25 Handwerker, Künstler und Start-ups ziehen vom 25. Juli bis 10. August in die Zimmer des Kehlturmes auf der Ulmer Wilhelmsburg ein. Die Stadt als Eigentümerin will den "Open Tower" als Testphase nutzen: Spätestens zur Landesgartenschau 2030 sollen die Turmzimmer dauerhaft an Kreative vermietet sein.
Das sagt Moritz Gombert, der das Projekt "Open Tower" leitet:
Dass in den flachen, bauchigen Turm auf dem Ulmer Michelsberg Leben zurückgekehrt ist, ist kaum zu übersehen: Sofas werden durch die bogenförmigen Gänge geschleppt, Lichterketten drappiert. Es wird gesägt, gehämmert und gelacht. Das Ziel: Den Mief einer 200 Jahre alten Burg mit frischem Wind zu ersetzen.
Kehlturm als Teil der ehemaligen Bundesfestung lange ungenutzt
Seit den Siebzigerjahren wird der Kehlturm der Ulmer Wilhelmsburg als Teil der alten Bundesfestung nicht mehr militärisch genutzt. Jetzt will ihn die Stadt aus dem Dornröschenschlaf wecken - mit Entwicklergeist und Kultur: Kreative aus den Bereichen Kunst, Handwerk und Start-up. Viele von ihnen setzen sich mit Nachhaltigkeit auseinander.
Da wäre etwa Künstler Aljoscha mit seiner Kunstinstallation - aus Acrylglas gefertigte lila-blau-transparente Formen, die wie Geister von der Decke hängen. Oder das Start-up "The Little Move", das in seinem 25 Quadratmeter großen Zimmer gebrauchte, überarbeitete Kinderwagen anbietet. Wenige Zimmertüren entfernt: Eine Wahrsagerin, die über ihre "Burggeschichten" die Historie der Wilhelmsburg interaktiv erzählt.
Auch dabei: Schneidermeisterin Seraphine Karczewski und Friseurmeisterin Kathrin Hildebrand. Zusammen sind sie das "Studio Katse" - mit selbstgenähter Kleidung, Haarschnitten und Fotografie. Ihr neues Hauptquartier: Turmzimmer 37, in der Spitze des Kehlturms. Mit Sofas, Kleiderständer, Kommoden und Lichtern haben die beiden den zellenartigen, etwas staubigen Raum in eine farbenfrohe Boutique verwandelt. Das rohe Ambiente? Finden sie schön, sagt Kathrin Hildebrand und lacht: "Wir möchten eigentlich gar nicht mehr ausziehen."
Belebung des Kehlturms auf Wilhelmsburg als Zwischennutzung geplant
Müssen sie auch nicht, zumindest nicht in den nächsten drei Wochen. Denn während im Innenhof der Kultursommer "Stürmt die Burg" tobt, findet im angrenzenden Kehlturm ein besonderer Testlauf statt: 25 Kreative sollen ausprobieren, wie sich der Kehlturm als Verkaufs- und Arbeitsort macht. Neben einem Turmzimmer stellt die Stadt den Kreativschaffenden knapp 3.500 Euro Startguthaben zur Verfügung.
Die hatten sich im Vorfeld bei einer Ausschreibung der Kulturabteilung der Stadt Ulm durchgesetzt. Rund 130 Projekte waren im Rennen. Zwischen dem 25. Juli und dem 10. August können Besucherinnen und Besucher den Turm und seine kreativen Untermieter zu den Öffnungszeiten von "Stürmt die Burg" besuchen.
Stadt Ulm plant dauerhafte Nutzung bis spätestens 2030
Nach der Testphase will die Stadt ein langfristiges Nutzungskonzept für den Kehlturm erarbeiten: "Wir möchten dem alten Turm neues Leben einhauchen", sagt Moritz Gombert, der das Projekt "Open Tower" leitet. Die Erfahrungen der Nutzerinnen und Nutzer sollen demnach dokumentiert und im weiteren Ausbau des Kehlturms berücksichtigt werden. Denn spätestens zur Landesgartenschau in Ulm 2030 sollen die insgesamt 40 Turmzimmer dauerhaft vermietet sein.