Im Prozess um den Brandanschlag auf die Synagoge in Ulm im Sommer 2021 ist der 47-jährige Angeklagte am Dienstag zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden. Er wurde der versuchten schweren Brandstiftung und gemeinschädlichen Sachbeschädigung für schuldig befunden.
Das Landgericht Ulm folgte mit seinem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Zur Begründung des Urteils hieß es, es sei zwar niemand verletzt worden, der Täter geständig und auch eine Entschuldigung habe es gegeben. Indes: "Es war eine antisemitisch motivierte Tat", sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Tresenreiter. Eine Brandstiftung, die in der jüdischen Gemeinde Ängste und Sorgen hervorgerufen habe. Das Urteil sei auch ein Zeichen gegen Antisemitismus und Judenhass in Deutschland.
Der Anwalt des Angeklagten kündigte im SWR-Interview an, er werde Revision gegen das Urteil einlegen. "Schlimmer kann es nicht werden. Der BGH [Bundesgerichtshof] wird sich das dann anschauen, wenn das Urteil schriftlich vorliegt. Denn nur der Inhalt des schriftlichen Urteils ist Gegenstand der Überprüfung. Deswegen kann ich über die Chancen der Revision gar nichts sagen", so Verteidiger Stefan Holoch.
Angeklagter gestand Brandanschlag auf Ulmer Synagoge
Zum Prozessauftakt Ende vergangenen Jahres hatte der Angeklagte die Tat zugegeben und sich beim Rabbiner der Ulmer Synagoge, Shneur Trebnik, entschuldigt. Dieser hatte damals selbst beim Prozess ausgesagt und am Dienstag das Urteil im Saal verfolgt. Er hoffe auf eine abschreckende Wirkung des Urteils, sagte Trebnik dem SWR: "Ich habe es immer wieder betont, uns als jüdische Gemeinde geht es nicht um Rache. Uns geht es nicht um die Frage, wie viele Tage genau der Täter jetzt in Haft sitzen wird. Sondern vielmehr um die Frage: Reicht das, um andere abzuschrecken? Das wird sich aber erst mit der Zeit zeigen."
Der 47-jährige Angeklagte hatte eingeräumt, 1,5 Liter Benzin an die Mauer der Synagoge gegossen und angezündet zu haben. Es entwickelte sich kein größerer Brand. Ein Polizist konnte die Flammen mit einem Feuerlöscher ersticken. Trotzdem entstand am Gebäude in der Ulmer Innenstadt ein Schaden von mehreren Tausend Euro. Verletzt wurde niemand.
Großfahndung nach Brandanschlag erfolgreich
Ein Zeuge hatte den Brandanschlag im Juni 2021 beobachtet und der Polizei gemeldet. Dessen Beschreibung und die Auswertung der Bilder von Überwachungskameras führten zu einer Großfahndung nach dem Tatverdächtigen. Es gab zahlreiche Hinweise aus der Bevölkerung, die die Polizei auf die Spur des Angeklagten brachten.
Der damals 45-Jährige hielt sich nach der Tat in der Türkei auf. Nach Angaben des baden-württembergischen Justizministeriums lehnte die Türkei aber die Auslieferung ab. Der tatverdächtige Ulmer mit türkischem Pass war erst im vergangenen Jahr nach Deutschland zurückgekehrt - freiwillig, wie sein Anwalt damals betonte.
Anschlag auf Synagoge: Schuldunfähigkeit geprüft
Der Brand war damals schnell gelöscht, doch die Mutmaßungen über die Hintergründe der Tat hielten lange an. Im Prozess ging es dann auch um die mögliche Schuldunfähigkeit des 47-jährigen Angeklagten. Zur Tat selbst sagte der psychiatrische Gutachter aus, der den Angeklagten vor Prozessbeginn angehört hatte: Der 47-Jährige habe damals ein Zeichen setzen wollen.
Er habe sich viele Gedanken darüber gemacht, wie die Palästinenser, vor allem die Kinder, unter der Situation in Israel leiden. Das Feuer habe zeigen sollen, wie schnell "so etwas" passieren könne. Aber jemandem schaden wollte er nicht. Der Angeklagte wollte eigener Aussage zufolge ein Zeichen setzen gegen Israels Umgang mit palästinensischen Kindern.
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