Der Putzroboter dreht seine Runden – weniger zum Putzen als für die Forschung. Bei der Studie in der Bahnhofspassage in Ulm geht es um die Frage: Wie bewegt sich der Roboter zwischen Passanten und wie macht er sich bemerkbar? Die autonome Putzhilfe kann versuchsweise sogar sprechen: "Entschuldigung die Störung!"
Die Interaktion zwischen Roboter und Menschen ist zukunftsweisend, sonst würde der Bund für die dreijährige Studie der Universitäten Ulm und Mainz, des Frauenhofer-Instituts und der Ulmer Firma Adlatus Robotics keine 3,6 Millionen Euro locker machen. Roboter sind in vielen Domänen auf dem Vormarsch und da ist es entscheidend, wie Mensch und Maschine miteinander klar kommen.
Aktuell läuft eine Feldstudie mit 60 Testpersonen in der Ulmer Bahnhofspassage. Jede von ihnen geht für anderthalb Stunden mit dem selbstfahrenden Roboter quasi in den Ring, in ein abgestecktes Testfeld. Es wird untersucht, wie sich der Roboter am besten bemerkbar macht, "damit der Mensch weiß, wie er an dem Roboter vorbeigehen soll", erklärt die Mainzer Forscherin Dr. Marlene Wessels. "Etwa durch visuelle Signale wie Blinken oder auditive Signale wie Hupen", so Wessels. Letzteres sei besonders schwierig, weil das nicht nervig sein soll.
Ulmer Roboter leuchtet, blinkt, hupt und spricht
Ausgestattet mit Sensoren erkennt die autonome Putzhilfe made in Ulm jedes Hindernis und schaltet bei nahender Gefahr seinen blauen Schutzkreis auf Rot. In kritischen Situationen, also wenn der Mensch dem Roboter zu nahe gekommen ist, spricht er sogar ähnlich wie wir: "Entschuldigung die Störung, können Sie bitte zur Seite gehen."
Außerdem hupt die Maschine, blinkt und leuchtet. "Wir versuchen, beim Design dieser Kommunikationsstrategien darauf zu bauen, was Menschen schon kennen," betont Juniorprofessor Dr. Johannes Kraus, der die Studie an der Uni Ulm und der Uni Mainz leitet. "Wir nutzen da die Interaktionskonzepte von Autos."
Wie reagieren die Menschen auf den Putzroboter in Ulm und seine Signale?
Der langsam fahrende Roboter weckt tatsächlich unterschiedliche Emotionen, beteuert der Ulmer Proband Gunter Schulze-Fröhlich: "Ich wusste ja, dass er kommt, ich wusste, dass es ein Roboter ist, ich wusste, dass mir nichts passiert – und trotzdem!" Als der Roboter ganz nahe kam, war er überrascht. Spannend auch, wie sich die Emotionen verändern. Der optische Kreis, den der Roboter um sich herum auf den Boden projiziert wirke eher beruhigend, so der Ulmer Studienteilnehmer, "die emotionale Seite hätte ich gar nicht so eingeschätzt."
Roboter können uns unangenehme Arbeiten abnehmen
Die Begegnung mit dem Putzroboter sei ihm "nicht unangenehm", berichtet Christian Sondershaus, der frühere Lehrer aus Beimerstetten im Alb-Donau-Kreis. Er macht beim Feldversuch gerne mit, weil es "nicht trivial ist, Roboter im öffentlichen Raum fahren zu lassen." Man denke nur an kleine Kinder oder an Menschen mit Behinderung. In Zukunft könnten die Roboter aber "sehr nützlich sein und uns Arbeiten abnehmen, die nicht sehr angenehm sind."
Und wenn es zwischen Mensch und Maschine unterirdisch reibungslos klappt, soll sich der Putzroboter in Zukunft auch nach oben - mitten ins Getümmel des Stadtlebens - wagen. Derzeit putzt ein Adlatus-Roboter die Ulmer Passage schon bei Nacht, wenn kaum Menschen unterwegs sind.