenpartei, Nun engagiert sie sich bei den Grünen.

Johannes Hilje, Berater für Politik und Kommunikation, betont die Wichtigkeit für andere Parteien, ebenfalls auf TikTok präsent zu sein. Ein Feld kampflos der AfD zu überlassen, sei riskant. Wichtig sei es, Emotionen zu wecken und demokratische Werte zu kommunizieren – eine Herausforderung.

Habt ihr bereits Inhalte der AfD auf TikTok gesehen? Was haltet ihr davon?
Schickt uns eure Meinungen per E-Mail an kulturpodcast@swr.de.

Host: Christian Batzlen
Showrunner: Stephanie Metzger

Links:
Marina Weisband https://marinaweisband.de/
Joannes Hilje: https://johanneshillje.de/blog/

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