EU-Ausnahme für Verbrenner

Kompromiss zu E-Fuels: Politik und Wirtschaft in BW sind erleichtert

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Der baden-württembergische Verkehrsminister Hermann ist froh, dass sich Bundesregierung und EU beim Verbrenner-Aus ab 2035 geeinigt haben. Die FDP sieht Arbeitsplätze in der Autoindustrie gesichert.

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) begrüßt das Ende der Hängepartie um die Zukunft der E-Fuels in der EU. Allerdings sei dieser Streit unnötig gewesen, da der synthetische Kraftstoff nach wie vor nicht die richtige Energiequelle für Pkw sei. "Es ist zunächst mal gut, dass diese absurde Theater vorläufig beendet ist", kommentierte der Minister. Es wäre ein schreckliches Signal gewesen, so Hermann, wenn Deutschland als einer der Initiatoren des Verbrennerverbots ab 2035 das Verfahren zerlegt hätte.

Nach der bisherigen Vereinbarung sollten ab dem Jahr 2035 keine Neuwagen mit Verbrennermotoren mehr zugelassen werden. Der neu verhandelte Kompromiss besagt: Verbrennerautos dürfen weiterhin zugelassen werden, sofern sie ausschließlich sogenannte E-Fuels tanken, also CO2-neutrale Kraftstoffe. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte am Freitag zur Entscheidung getwittert:

Der Weg ist frei: Europa bleibt technologieneutral. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor können auch nach 2035 neu zugelassen werden, wenn sie ausschließlich CO2-neutrale Kraftstoffe tanken. 1|2

Hermann: E-Fuels zu teuer für Pkw

BW-Verkehrsminister Hermann sagte außerdem: "Unter Technologieoffenheit verstehe ich etwas anderes." Er wisse nicht, wofür die FDP da gekämpft habe. Für Schiffe und Flugzeuge seien E-Fuels als Übergangslösung sinnvoll, aber nicht für Pkw. Eine Tankfüllung würde wegen der aufwendigen Erstellung mehrere hundert Euro kosten. Die Entwicklung sei vorgegeben. Die batterieelektrische Lösung sei für Pkw die beste. Außerdem würden alle wichtigen Firmen am Automobilstandort Baden-Württemberg wie Mercedes-Benz, Audi, Porsche oder der Zulieferer Bosch auf Elektromobilität setzen.

FDP und CDU: Einigung sichert Arbeitsplätze in Baden-Württemberg

Ganz anders sieht das die FDP im Land. Die Einigung zu den E-Fuels werde positive Auswirkungen auf die Wirtschaft in Baden-Württemberg haben, so der Verkehrspolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Christian Jung. "Wir werden viele Arbeitsplätze vor allem im Zulieferer-Bereich der Automobilindustrie und im Kfz-Gewerbe sichern und zukunftsfähig machen können."

Ähnlich äußerte sich die CDU. Die Wirtschaft in Baden-Württemberg habe nun weiterhin die Möglichkeit, ihre Kapazitäten in der Forschung und Entwicklung von E-Fuels auszubauen, so der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Thomas Dörflinger. Der Weg zu einem emissionsfreien Verkehrssektor gelinge "nur mit einer innovationsfreundlichen und technologieoffenen Transformation der Automobilflotte."

Wirtschaft im Land: "Ein kluger Schritt"

Lob für die von der FDP erstrittene Ausnahmeregelung zu den E-Fuels kam auch von den Unternehmen selbst. "Es wäre töricht gewesen, einzelne Technologien grundsätzlich auszuschließen - selbst wenn sie das Potenzial haben, klimaneutral zu sein", teilte Peer-Michael Dick, Hauptgeschäftsführer der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW) mit.

Es wäre fatal, den technologischen Vorsprung der Automobilindustrie im Land bei den Verbrennern aus den Händen zu geben, wenn irgendwann feststehe, dass die Technik doch Zukunft habe. "Dann müssten wir aber Herstellern aus anderen Weltregionen hinterherlaufen." Dick hofft, dass Verbrenner zu einem "riesigen" potenziellen Absatzmarkt werden, wenn klimaneutrale Kraftstoffe irgendwann in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen.

Das Energiekonzept der Zukunft sehe vor, regenerativen Strom im Überfluss zu produzieren. Der Überschuss werde dann in Wasserstoff umgewandelt. Stehe einmal nicht genügend regenerativ erzeugter Strom zur Verfügung, könne Wasserstoff als Ausgleich genutzt und verbrannt werden. "Dann bietet sich Wasserstoff auch als Energielieferant an, wo Strom nicht die beste Lösung ist", sagte Dick: "Da kommt natürlich der Einsatz in Flugzeugen und Schiffen in Frage, die nicht mit riesigen Batterien fliegen oder fahren können, aber eben auch in Automobilen."

Mercedes-Benz hält E-Fuels für Pkw nach 2035 für wenig sinnvoll

Auf Anfrage des SWR äußerte sich auch Baden-Württembergs führender Autohersteller Mercedes-Benz zu dem Kompromiss: E-Fuels seien insbesondere eine Option für die Bestandsflotte. Regenerative Kraftstoffe könnten hier einen Beitrag leisten, um den Anteil fossiler Kraftstoffe zu reduzieren. Aus Gründen der Energieeffizienz sei es dennoch am besten, grünen Strom direkt in die Batterie zu laden.

Mercedes-Benz will nach eigenen Angaben bis 2030 überall dort vollelektrisch werden, "wo es die Marktbedingungen zulassen." Ab dem Jahr 2025 sollen alle neuen Fahrzeug-Architekturen rein elektrisch sein. Der Autohersteller fordert allerdings an anderer Stelle mehr von der Politik: Entscheidend sei nicht das Verbot traditioneller Technologien, sondern dass die Menschen die neuen Technologien annähmen. Die Politik müsse für die entsprechenden Rahmenbedingungen sorgen, etwa eine flächendeckende Ladeinfrastruktur.

Porsche begrüßt Einigung - Pilotanlage für synthetische Kraftstoffe in Chile

Beim Sportwagenhersteller Porsche in Stuttgart-Zuffenhausen begrüßt man die EU-Einigung. Der Kompromiss sei ein Beitrag zur nachhaltigen Mobilität und gebe vor allem Verbrauchern eine klare Perspektive, hieß es am Donnerstag (29.3.) bei Porsche auf Anfrage des SWR. Der Autohersteller betreibt seit Januar im windreichen Süden von Chile eine Pilotanlage zur Produktion synthetischer Kraftstoffe. Zwar bekenne man sich zur E-Mobilität und plane einen "ambitionierten Hochlauf". Für gezielte Anwendungen, wie Rettungsfahrzeuge oder den Sportwagen Porsche 911, seien E-Fuels aber eine sinnvolle Ergänzung zur Elektrifizierung. 

Stuttgart

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