Die SPD stellt künftig das Stadtoberhaupt Ulms: Martin Ansbacher folgt ab März dem amtierenden Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU). Das Ergebnis der Stichwahl am Sonntag ist überraschend deutlich ausgefallen:
Die OB-Wahl 2023: große Enttäuschung bei der Ulmer CDU
55 Prozent für den SPD-Mann, 45 Prozent für Gunter Czisch. Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Ulmer Gemeinderat, Thomas Kienle, ist enttäuscht von dem Ergebnis der Ulmer Oberbürgermeisterwahl. Es tue weh, und insbesondere tue es ihm für Gunter Czisch weh, der einen wunderbaren Job gemacht habe.
Czischs Leistungen der vergangenen Jahre seien nicht gewürdigt worden, die Wünsche nach einem "anfassbaren Oberbürgermeister" dafür umso größer gewesen, so Thomas Kienle weiter. Die Ulmer CDU sei offen für die zukünftige Zusammenarbeit mit dem SPD-Oberbürgermeister. Im neuen Jahr sollen die gemeinsamen Themen abgeglichen werden, sagte der Fraktionsvorsitzende dem SWR am Montag.
Der Wahlverlierer und Amtsinhaber Gunter Czisch will am Tag nach der Wahl keine Interviews geben. Es sei ein "trauriger Abend", sagte er am Sonntag. Für ihn würde nun ein neuer Lebensabschnitt beginnen. Über die Gründe für seine Abwahl wollte er nicht spekulieren.
Nach der OB-Wahl Meinung zum Machtwechsel in Ulm: Die Rechnung von Czisch ging nicht auf
Ulm bekommt mit Martin Ansbacher von der SPD einen neuen Rathauschef. Die Wahl zeigt: Amtsinhaber dürfen sich nicht zu sicher fühlen, meint Uli Andelfinger, Leiter des SWR Studios Ulm.
Vorteil für Ansbacher durch Stichwahl?
Wenn man sich die OB-Wahlen in Baden-Württemberg vor Augen führe, sei es statistisch gesehen ein überraschendes Ergebnis, sagt Anja Meitner von der Landeszentrale für politische Bildung dem SWR. Tendenziell sei es bisher so gewesen, dass Amtsinhaberinnen und -inhaber immer eine sehr hohe Chance hatten, wieder gewählt zu werden: "Das war für uns alle ein echter Wahlkrimi. Mit dem Plot-Twist, dass Herr Czisch es eben nicht geworden ist."
Eine mögliche Erklärung sei das neue Instrument der Stichwahl, die in diesem Jahr die Neuwahl im Kommunalwahlrecht abgelöst hat. Alle, die den Amtsinhaber beim ersten Wahlgang nicht gewählt hätten, könnten bei einer Stichwahl auf den Herausforderer setzen.
Amtsinhaberinnen und -inhaber würden sich in Zukunft wärmer anziehen müssen, weil das Potenzial für den Herausforderer größer sei. Ganz obsolet sei der Vorteil als Amtsinhaber nicht, so Meitner weiter. Man müsse jedenfalls die Auswirkungen des Instruments "Stichwahl" länger beobachten, um greifbare Schlüsse ziehen zu können.
Freude und Lob aus den eigenen Reihen
Als ein "schönes Signal für Ulm" sieht der SPD-Landesvorsitzende Andreas Stoch den Wahlausgang. Martin Ansbacher habe die ganze Stadtgesellschaft im Blick und höre auf alle Menschen, so Stoch.
Ganz überrascht habe Stoch der Wahlausgang nicht, die zehn Prozent Vorsprung auf Amtsinhaber Czisch umso mehr. Es sei ein klarer Vertrauensbeweis für Martin Ansbacher.
Der Landesvorsitzende freut sich für seinen Parteikollegen. Ansbacher könne nun die erfolgreiche Ära von Ex-Oberbürgermeister Ivo Gönner fortsetzen, der 24 Jahre lang an der Stadtspitze Ulms war - bis er 2016 nicht mehr antrat und von Gunter Czisch abgelöst wurde.