Ein Nachruf

Oskar Zerlacher ist tot - er berichtete aus Ravensburg und der ganzen Welt

Stand
Autor/in
Jürgen Lösselt
Onlinefassung
Hildegard Eichenhofer

Oskar Zerlacher berichtete 30 Jahre lang für das SWF/SWR Fernsehen aus Ravensburg und aus aller Welt. Der Redakteur moderierte auch lange Zeit die "Abendschau". Nun ist er mit 83 Jahren gestorben.

Kurz nach seinem 83. Geburtstag ist der Fernsehjournalist Oskar Zerlacher gestorben. Er war im damaligen SWF/SWR Studio Ravensburg ab 1970 bis in die 2000er-Jahre für die Fernseh-Berichterstattung aus Oberschwaben verantwortlich.

Ein Nachruf von seinem langjährigen Kollegen Jürgen Lösselt:

Oskar Zerlacher - ehemaliger Abendschau-Redakteur beim SWR aus Ravensburg
Oskar Zerlacher war von 1970 bis 2000 beim SWF/SWR zuletzt als leitender Redakteur im Studio Ravensburg beschäftigt.

Oskar Zerlacher war ein Journalist der alten Schule. Diesen Satz hätte er vermutlich als Auszeichnung empfunden – und als solche soll er hier auch verstanden werden.

"Armer Leute Kind" aus Kärnten

1941 wurde Zerlacher in Kärnten geboren: "Als armer Leute Kind", wie es über ihn in seinem Buch "Die Oberschwäbische Barockstaße" geschrieben steht. Darin berichtete er über den Landstrich zwischen Donau und Bodensee, der ihm längst zur Heimat geworden war. Basis für den Bildband waren aufwendige Recherchen und Dreharbeiten zu einer dreiteiligen Fernseh-Dokumentation für den damaligen Südwestfunk.

Oskar Zerlacher reichte es dabei nicht aus, den Glanz des Barocks als touristische Sehenswürdigkeit abzufilmen. Ihm ging es immer auch um die "kleinen Leute", die all den schönen Schein für ihre Herrschaften erarbeiten mussten - meist unter wenig glanzvollen Bedingungen. Eine Perspektive, die sich durch Zerlachers gesamtes journalistisches Leben zog.

Reporter, Redakteur und Universalgebildeter

Studien der Publizistik und Kunstgeschichte in Wien bereiteten ihn auf seinen späteren Beruf als Reporter und Redakteur bei Zeitungen, Hörfunk und Fernsehen vor - erst in Österreich, dann auch in Deutschland.

Oskar Zerlacher war ein Universalgebildeter. Ihm konnte keiner etwas vormachen. Es gab kaum ein Thema, bei dem er sich nicht auskannte. Wer mit ihm zusammenarbeitete, der musste das Gefühl bekommen, dass Oskar einfach alles wusste. Und wie es so ist bei Könnern dieses Kalibers: Manchmal wusste er es auch noch besser - was ihn im Umgang nicht immer zu einem einfachen Kollegen machte.

Langjähriger Moderator der "Abendschau"

Sagen, was ist - nicht immer nur "schön, schön". Am besten Klartext ohne Filter. Das war sein Stil als Reporter und später auch als Moderator. Und die Zuschauer der damaligen "Abendschau Baden-Württemberg", einem beliebten Vorläufer der heutigen "Landesschau", wussten Zerlacher und seine Moderationen zu schätzen. Gemeinsam mit anderen Könnern des Regionalfernsehens präsentierte er die Sendung. Seine Moderations-Kollegen waren Menschen wie Wieland Backes, Thomas Roth, Hans-Dieter Reichert, Michael Zeiß - Namen, die den älteren Fernsehzuschauern bis heute für Qualität und Originalität im damaligen Landesfernsehen in Erinnerung geblieben sein dürften.

Zeitweise hatte Zerlacher sogar eine eigene Sendung: "Die Woche mit Oskar". Darin nahm er Beiträge seiner eigenen Sendungen und Kollegen rückblickend auf die Schippe. Meistens mit ironischem Unterton, manchmal war auch Wut zu spüren – und das fanden wir, die wir mit ihm zusammenarbeiteten, dann besonders gut. Oskar Zerlacher war aber auch bekannt für seine preisgekrönten Karikaturen, die er gemeinsam mit dem Zeichner Sepp Buchegger für das Regionalfernsehen, später auch für die ARD machte. Und in Oberschwaben mochten ihn die Zuschauer, weil er Kabarettisten wie Manfred Hepperle und dessen Mitstreiter ins Fernsehen brachte.

Schnelllebiger oder unterhaltender Stil waren nicht seins

Viel Regionalfernsehen also, aber auch große Reportagen aus aller Welt gab es von Oskar Zerlacher zu sehen. Doch wie es so ist im Leben, kam plötzlich ein neuer Stil auf, mit dem er sich nicht anfreunden wollte. Ein neuer Reporter-Typ machte Karriere: bunte Hosenträger, flotter Text, kurze Beiträge. Das war nichts mehr für den Mann, der sich einst mit der Mundharmonika an die Stuttgarter Königstraße gesetzt hatte, um für die "Abendschau" herauszubekommen, wie das Leben der Bettler abläuft und was da so zu verdienen ist.

Nun ist Oskar Zerlacher also gestorben. Alte Kollegen trauern um ihn. So mancher Fernsehzuschauer wird sich an ihn erinnern. Und dabei vielleicht glauben, dass er jetzt denen da oben sagt, wie es besser laufen könnte. So wie früher hier unten – hätten sie ihn nur öfter mal gefragt. 

Autor des Nachrufs ist Jürgen Lösselt. Der SWR-Fernseh-Redakteur in Ravensburg und bis 2022 in Friedrichshafen war lange Jahre Weggefährte von Oskar Zerlacher.

Kleine Auswahl von Filmen und Sendungen von Oskar Zerlacher

"Die Karrikaturen" - ein jeweils pointierter Rückblick auf die Woche von Oskar Zerlacher mit Zeichnungen von Sepp Buchegger

Oskar Zerlacher berichtete 30 Jahre lang für das SWR Fernsehen (früher SWF) aus Ravensburg und aller Welt. Seine Sendung "Karrikaturen" gilt als älteste Serie der ARD.

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