Landrat Joachim Walter (CDU) und der israelische Ratsvorsitzende Asif Izak haben beide auf der Urkunde unterschrieben, dann war es offiziell: Der Kreis Tübingen und der Kreis Hof HaCarmel - Luftlinie knapp 3.000 Kilometer voneinander entfernt - sind nun als Partner vereint. Es war ein feierlicher Empfang in der Glashalle des Tübinger Landratsamts beim traditionellen Jahresempfang, auch wenn das Land Israel sich seit einiger Zeit im Krieg befindet. Das ist auch ein Grund für die Partnerschaft, wie Landrat Walter dem SWR sagte.
Izak: "Der Beginn einer langjährigen Freundschaft"
Asif Izak zeigte sich in seiner Rede, die er mit deutscher Übersetzung auf hebräisch hielt, dankbar für die Kooperation mit dem Kreis Tübingen. Die Partnerschaft soll vor allem Begegnungen und einen Austausch für junge Menschen schaffen. Geplant sind außerdem gemeinsame Schul- und Bildungspartnerschaften mit Kultur- und Sportprojekten.
Seit knapp sechs Jahren leitet Izak den Kreis Hof HaCarmel in Nordisrael mit rund 28.500 Einwohnern auf einer Fläche von knapp 190 Quadratkilometern. Für Izak sei die Partnerschaft besonders bewegend, wie er in seiner Rede erzählte. Denn ihr geht eine lange, dunkle Geschichte jüdischen Leids voraus, die auch seine Familie betraf.
Vorfahren waren Holocaust-Opfer
Zwei Generationen vor ihm wurde seine Familie beinahe komplett während des Holocausts ausgelöscht. Seine Großväter auf beiden Seiten verloren über hundert ihrer Verwandten. Sämtliche ihrer Schwestern und Brüder sowie deren Kinder starben. Izaks Großeltern waren die einzigen der Familie, die das dunkelste Kapitel der jüdischen Geschichte überlebten. Sie flohen nach Südamerika, wo sie in Uruguay ihre Leidensgeschichte fortsetzten. Denn auch dort wurden sie verfolgt. Izaks Eltern kamen dort zur Welt. Mit 20 Jahren flohen sie nach Israel, wo Izak geboren wurde.
Izak berichtet von Nahost-Konflikt aus israelischer Perspektive
Mehrfach kam Asif Izak in seiner Rede auch auf den aktuellen Krieg in Israel zu sprechen. Nach der Attacke der Terrororganisation Hamas am 07. Oktober, bei der 1.200 Menschen ermordet wurden, hätten die Menschen - rund 80 Jahre nach der Shoa - "diese Angst, diese Unsicherheit, diesen Schrecken“ verspürt, so Izak.
Er berichtete lange von dem Verteidigungskrieg gegen die Terror-Organisationen Hamas und Hisbollah aus israelischer Perspektive. Als Vorsitzender einer zionistischen Jugendbewegung bezog Izak deutlich Stellung zu dem Krieg: Es "hat auch einen Preis, diese Heimat aufzubauen und zu schützen". Auf internationaler Ebene ist der Krieg umstritten. Israel steht unter anderem wegen der hohen Zahlen ziviler Opfer in der Kritik. Tübingens Landrat Walter klammerte diese politische Dimension während des Festakts aber bewusst aus und betonte, die Partnerschaft der Landkreise könne "einen gelebten Beitrag zur Unterstützung und Völkerverständigung leisten". Im Publikum wurde die Rede Asif Izaks anschließend durchaus kontrovers diskutiert.
Kreispartnerschaft als Zeichen gegen Antisemitismus
Der Tübinger Landrat Joachim Walter betonte in seiner Rede, mit der Kreispartnerschaft auch gegen Antisemitismus vorzugehen. Den beobachte er auch bei uns in Deutschland immer mehr, von rechten und linken Spektren sowie von Islamisten. "Wir wollen dagegen ein kraftvolles Zeichen setzen", so Walter. "Wir wollen auch den Menschen in Israel Mut geben und ihnen zeigen: Sie sind nicht verlassen und sie haben Freunde. Auch, wenn es viele Menschen gibt, die ihnen nicht mehr freundlich gesonnen sind".
Auch Universitäten haben Verbindungen nach Israel
Die Kreispartnerschaft mit Hof HaCarmel ist für den Kreis Tübingen nicht die erste Brücke nach Israel. Die Hebrew University in Jerusalem und die Universität Tübingen arbeiten in einer Kooperation zusammen. Weitere Partnerschaften gibt es mit der Universität Ben-Gurion in Be'er Scheva und der Universität Haifa. Außerdem ist das Karl-von-Frisch-Gymnasium in Dußlingen eng mit der HofHaCarmel High School verbunden. Schülerinnen und Schüler lernen in Seminaren über das Judentum, Israel und den Nahost-Konflikt.