Die Hauptversammlung des Batterieherstellers VARTA in Ellwangen am Dienstag fand virtuell statt. Mehr als 300 Aktionärinnen und Aktionäre nahmen über das Internet an der Versammlung teil, bei der es auch um die geplante Umstrukturierung des kriselnden Batterieherstellers ging. Wie Nikolaus Lutje von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz dem SWR am Dienstagnachmittag auf Nachfrage mitteilte, kritisierten Aktionärinnen und Aktionäre die Geschäftsleitung stark. Für das geplante Restrukturierungsprogramm habe es aber auch Verständnis gegeben, so Lutje. "Das betrifft das Thema Effizienzsteigerung, das Budget und den Versuch, den Umsatz zu steigern." Insgesamt sei das Programm "noch mehr aufgedröselt worden, als das, was man bisher wusste." Es sei jedoch auch kritisch hinterfragt worden:
VARTA selbst blickt laut Mitteilung von Mittwoch zuversichtlich in die Zukunft: Der Kritik der Aktionäre hielt der Vorstand entgegen, die Maßnahmen seien eingeleitet, man sei überzeugt, dass sie fruchteten.
Restrukturierungspläne Thema bei VARTA-Hauptversammlung
Bei der Hauptversammlung hat das Unternehmen auch über den aktuellen Stand der Restrukturierungspläne informiert. Denn nach Jahren des Höhenflugs hatte es in letzter Zeit von VARTA fast nur schlechte Nachrichten gegeben. Es wurde Kurzarbeit am Standort Nördlingen verkündet sowie der Abbau von fast 400 Arbeitsplätzen im Großraum Ellwangen. VARTA beschaffte sich über Aktienverkäufe frisches Geld und einigte sich mit beteiligten Banken auf ein umfangreiches Sanierungskonzept.
Das dürfte auch für Aktionäre von VARTA interessant werden: Ihre Aktien haben in den letzten knapp zwei Jahren 90 Prozent an Wert verloren. Aktionärsvertreter hatten sich vor der Hauptversammlung laut Angaben der Nachrichtenagentur dpa enttäuscht über die jüngste Geschäftsentwicklung gezeigt. "Im Hinblick auf die große Hoffnung ist die Enttäuschung umso größer", sagte Nikolaus Lutje von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Mit Batterien sei VARTA von der Technologie her eigentlich ein Unternehmen, das in die Zeit passe. Aus diesem Zukunftsthema müsse das Unternehmen aus Ellwangen (Ostalbkreis) mehr herausholen, sagte Lutje.
Kapitalanleger: Abhängigkeit von Apple Grund für Desaster bei VARTA
Als Grund für das Desaster hat die VARTA-Geschäftsleitung mehrfach die durch Corona und den Angriffskrieg auf die Ukraine angespannte internationale Wirtschaftslage genannt. Die habe die zuletzt existenzbedrohende Situation des Batterieherstellers aber lediglich verschärft, so die Analyse von Gerhard Jäger von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. Er sieht als Hauptgrund die Abhängigkeit vom amerikanischen Elektronik-Riesen Apple. Der habe Varta Anfang dieses Jahres fast keine keine Lithium-Ionen-Batterien für kabellose Kopfhörer mehr abgekauft. "Seit Jahren wird von dieser Abhängigkeit von Apple gewarnt", so Jäger im Gespräch mit dem SWR. "Vorstand und Aufsichtsrat haben dieses Abhängigkeitsrisiko meines Erachtens nach viel zu lange verharmlost. Und dann nicht frühzeitig gegengesteuert."
VARTA in Ellwangen: Stellenabbau angekündigt
Um Kosten zu senken, hatte VARTA im April angekündigt, unternehmensweit rund 800 Vollzeitstellen abzubauen. In Deutschland sollen demnach in den nächsten zwei Jahren rund 390 Stellen gestrichen werden. Die jüngere Vergangenheit sei unschön gelaufen, sagte Lutje laut dpa im Vorfeld der Hauptversammlung. Das im März beschlossene Restrukturierungsprogramm sei erforderlich gewesen, es habe ein Zeichen an den Kapitalmarkt gebraucht. Nach Ansicht des Aktionärsvertreters kann man dem Vorstand nicht den Willen absprechen, etwas zu tun. Die Weichen seien so gestellt, dass es klappen könnte, aus der Situation wieder herauszukommen. Dazu sagte Nikolaus Lutje dem SWR:
VARTA hatte im vergangenen Geschäftsjahr tiefrote Zahlen geschrieben. Der Kurs der Aktie lag zuletzt laut dpa etwas unter 20 Euro, vor einem Jahr hatte sie noch gut 80 Euro gekostet.