Menschen wollen ihr E-Auto schnell wieder vollladen und nicht stundenlang warten. Da war sich Thomas Speidel sicher. Außerdem war dem Ingenieur klar, das es irgendwie möglich sein muss, den Ladevorgang so zu beschleunigen, dass er nur so lange dauert wie Volltanken mit Sprit.
Schnellladen neu erfunden: Im Prinzip wie beim WC-Spülkasten
Dafür hat der Chef des Unternehmens ads-tec in Nürtingen bei Stuttgart ein ultraschnelles Ladesystem entwickelt - nach dem System eines WC-Spülkastens. Statt nur das bisschen Leistung aus dem Stromnetz, kann so "die geballte Ladung" aus dem Speicher genutzt werden, erklärt Thomas Speidel. Die batteriegepufferten Schnelllader könnten flexibel an Straßen und Firmengebäuden, in Wohngebieten ohne Garagen oder Wallboxen aufgestellt werden. Wird ein E-Fahrzeug angedockt, ist es binnen Minuten strombetankt.
Batteriespeicher mit Möglichkeiten wie ein Schweizer Taschenmesser
Zu dem WC-Spülkasten kommt noch das Bild vom Schweizer Taschenmesser. Damit erklärt Thomas Speidel, wie vielfältig sich dieser Speicher in der Energiewende noch nutzen lässt: Überschüssige Solarenergie, für die es gerade keinen Abnehmer gibt, kann so geparkt werden. Und wenn die Erneuerbaren schwächeln, kein Wind weht, keine Sonne scheint, dann kann der Batteriespeicher Energie ins Stromnetz einspeisen.
Litfaßsäule in eckig: Ladebox mit Batteriespeicher
Zwei Ladebox-Modelle gibt es: ChargeBox sowie ChargePost - letzteres mannshoch wie eine Telefonzelle, beide je rund drei Tonnen schwer und ausgestattet mit je zwei Schnellladepunkten.
Am Eingang des Firmengebäudes in Nürtingen steht ein ChargePost. Vorder- und Rückseite sind mit Displays ausgestattet. Es wirkt wie ein hochformatiges iPhone, auf dem Bilder aufgespielt werden können - wie eine moderne Litfaßsäule mit Werbung oder Informationen.
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Familienbetrieb komplett neu aufgestellt
Thomas Speidel erhält den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) auch für seinen Wagemut. Der Vater von drei Kindern hat viel riskiert: Seine Zulieferfirma für Verbrennermotoren verwandelte er früh in einen Innovationsbetrieb für Elektromobilität. Manche belächelten ihn oder meinten, die Zeit sei noch nicht reif.
Lob auch für Risikobereitschaft
Unternehmerische Risikobereitschaft, strategischer Weitblick: Dafür lobt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt den Preisträger aus Nürtingen. Sein Unternehmen ads-tec Energy sei mittlerweile an der Börse gelistet, er habe es an die neuen Herausforderungen angepasst, betont DBU-Generalsekretär Alexander Bonde in seiner Würdigung.
Seidel hat für seine Ladesäule bereits den Green Product Award und den German Innovation Award des Deutschen Bundestages erhalten. Den Deutschen Umweltpreis sieht er auch als Anerkennung für mittelständische Unternehmen.
Ehrung durch den Bundespräsidenten
Ende Oktober wird der Deutsche Umweltpreis in Mainz in feierlichem Rahmen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreicht.
Thomas Speidel erhält die Auszeichnung zusammen mit Franziska Tanneberger aus Greifswald. Die international renommierte Moorforscherin gilt als treibende Kraft bei der Revitalisierung von Mooren und als Brückenbauerin zwischen Wissenschaft, Politik und Landwirtschaft. Das Preisgeld von 500.000 Euro wird geteilt.
Eine Million öffentliche Ladepunkte für E-Autos bis 2030
Deutschland hat ehrgeizige Ziele bei der Elektromobilität: Bis 2030 sollen bundesweit 15 Millionen E-Autos zugelassen werden. Eine Million öffentlicher Ladepunkte soll es bis dahin geben. Das wäre für beide Bereiche nahezu eine Verzehnfachung zu heute.