Ein Jahr nach bundesweiten Sparmaßnahmen

Warum die Schwimmbecken im Ulmer Westbad noch immer kälter sind

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Catharina Straß
Catharina Straß
Peter Schmid
SWR-Aktuell Redakteur Peter Schmid

Genau vor einem Jahr mussten alle Kommunen anfangen Energie zu sparen. Obwohl die Maßnahmen im Frühjahr ausgelaufen sind, sind die Schwimmbecken im Westbad in Ulm immer noch kälter.

Am 1. September 2022, genau vor einem Jahr, traten die bundesweit geltenden Energiesparmaßnahmen in Kraft. Damit sollte über den Winter eine Notsituation bei der Energieversorgung infolge ausbleibender russischer Gaslieferungen verhindert werden. In diesem Zuge hatten auch die Kommunen in der Region verzichtet - etwa auf wärmere Schwimmbecken. Seit dem Frühjahr sind die Maßnahmen aufgehoben. Dennoch halten manche Kommunen an einzelnen Maßnahmen fest.

Wohl weniger Badegäste wegen kälterer Schwimmbecken

Im Ulmer Westbad herrscht reger Betrieb: Mit Taucherbrille und Badehaube gerüstete Schwimmer kraulen ihre Bahnen. Ehrgeizige Nachwuchssportler trainieren für das nächste Schwimmabzeichen. Und im Lehrschwimmbecken tummelt sich eine Gruppe Kinder, die sich - an ihre Schwimmnudel geklammert - mit dem Wasser vertraut macht.

Eigentlich alles wie immer. Aber seit einem Jahr hat sich etwas verändert. Denn seit im September die von der Bundesregierung verordneten Energiesparmaßnahmen in Kraft getreten sind, hat auch die Stadt Ulm die Schwimmbecken des Westbades weniger beheizt: Anfangs um zwei Grad weniger, seit diesem Jahr immerhin um ein Grad weniger im Vergleich zur Zeit vor der Energiekrise.

Wer heute im Schwimmerbereich Bahnen zieht, muss sich anstelle der früheren 27 Grad mit 26 Grad anfreunden. Nichtschwimmer müssen mit 29 Grad statt mit 30 Grad Vorlieb nehmen. Nur bei den ganz Kleinen, im Kinderbecken, ist es bei lauschigen 32 Grad geblieben.

"Früher war die Bahn voll mit älteren Menschen. Man merkt schon, dass jetzt eher die Hartgesottenen da sind."

Die kälteren Wassertemperaturen sind den Badegästen durchaus aufgefallen, sagt Schwimmmeister Abdul Baeira. Besonders die älteren Badegäste seien weniger geworden. Rund 30 Prozent würden nicht mehr ins Schwimmbad kommen, schätzt er. "Früher war die Bahn voll mit älteren Menschen. Man merkt schon, dass jetzt eher die Hartgesottenen da sind."

Das Sportbecken des Ulmer Westbads, das nach Aufhebung der Energiesparmaßnahmen noch immer um ein Grad kälter ist, als vor der Krise.
Erst 27, dann 25 und jetzt 26 Grad: Stammgäste im Ulmer Westbad müssen seit Beginn der Gaskrise flexibel sein, was die Temperatur des Sportbecken angeht.

Lea Bühler gibt ehrenamtlich Schwimmkurse im Ulmer Westbad. Ihr sei aufgefallen, dass die Kinder schneller frieren und blaue Lippen bekommen: "Das ist fürs Schwimmenlernen nicht so gut, weil wir sie warmhalten müssen." Sie selbst müsse sich auch mehr überwinden, ins kalte Wasser zu gehen - besonders im Winter.

"Ich kenne die Temperatur von früher, ich kenne die Temperatur von jetzt. Ich habe nie einen Unterschied gespürt."

Andere Badegäste lassen sich vom kälteren Wasser weniger beirren. Jule Kustermann trägt einen bunt-gemusterten Badeanzug. Seit sie klein ist geht sie zum Schwimmen ins Ulmer Westbad. "Ich kenne die Temperatur von früher. Ich kenne die Temperatur von jetzt. Ich habe da nie einen Unterschied gespürt." Auch den elfjährigen Lennie Baur stört das kältere Wasser nicht: "Wenn ich schwimme, wird mir sowieso warm."

Stadt Ulm hält teilweise an Energiesparmaßnahmen fest

Auch wenn die bundesweiten Energiesparmaßnahmen im Frühjahr aufgehoben wurden, halten einige Kommunen noch zu Teilen daran fest - wie die Stadt Ulm. Warum gerade die Schwimmbecken ein Grad kälter bleiben: "Die Becken der Stadt Ulm sind mit die größten Energieverbraucher, die wir haben", sagt Ulms Erster Bürgermeister Martin Bendel (parteilos). Das liege an den großen Beckenvolumen - ein Grad mehr oder weniger mache viel aus.

"Der Krieg in der Ukraine ist noch nicht vorbei. Deshalb müssen wir nach wie vor in Hab-Acht-Stellung bleiben, um gut durch den Winter zu kommen und eine Gasmangel-Lage zu vermeiden."

Man wolle nicht zu früh auf die im vergangenen Jahr eingeführten Maßnahmen verzichten, sagt Bendel. Der Ukrainekrieg sei noch nicht vorbei und die Zukunft ungewiss. Dennoch, so Bendel, könnten sich die Ulmerinnen und Ulmer darauf verlassen, dass die Energieversorgung für den Winter gesichert sei und niemand befürchten müsse, zu frieren. Gleichzeitig bedürfe es der Mitwirkung aller, um gut durch den Winter zu kommen. Für die Wintermonate plant die Stadt Ulm aber - wie der Großteil der Kommunen im Land - keine weiteren Einsparungen.

Die Außenansicht und Eingang des Westbads in Ulm.
Im Ulmer Westbad wird weiterhin Energie gespart. Zwei von drei Becken werden nach wie vor um ein Grad weniger beheizt.

Stromsparen: In Heidenheim gehen Nachts die Lichter aus

Die Stadt Heidenheim zum Beispiel behält eine Stromsparmaßnahme aus der Krise bei. In der Nacht wird unter der Woche von 1 bis 4 Uhr die Straßenbeleuchtung ausgeschaltet. Neben dem ökologischen Vorteil, den Oberbürgermeister Michael Salomo betont, spült die Maßnahme auch Geld in die Stadtkasse: Bis zu 150.000 Euro pro Jahr. "Ich hoffe, dass der ein oder andere auch für sich Konsequenzen draus zieht und das Licht nicht jede Nacht durchbrennen lässt", so Michael Salomo. "Das sind die ganz vielen kleinen Beiträge, die dafür sorgen, dass es in der Summe dann doch eine große Masse gibt."

Diese Straßenlaterne in der Heidenheimer Innenstadt bleibt aus - zumindest unter der Woche von 1 bis 4 Uhr Nachts.
Diese Straßenlaterne in der Heidenheimer Innenstadt bleibt aus - zumindest unter der Woche von 1 bis 4 Uhr Nachts.

Die Gasspeicher in Deutschland sind bereits jetzt zu 94 Prozent gefüllt. Nachschub kommt vor allem aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien sowie von den neuen LNG-Terminals im Norden. Die Zeichen stehen also gut, dass die Straßenbeleuchtungen im Winter an und Bäder offen bleiben können.

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