Seit Donnerstag muss sich ein 47-Jähriger wegen schwerer Brandstiftung vor dem Landgericht Ulm verantworten. Dem Mann wird vorgeworfen, im Sommer 2021 einen Brandanschlag auf die Ulmer Synagoge verübt zu haben. Zum Prozessauftakt hat der Mann bereitwillig über sich und sein Leben Auskunft gegeben. Zum Tatvorwurf selbst sagte er nichts, er entschuldigte sich jedoch beim Rabbiner der Synagoge, Shneur Trebnik.
Entschuldigung nach Aussage des Rabbiners
Der Rabbiner der Synagoge wurde am ersten Verhandlungstag als Zeuge vernommen. Nach der Vernehmung wandte sich der Angeklagte an Trebnik und entschuldigte sich für die Tat. Es habe sich um eine Kurzschlussreaktion gehandelt. Die Entschuldigung sei bei ihm angekommen, so Trebnik dem SWR. Sie sei allerdings zweifelhaft. Es sei aus seiner Sicht keine Kurzschlussreaktion, wenn jemand eine Flasche Brandbeschleuniger abfülle, mit einem Bus zu einer Synagoge fahre und ein Feuer entzünde, so der Rabbiner.
Vor Prozessauftakt: Angeklagter gibt zu, Feuer gelegt zu haben
Zur Tat selbst sagte der psychiatrische Gutachter aus, der den Angeklagten vor Prozessbeginn angehört hatte: Der 47-Jährige habe damals ein Zeichen setzen wollen. Er habe sich viele Gedanken darüber gemacht, wie die Palästinenser, vor allem die Kinder, unter der Situation in Israel leiden. Das Feuer habe zeigen sollen, wie schnell "so etwas" passieren könne. Aber jemandem schaden wollte er nicht. Auch habe der Angeklagte nicht gewusst, dass dieses jüdische Gebäude eine Synagoge sei, so der Gutachter in seiner Aussage.
Nach der Tat sei er etwa zehn Minuten später noch einmal an der Stelle vorbeigegangen und habe gesehen, dass Feuerwehr und Polizei schon da gewesen seien. Zu Hause habe er dann den ganzen Tag gewartet, dass ihn die Polizei festnehme.
Prozessauftakt wegen schwerer Brandstiftung Brandanschlag auf Synagoge: Rabbiner fordert "klare, harte Konsequenzen"
Zweieinhalb Jahre nach dem Brandanschlag auf die Ulmer Synagoge steht nun der mutmaßliche Brandstifter vor Gericht. Der Fall hatte im Juni 2021 bundesweit Empörung hervorgerufen.
Mutmaßlicher Brandstifter war in der Türkei untergetaucht
Nach der Tat tauchte der Ulmer mit türkischem Pass zwei Jahre lang unter. Seine Freundin habe ihm dazu geraten, sagt der Gutachter aus. Fast zwei Jahre war er in der Türkei und habe sich in der Zeit von einer Herzoperation und einem Schlaganfall erholt. Zurück kam er, so sein Verteidiger Stefan Holoch, weil er einen Schlussstrich unter die Sache habe ziehen wollen.
Im SWR-Interview bezeichnete der Verteidiger seinen Mandanten als einen fehlgeleiteten Idealisten "ohne großartige politische Ansprüche". Die Anklage wegen schwerer Brandstiftung sei "viel zu hoch gehängt".
Der Prozess wird im Januar fortgesetzt. Ende des Monats soll auch das Urteil fallen.