Nach Schüssen bei SEK-Einsatz

"Reichsbürger"-Prozess: Beamter des BKA sagt zu Durchsuchung in Reutlingen aus

Stand
Autor/in
Lisamarie Haas
Lisamarie Haas ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.

Ein BKA-Beamter hat am Oberlandesgericht Stuttgart den Ablauf der Durchsuchung bei dem Angeklagten geschildert. Bei einem Schusswechsel war damals ein Polizist schwer verletzt worden.

Im Prozess um ein mutmaßliches Netzwerk von "Reichsbürgern" am Oberlandesgericht Stuttgart hat am Mittwoch ein Beamter des Bundeskriminalamts (BKA) als Zeuge ausgesagt. Er leitete im März 2023 eine Durchsuchung der Wohnung von Markus L. in Reutlingen. Dabei war es zu einem Schusswechsel zwischen dem Angeklagten und Beamten des Sondereinsatzkommandos (SEK) gekommen. Ein Polizist wurde schwer verletzt, ein weiterer erlitt eine leichte Verletzung. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Reutlinger deshalb versuchten Mord vor und geht davon aus, dass er Mitglied in einer terroristischen Vereinigung war. Die Verteidigung von Markus L. kritisierte den SEK-Einsatz.

Details zum Tag der Durchsuchung in Reutlingen

Vor Gericht schilderte der Zeuge vom BKA, wie er den Einsatz in Reutlingen erlebt hat: Er habe in einem Auto etwa einen Kilometer entfernt auf die Freigabe des SEK, das Haus zu betreten, gewartet. Dann habe er am Telefon erfahren, dass es einen Schusswechsel in der Wohnung des Angeklagten gegeben habe. Als er am Tatort ankam, habe das SEK Markus L. komplett entkleidet abgeführt, so der BKA-Beamte. Fotos, die bei Gericht gezeigt wurden, zeigen den Angeklagten nach seiner Festnahme mit blauen Flecken und Schürfwunden am Kopf und dem Oberarm.

Der BKA-Beamte sagte weiter aus, Markus L. habe auf ihn entspannt und abgeklärt gewirkt. Im Gerichtssaal verfolgte der Angeklagte die Aussage des Zeugen regungslos. Nach der Festnahme, so der Zeuge, seien die übrigen Hausbewohner in Reutlingen-Ringelbach von der Polizei wach geklingelt und mit einem Reisebus weggebracht worden.

Polizei findet Militärnahrung, Waffen und Munition

Nach der Spurensicherung durch die Kriminaltechnik habe die Durchsuchung der Wohnung begonnen. Auch ein Kellerabteil und eine Garage sowie das Auto des Angeklagten seien durchsucht worden. Dabei hätten die Beamten mehrere Schränke voller Schusswaffen und Munition gefunden. Im Auto habe der Angeklagte zudem eine geladene Waffe hinter dem Sitz transportiert.

Auch einen Karton mit Militärverpflegung, einer abgepackten Fertignahrung, habe das BKA entdeckt. Er habe die Kiste beschlagnahmen lassen, so der Zeuge. Sie sei ihm vor dem Hintergrund des Terrorismus-Vorwurfs verdächtig erschienen.

Verteidiger kritisieren SEK-Einsatz

Am Nachmittag des Sitzungstages stellten die Verteidiger des Angeklagten Markus L. einen Antrag auf Unterbrechung der Hauptverhandlung. Ihrer Meinung nach können große Teile der Beweisaufnahme nicht gewertet werden.

Immer wieder haben die Rechtsanwälte das Vorgehen des SEK bei der Wohnungsdurchsuchung kritisiert. Ihr Mandant sei zum Zeitpunkt der Durchsuchung nur Zeuge und kein Tatverdächtiger gewesen. Das SEK hatte die Tür zur Wohnung von Markus L. aufgesprengt. Außerdem kritisieren die Anwälte, ihrem Mandanten sei nicht direkt mitgeteilt worden, dass er die Durchsuchung verhindern könnte, indem er gesuchte Dokumente oder Gegenstände herausgibt. Das Gericht habe eine Unterbrechung der Verhandlung aber zurückgewiesen.

Rechtsmedizinerin: Polizist kann Beruf nicht mehr nachgehen

Eine rechtsmedizinische Sachverständige aus Tübingen hat ebenfalls ausgesagt. Sie hat den Polizisten nochmal untersucht, der bei dem SEK-Einsatz angeschossen wurde. Ihr Gutachten bekräftigt, dass der Polizist einen deutlichen Kraftverlust und eine erhöhte Instabilität in seinem Arm hat. Beides sei eindeutig auf die Schussverletzung zurückzuführen.

Sportliche Hobbys, wie Klettern oder Kampfsport, könne er nicht mehr ausüben, so die Rechtsmedizinerin. Auch beruflichen Aufgaben beim SEK, wie zum Beispiel Schießen oder ein Schild halten, werde er nicht mehr nachgehen können.

Mehr zum "Reutlinger Fall"

Reutlingen

Zeugen sagen im "Reichsbürger"-Prozess aus SEK-Beamter kann nach Einsatz in Reutlingen nicht mehr in seinem Beruf arbeiten

Am Oberlandesgericht Stuttgart hat im "Reichsbürger"-Prozess ein SEK-Beamter ausgesagt. Er wurde bei einer Durchsuchung in Reutlingen schwer verletzt und spürt noch heute die Folgen.

SWR4 BW am Morgen SWR4 Baden-Württemberg

Stuttgart/Reutlingen

Wer hat zuerst geschossen? "Reichsbürger"-Prozess in Stuttgart: Aussage von Polizisten zum "Fall Reutlingen"

Einem Reutlinger wird im "Reichsbürger"-Prozess versuchter Mord vorgeworfen. Er soll zwei SEK-Beamte durch Schüsse verletzt haben. Sie werden bei der Aussage unkenntlich gemacht.

SWR4 am Abend SWR4

Stuttgart

Wird sich die Mutter des Angeklagten äußern? "Reichsbürger"-Prozess: Zeugen sagen über Reutlinger Angeklagten aus

Im Prozess gegen neun Männer, die angeblich an der mutmaßlichen Verschwörung des Prinzen Reuß beteiligt waren, steht heute ein Angeklagter aus Reutlingen im Mittelpunkt des Verhandlungstags.

SWR4 BW am Morgen SWR4 Baden-Württemberg

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.