Archivbild - Untersuchungsausschuss im Landtag

U-Ausschuss zur Polizei-Affäre dreht sich auch um Beförderungspraxis

Zeuge gibt Innenministerium Schuld am Aufstieg von Ex-Polizeiinspekteur

Stand

Im Untersuchungsausschuss des Landtags hat am Montag ein weiterer Zeuge ausgesagt. Er wirft dem Innenministerium vor, es habe den Ex-Polizeiinspekteur gegen den Willen des LKAs befördert.

Im Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtags um die Polizei-Affäre gibt es neue Details. Das Innenministerium habe 2019 seinen Kandidaten durchgesetzt - gegen den Willen des Chefs des Landeskriminalamts (LKA). Der frühere Reutlinger Polizeipräsident Alexander Pick berichtete von hitzigen Diskussionen in der Polizeichef-Runde im Frühjahr 2019.

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Favorit des LKA-Chefs wurde trotz Expertise abgelehnt

Die Runde diskutierte damals die Nachfolge für den Vizepräsidenten des LKAs. Das Innenministerium hatte einen klaren Favoriten. Der damalige LKA-Chef Ralf Michelfelder habe sich vehement für einen anderen Kandidaten eingesetzt, vor allem wegen dessen Expertise zum islamistischen Terrorismus, sagte Pick vor dem Untersuchungsausschuss. In 17 Jahren habe er selten eine so spannungsgeladene und konfrontative Runde erlebt wie bei jener Diskussion. Letztlich habe das Innenministerium seinen Kandidaten durchgesetzt.

Bereits vergangenes Jahr kritisierte Ex-LKA-Chef Michelfelder vor dem Untersuchungsausschuss, der damalige LKA-Vizepräsident habe nicht das nötige fachliche Niveau besessen und sei ein "Sicherheitsrisiko" gewesen. Nur ein Jahr später wurde der neue LKA-Vizepräsident erneut befördert, und zwar zum Polizeiinspekteur - dem obersten Polizisten des Landes.

Der Untersuchungsausschuss will die Frage beantworten, wie es zu diesem rasanten Aufstieg kommen konnte - trotz Verfehlungen bei der baden-württembergischen Polizei. So soll der spätere Inspekteur beispielsweise im April 2020 trotz Kontaktbeschränkungen während der Pandemie zu einer Sektrunde eingeladen haben.

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Neuer Wertebeauftragter kritisiert Beförderungspraktiken

Ebenfalls am Montag in den Ausschuss geladen war der Leiter der neuen Stabsstelle moderne Führungs- und Wertekultur der Innenverwaltung, Jörg Krauss. Er sieht strukturelle Probleme bei den Beförderungs- und Besetzungspraktiken der Polizei. Auswahlverfahren dürften nicht vorweggenommen werden, nur die Kompetenz der Bewerber dürfe bewertet werden, so Krauss. Ein Knackpunkt sei, dass nur die Beurteilungsnote zähle, um auf einen bestimmten Dienstposten zu kommen. "Die Fachkompetenz für eine gewisse Stelle spielt verwaltungsgerichtlich keine Rolle."

Er halte das System für bearbeitungsbedürftig, antwortete Krauss auf die Frage eines Abgeordneten. Gerade bei der Polizei habe sich eine Kultur entwickelt, sich gegenseitig füreinander einzusetzen. Krauss bezeichnete es als Gefahr, wenn Vorgesetzte ihresgleichen beförderten. Es sei wichtig, zu erkennen, dass man selbst nicht alles wisse. Wenn Kollegen von ganz unten nach ganz oben aufstiegen, verlören sie oft die Reflexion, die Distanz zu sich selbst, so Krauss.

Krauss, der ehemalige Amtschef des Finanzministeriums, ist erst seit wenigen Monaten Wertebeauftragter der Innenverwaltung. Seine Stabsstelle war als Konsequenz aus der Polizei-Affäre eingerichtet worden.

Gerichtsverfahren wegen sexueller Nötigung eingestellt

Eine Kollegin warf dem Ex-Polizeiinspektoren außerdem vor, sie vor einer Bar sexuell genötigt zu haben. Der Polizist wurde freigestellt. In einem Gerichtsverfahren vor dem Landgericht Stuttgart wurde er jedoch freigesprochen. Es konnte ihm nicht nachgewiesen werden, dass die Nötigung tatsächlich stattgefunden hatte. Der ehemalige Polizeiinspekteur kehrte nicht in sein Amt zurück.

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss beschäftigt sich mit sexueller Belästigung in Landesbehörden, der Beförderungspraxis bei der Polizei und auch mit der Rolle von Innenminister Thomas Strobl (CDU) beim Aufstieg des Beamten.

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