Praktisch über Nacht standen die 20 Kinder und vier Erzieherinnen der Kita Knopfschachtel am Ulmer Eselsberg ohne Kindergarten da. Aufgrund eines Wasserschadens musste die Kindertagesstätte geschlossen werden. Seither sind die Kinder provisorisch in einem anderen Kindergarten untergebracht. Die Eltern kämpfen seit einem Jahr dafür, ihre alte Kita wieder zurückzubekommen. Erschwert wird das offenbar von den komplizierten Zuständigkeiten. Denn das Gebäude gehört dem Bund. Die Stadt hat es lediglich angemietet.
Kita Knopfschachtel will auf altes Gelände zurück
Auf dem Boden der Knopfschachtel sind überall Pfützen. An der Decke haben sich große runde Wasserflecken gebildet. Die Räume der Kita sind leer, alle Möbel wurden in einen großen Container geräumt. Ein Anfangsverdacht auf Schimmel hatte sich zwar nicht bestätigt, der Wasserschaden war aber groß genug, dass die Kinder nicht mehr in ihre geliebte "Knopfi" zurückkehren konnten. Auch das Dach hatte Schaden genommen. Oder um es mit den Worten des vierjährigen Ron zu beschreiben: "Leider ist so stark Regen auf das Dach gefallen. Ich find's dumm, dass die kaputt ist."
Momentan sind Ron und die anderen Kinder mit ihren Erzieherinnen und Erziehern übergangsweise in der nahegelegenen Johanniter-Kita untergebracht. Dort haben sie drei eigene Räume. Wirklich glücklich ist damit aber niemand. Denn: Die Kita Knopfschachtel ist ein Ganztageskindergarten mit einem eigenen pädagogischen Konzept.
Das Konzept sieht vor, dass die Kinder eine ganzheitliche, demokratische und naturnahe Erziehung erhalten. Das bedeutet konkret: Die Kinder dürfen gemeinsam entscheiden, wie sie den Tag gestalten wollen, es gibt mehrere Waldtage pro Woche und im Kita-eigenen Garten wird Gemüse angebaut.
Zusätzlich dazu ist die Einrichtung eine Eltern-Initiativ-Kindertagesstätte. Der Verein wird von den Eltern getragen, der Vorstand besteht aus Eltern und auch handwerkliche und organisatorische Arbeiten werden von den Eltern selbst übernommen. Und das schon seit 32 Jahren.
Eltern demonstrieren für die Kita vor Gemeinderatsitzung
Weil sich seit einem Jahr ihrer Meinung nach zu wenig tut, demonstrierten die Eltern vor dem Ulmer Rathaus. "Es muss jetzt langsam mal was passieren. Wir sind jetzt über ein Jahr ausquartiert und das ist kein dauerhafter Zustand", sagt Corina Klink von der Elterninitiative. "Und das ist nicht in Ordnung, dass die Knopfschachtel kaputt ist. Das muss anders sein und deswegen sind wir heute beim Gemeinderat", fügt ihr vierjähriger Sohn Ron enthusiastisch hinzu.
Gemeinsam mit ihren Kindern demonstriert die Elterninitiative dafür, ihre Knopfschachtel an alter Stelle wieder eröffnen zu können. Denn die Geduld, auf eine Lösung zu warten, ist nach einem Jahr am Ende. Es werde immer von einer Stelle zur nächsten Stelle geschoben, sagt Mark Knitz von der Elterninitiative bei der kleinen Demo vor dem Rathaus. "Uns reicht es jetzt langsam."
Stadt Ulm schlägt Alternativlösung für die Kita Knopfschachtel vor
Iris Mann, Sozialbürgermeisterin der Stadt Ulm, versteht den Frust der Eltern. "Ich kann nachvollziehen, dass es den Eltern zu langsam geht. Das wäre bei mir wahrscheinlich nicht anders, wenn ich betroffen wäre", gibt sie zu. Dennoch sei in dem Jahr viel passiert. Allem voran Gespräche mit dem Bund, denn dem gehören Gelände und Gebäude. Die Stadt hat es lediglich gemietet.
Laut der Elterninitiative hat sich die Stadt im Mietvertrag dazu verpflichtet das Gebäude in Stand zu halten. Die Stadt argumentiert dagegen, man habe in den letzten Jahren nur aus Kulanz das Nötigste gemacht, da der Bund schon längere Zeit nichts mehr in das Gebäude investiere. Man wolle die Elterninitiative "nicht im Regen stehen lassen" und eine Lösung finden, so Iris Mann.
Zuerst war ein Neubau der Kita mit Container-Modulen geplant. Das ist der Stadt mittlerweile aber mit rund zwei Millionen Euro zu teuer. Der Alternativvorschlag: Aus der Knopfschachtel soll eine Natur-Kita mit Bauwagen und Jurten werden. Das wäre deutlich billiger. Das lehnen die Eltern aber ab, weil so das Konzept des Kindergartens nicht mehr erhalten bleiben würde.
Laut der Elterninitiative würden dann nicht nur viele Eltern ihre Kinder in eine andere Kita schicken, sondern auch die Erzieher sich möglicherweise nach einem anderen Arbeitsplatz umsehen. Denn beide Parteien hätten sich ganz bewusst für das Konzept der Knopfschachtel entschieden.
Im November wollen sich Stadt und Eltern nochmal treffen. Ob das Gebäude saniert werden kann, ist immer noch nicht klar und soll noch geprüft werden. Die Elterninitiative erhofft sich, so schnell wie möglich wieder in ihre alten Räume zurück zu können oder dass so schnell wie möglich mit einem Neubau der Kita begonnen wird. Bis eine Lösung gefunden ist, müssen die Kinder aber weiter auf ihre geliebte Knopfschachtel verzichten.