Nach Brandanschlag auf Synagoge in Ulm

Zum Prozessauftakt: Rabbiner fordert "klare, harte Konsequenzen"

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Peter Schmid
SWR-Aktuell Redakteur Peter Schmid
Maja Nötzel
SWR-Aktuell Redakteurin Maja Nötzel

Zweieinhalb Jahre nach dem Brandanschlag auf die Ulmer Synagoge steht nun der mutmaßliche Brandstifter vor Gericht. Der Fall hatte im Juni 2021 bundesweit Empörung hervorgerufen.

Mehr als zwei Jahre nach dem Brandanschlag auf die Ulmer Synagoge steht nun der mutmaßliche Brandstifter vor Gericht. Die jüdische Gemeinde ist erleichtert, dass der Fall aufgearbeitet wird.

"Am Samstagmorgen, kurz nach acht Uhr wurde ich von der Polizei alarmiert, dass ein Brandanschlag auf die Synagoge verübt wurde", erinnert sich Rabbiner Shneur Trebnik an jenen Tag im Juni 2021. Für die jüdische Gemeinde in Ulm sei der Anschlag laut Trebnik ein Schock gewesen, geschah er doch kurz vor dem Gottesdienst. Danach habe sich vieles verändert. Auf den ersten Schock habe es eine Reaktion der Gemeinde gegeben, so der Rabbiner. Ihm war klar: "Wir müssen unsere Aktivitäten und unsere Sichtbarkeit stärken und vor allem nach vorne schauen."

Brandfleck an der Ulmer Synagoge ist beseitigt. Die Spuren sind beseitigt. Vom Brandanschlag auf die Ulmer Synagoge im Juni 2021 ist inzwischen fast nichts mehr zu sehen. Am Donnerstag beginnt der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter.
Die Spuren sind beseitigt. Vom Brandanschlag auf die Ulmer Synagoge im Juni 2021 ist inzwischen fast nichts mehr zu sehen. Am Donnerstag beginnt der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter.

Prozessauftakt: Trebnik fordert "klare, harte Konsequenzen"

Im Hinblick auf den anstehenden Prozess gegen den mutmaßlichen Brandstifter vor dem Ulmer Landgericht fordert Trebnik Konsequenzen. "Ich hoffe vor allem auf ein klares Zeichen gegen solche Attentäter und gegen solche Taten", sagt der Rabbiner. Er hoffe, dass "solche Taten ganz klare, harte Konsequenzen" haben.

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Rückblick: Die Tat am 5. Juni 2021

Der heute 47-Jährige Angeklagte soll am 5. Juni, ein Samstag, Benzin an die Außenwand der Synagoge in Ulm gegossen und angezündet haben. Es entwickelte sich kein größerer Brand. Ein Polizist konnte die Flammen mit einem Feuerlöscher ersticken. Trotzdem entstand am Gebäude in der Ulmer Innenstadt ein Schaden von mehreren Tausend Euro. Verletzt wurde niemand.

Brandanschlag wird verurteilt - viele erklären ihre Solidarität mit der jüdischen Gemeinde

Wenige Tage nach der Tat kamen 300 Menschen - auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) - zu einer Solidaritätskundgebung auf den Platz vor der Synagoge. Strobl sagte damals: "Brandsätze gegen Synagogen zu werfen ist widerwärtig. Wer versucht, eine Synagoge anzuzünden, den wird die volle Härte des Rechtsstaates treffen." Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) teilte in einer Erklärung mit: "Ich verurteile den niederträchtigen Anschlag auf die Synagoge Ulm in aller Entschiedenheit. Er zeigt das heimtückische Gesicht des Antisemitismus, dem wir klar und deutlich entgegentreten."

Jeder Angriff gegen Jüdinnen und Juden oder ihre Versammlungsorte ist ein Angriff gegen unser Wertesystem und die Grundwerte unserer Demokratie.

Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU) sagte: "Wir sind beunruhigt und verurteilen diese Taten auf das Schärfste. Dem immer wieder aufflammenden Antisemitismus müssen wir mit Nachdruck und Entschiedenheit entgegentreten." Der Landtagsabgeordnete Michael Joukov (Grüne): "Ein erneuter feiger und verachtenswerter Anschlag, der am Shabbat - dem höchsten jüdischen Feiertag - das Herzstück des jüdischen Glaubens in Ulm treffen sollte. Wir Grüne sind solidarisch mit den jüdischen Religionsgemeinschaften in Baden-Württemberg."

Der baden-württembergische Landtag verabschiedete in einer Reaktion auf den Brandanschlag eine Resolution gegen Judenhass und Ausgrenzung. Auch die damalige Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, besuchte auf ihrer Wahlkampftour 2021 den Ort des Anschlags.

Die damalige Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, besuchte im September 2021 die Ulmer Synagoge und verurteilte den Brandanschlag. Neben ihr der Rabbiner Shneur Trebknik.
Die damalige Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, besuchte im September 2021 die Ulmer Synagoge und verurteilte den Brandanschlag. Neben ihr der Rabbiner Shneur Trebknik.

Die Ermittlungen nach dem Brandanschlag: Großfahndung nach Täter

Ein Zeuge hatte den Brandanschlag beobachtet und der Polizei gemeldet. Dessen Beschreibung und die Auswertung der Bilder von Überwachungskameras führten zu einer Großfahndung nach dem Tatverdächtigen. Es gab zahlreiche Hinweise aus der Bevölkerung, die die Polizei auf die Spur des Angeklagten brachten. Der damals 45-Jährige hielt sich nach der Tat in der Türkei auf. Nach Angaben des baden-württembergischen Justizministeriums lehnte die Türkei aber die Auslieferung eigener Staatsangehöriger an einen anderen Staat ausnahmslos ab.

Jahrestag zum Brandanschlag auf Synagoge

Zum Jahrestag des Brandanschlags auf die Ulmer Synagoge gab es eine Podiumsdiskussion im Haus der Gewerkschaft, auf Initiative der Ulmer Grünen, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) Ulm/Neu-Ulm und dem Förderverein Neue Synagoge Ulm. Im Juli dieses Jahres dann die überraschende Meldung: Die Polizei nahm am Stuttgarter Flughafen den mutmaßlichen Täter fest.

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Im September erhob die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage gegen den 47-jährigen Türken. Die Staatsanwaltschaft in der Landeshauptstadt ist für Straftaten "von herausgehobener Bedeutung im öffentlichen Raum bei Verdacht auf einen extremistischen Hintergrund" zuständig. Laut Anklage lebte der Mann vor der Tat in Ulm, flüchtete dann in die Türkei und reiste am 1. Juli 2023 über den Stuttgarter Flughafen nach Deutschland ein. Dort wurde er wegen des bestehenden Haftbefehls festgenommen und ist seitdem in Untersuchungshaft.

Urteil im Prozess um Brandanschlag voraussichtlich im Januar

Die Ermittler werfen dem 47-Jährigen versuchte schwere Brandstiftung vor. Laut Anklage hatte der Tatverdächtige antisemitische Motive. Er habe die Tat im Juni 2021 eingeräumt, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart auf SWR-Anfrage mit. Der Prozess wird am Landgericht Ulm verhandelt, vier Prozesstage sind angesetzt. Zehn Zeugen sollen aussagen, ein psychiatrischer Sachverständiger soll zudem an allen Verhandlungstagen dabei sein. Das Urteil soll am 23. Januar fallen.

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