Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung ist vor 150 Jahren auf dem Ulmer Weinhof die erste neuzeitliche Synagoge eingeweiht worden. Damals ahnt niemand, dass das Gebäude schon wenige Jahrzehnte später von den Nazis in Brand gesteckt, dann abgerissen wird. Jetzt steht an fast derselben Stelle eine neue Synagoge. Eine Ausstellung im Gewölbesaal im Ulmer Schwörhaus beleuchtet diese wechselvolle Geschichte. Die Schau unter dem Titel: "150 Jahre Alte Synagoge in Ulm" ist am Dienstagabend eröffnet worden.
Alte Synagoge in Ulm - so war die Einweihung
Ein länglicher Bau mit Kuppeltürmen im orientalischen Stil - als die Alte Synagoge 1873 nach drei Jahren Bauzeit auf dem Ulmer Weinhof eingeweiht wird, ist das ein Großereignis. "Dies geschah unter sehr großer Teilnahme der Bevölkerung", erzählt Michael Wettengel, Leiter des Stadtarchivs Ulm im Haus der Stadtgeschichte.
Ein Redakteur einer Zeitung berichtet damals von der überaus großen Freude, die sich verbreitet, als das Gebäude seiner Bestimmung übergeben wird. "Es war auch die Zeit des Aufschwungs", so Wettengel. Zudem sei es damals nach 374 Jahren die erste Synagoge nach dem sogenannten Ausweisungsbeschluss gewesen - 1499 wurden die Juden aus Ulm ausgewiesen, erklärt Wettengel.
Ulmer Synagoge - beliebtes Postkartenmotiv
Zwei Damen in langen Röcken stehen vor der Alten Synagoge, im Hintergrund sieht man den Turm des Ulmer Münsters. Damals ein beliebtes Motiv für Postkarten, die hier als Fotos in der Ausstellung zu sehen sind. Auf sechs hohen Informationstafeln wird die wechselvolle Geschichte der Synagoge dokumentiert, die in Ulm nicht die erste war. Denn es gab schon Jahrhunderte zuvor eine Synagoge auf dem sogenannten Judenhof in Ulm. "So genau wissen wir das nicht. Vielleicht waren es in Folge auch zwei Synagogen", so der Archivar.
Wie die Vergangenheit die Ulmer Synagoge einholt
1873 ist es nun die erste neuzeitliche Synagoge auf dem Ulmer Weinhof. Niemand ahnt, dass sie einige Jahrzehnte später - nämlich als die Nazis an die Macht kommen - angezündet und schließlich abgerissen wird. Nicht ein einziges Stück aus dem Innenleben der Synagoge kann gerettet werden, "denn sie wird komplett geplündert", weiß Wettengel.
Was die Ausstellung im Ulmer Schwörhaus zeigt
Material, wie Briefe oder Zeitungsausschnitte, deren Texte jetzt in der Ausstellung auf Tafeln zu lesen sind - für den Ulmer Rabbiner Shneur Trebnik sind sie wertvolle Raritäten: "Sowohl für unsere Gemeinde, aber auch für die Ulmer Stadtgesellschaft, um zu zeigen, liebe Leute, wir sind nicht neu. Wir sind nicht erst seit gestern oder vorgestern da. Und wir sind auch nicht hier auf Basis des Holocaust, wir haben hier sehr, sehr, sehr tiefe Wurzeln."
Ausstellung gegen das Vergessen
Die Ausstellung lädt Besucherinnen und Besucher ein, noch einmal in die bewegende Geschichte der damaligen Synagoge einzutauchen. Sie informiert aber auch über das Leben der Jüdischen Gemeinde während dieser Zeit.
Für Michael Wettengel vom Stadtarchiv zeigt die Ausstellung auch, wie sehr jüdisches Leben in Ulm verankert war und ist: "Dass es immer wieder Verfolgungen und schlimmsten Dingen ausgesetzt war. Aber auch, dass diese Sicherheit, dass wir denken, das geht mich nichts an, das ist jetzt alles Vergangenheit, dass dies eine scheinbare Sicherheit ist." Dies habe die Geschichte leidvoll gezeigt.
Einladung, am jüdischen Leben teilzuhaben
Für den Ulmer Rabbiner Shneur Trebnik ist die Dokumentation zudem eine Einladung, am jüdischen Leben teilzuhaben. Schließlich befindet sich seit 2012 auf dem Ulmer Weinhof die Neue Synagoge - auch sie wurde vor zwei Jahren Opfer eines Brandanschlags. Umso wichtiger sei die Neue Synagoge am Ulmer Weinhof als Treffpunkt des Miteinanders geworden, so Trebnik.