Der rot-weiße Berblinger-Turm hoch über dem Donau-Ufer bleibt voraussichtlich für mehrere Monate unbesteigbar. Das Kunstwerk zu Ehren des legendären Ulmer Schneiders Albrecht Berblinger muss bereits nach dreieinhalb Jahren in die Revision. Der Anlass allerdings erfreut Baubürgermeister Tim von Winning (parteilos).
Der 22 Meter hohe Aussichtsturm mit den luftigen, rot-weißen Treppen, die sich als Spirale in den Ulmer Himmel winden, ist beliebter als erwartet. "Dass wir mit diesem Turm, der inzwischen ein Wahrzeichen geworden ist, fast so viele Besucher haben wie das Ulmer Münster, ist schon sehr beeindruckend", freut sich der Baubürgermeister.
Großer Erfolg des schwingenden Turms in Ulm sorgt für schnellen Verschleiß
Mehr als 600.000 Besucherinnen und Besucher sind bislang auf den Berblinger-Turm gestiegen. "Ein extrem positiver Anlass für die vorzeitige Revision", so von Winning. Vor allem, weil das innovative Kunstwerk anfangs viel Gegenwind bekam.
Seit 14. Mai 2024 ist der Berblinger-Turm wieder zugänglich:
Wartungsarbeiten abgeschlossen Berblinger-Turm in Ulm ist wieder offen
Monatelang war der Berblinger-Turm in Ulm wegen Wartung geschlossen, seit Dienstag können Besucher wieder hinauf. Wer aus dem Inneren ein Klopfen hört, muss übrigens nicht beunruhigt sein.
Einzelne Ulmer Gemeinderäte und der Bund der Steuerzahler kritisierten den künstlerischen Aussichtsturm als Verschwendung. Die Baukosten waren von 500.000 Euro um die Hälfte auf 750.000 Euro gestiegen.
Schwindelerregende Innovation - im Sinne des Ulmer Flugpioniers
Die Stadt hat sich mit dem Berblinger-Turm fast so innovativ gezeigt wie eben der legendäre Flugpionier. Albrecht Berblinger scheiterte genau an dieser Stelle, der Adlerbastei, bei seinem vom König erzwungenen Flugversuch über die Donau und erntete nur Hohn und Spott. Weil er die Thermik nicht kannte.
So haben auch die von der Stadt beauftragten Künstler Brunner und Ritz mit ihrem schwingenden Turm von Ulm, für dessen Besteigung man schwindelfrei sein sollte, Neuland betreten. Von Anfang an hatte der sensible Untergrund direkt an der Stadtmauer statische Fragen aufgeworfen.
Der Berblinger-Turm braucht Schwingungsdämpfer, um sicher zu sein.
Deswegen wurde ein sehr aufwendiger Schwingungsdämpfer eingebaut. Man kennt das von Hochhäusern in von Erdbeben gefährdeten Gebieten. Er vermeidet laut Tim von Winning, dass Menschen, die zu Vandalismus neigen, den Turm mit ihrer eigenen Schwingung zu sehr ins Schwanken bringen und gefährden. Dieser Schwingungsdämpfer wurde kürzlich ausgebaut und zur Wartung nach Berlin verfrachtet, so der Ulmer Baubürgermeister, "um diese Teile wieder so zu justieren, dass es ausreichend Sicherheit gibt".
Passanten nehmen die Sperrung eher geduldig in Kauf. Einem Anwohner aus Ulm ist es egal, weil er ohnehin noch nie oben war. "Vielleicht bin ich nicht schwindelfrei", sagt er beim Spaziergang an der Donau. Die Ulmerin Sabine Stumpf hingegen findet es "schon schade, weil die Aussicht immer so toll ist." Doris Knoll, die mit ihrem Mann ganz in der Nähe wohnt und gerne bei Tag und Nacht hochsteigt, zeigt Verständnis. "Es ist notwendig - aus Sicherheitsgründen", weiß sie und schwärmt vom neuen Besuchermagnet. "Das Münster und dieser Turm: Sie gehören einfach als Sehenswürdigkeiten zu Ulm."