Es ist eine kleine Sensation für die Ulmer Stadtgeschichte: Dank einer 102-jährigen emigrierten Ulmerin gibt es jetzt eine Innenansicht der Ulmer Synagoge als Gemälde. Die Augen der Historiker leuchteten, als sie das Paket aus den USA öffneten.
Wir sind superglücklich, dass wir das Gemälde haben.
Geschenk ans neue Museum "Die Einsteins"
Die fast 103-jährige Ann Dorzback aus einer jüdischen Ulmer Fabrikantenfamilie hat aus der Erinnerungen heraus das Bild malen lassen. Ihr Sohn unterstützte sie dabei mit computergestützten Berechnungen.
Wer hat in der Ulmer Synagoge wo gesessen?
Dorzbacks Freundin und Dokumentarfilmemacherin, Sibylle Tiedemann, bescheinigt der betagten Dame "ein exzellentes Erinnerungsvermögen" und sagt, Ann wisse noch genau, wer wo in der Synagoge seinerzeit gesessen habe und was wo gestanden habe. Auf Basis dieser Erinnerungen hat der Künstler Thomas Pfannerstill ein Bild auf Birkenholz gemalt.
![Die Alte Synagoge nach der Pogromnacht 1938. Obwohl die Synagoge beim Brand in der Pogromnacht nicht stark beschädigt worden war, beantragte die Stadtverwaltung am 18.11.1938 beim Landratsamt die Genehmigung zum Abbruch. Die Genehmigung wurde am 24.11.1938 erteilt. Dennoch begannen die Abbrucharbeiten schon am 18.11.1938. (Quelle: Prof. Michael Wettengel, Leiter des Stadtarchivs Ulm). (Foto: Stadtarchiv Ulm) Die Alte Synagoge nach der Pogromnacht 1938. Obwohl die Synagoge beim Brand in der Pogromnacht nicht stark beschädigt worden war, beantragte die Stadtverwaltung am 18.11.1938 beim Landratsamt die Genehmigung zum Abbruch. Die Genehmigung wurde am 24.11.1938 erteilt. Dennoch begannen die Abbrucharbeiten schon am 18.11.1938. (Quelle: Prof. Michael Wettengel, Leiter des Stadtarchivs Ulm).](/swraktuell/baden-wuerttemberg/1714122992015%2Csynagoge-ulm-150-jahre-102~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
Thorarollen, Rabbinerstuhl, bunte Glasfenster: Detailverliebt und ziemlich nah dran an der Realität sei das Bild, sagte die Ulmer Historikerin Sabine Presuhn beim Öffnen des Pakets. Ein neuer Einblick, der sich den Ulmern in bunten Acrylfarben bietet: Bisher seien zwar etliche Fotos der Synagoge von außen, aber einfach keines von innen aufzutreiben gewesen.
Ulmer Schüler inspirieren 102-Jährige
Schülerinnen und Schüler der Ulmer Ferdinand-von-Steinbeiß-Schule hatten sich bereits im Jahr 2006 an einer Rekonstruktion der Alten Synagoge versucht. Die damals entstandenen Arbeiten haben nun Historiker wieder in die Hand genommen, als sie die Ausstellung des Stadtarchivs zum 150. Jahrestag der Ulmer Synagoge vorbereiteten.
Der Blick der Fachleute fiel auf eine Bleistift-Skizze der Schüler. Diese schickten sie nach Louisville, Kentucky zu Ann Dorzback. Schnell habe sie ihre Kommentare dazu zurückgemeldet. Das war die Inizialzündung: Aufgrund der Skizze beschloss die umtriebige Dame, ihre Erinnerungen für die Nachwelt in Acryl zu bannen.
![Der Gewölbesaal im Ulmer Schwörhaus - hier wird eine Ausstellung über die Geschichte der (Alten) Synagoge in Ulm präsentiert. Während der Reichspogromnacht wurde sie angezündet. Später haben sie die Nazis abgerissen. (Foto: SWR, Katja Stolle-Kranz) Der Gewölbesaal im Ulmer Schwörhaus - hier wird eine Ausstellung über die Geschichte der (Alten) Synagoge in Ulm präsentiert. Während der Reichspogromnacht wurde sie angezündet. Später haben sie die Nazis abgerissen.](/swraktuell/baden-wuerttemberg/ulm/1713365512291%2Causstellung-150-jahre-synagoge-ulm-100~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
Museum "Die Einsteins" bekommt Gemälde geschenkt
Ann Dorzback ließ sich ein Jahr Zeit für die Vorbereitung und Umsetzung. Jetzt ist das Bild fertig, Dorzback schenkt das 18 mal 26 Zoll große Gemälde dem im Aufbau begriffenen Museum "Die Einsteins".
Gewidmet hat sie es ihrer Familie, einem Rabbiner und einem Kantor der damaligen Synagoge. Ab dem 4. Juli können es alle Interessierten im Museum "Die Einsteins" ansehen.