Die zwei Aktivistinnen einer Tübinger Klimaschutz-Gruppe sind am Donnerstag gegen sieben Uhr morgens von außen auf das Dach des Tübinger Regierungspräsidiums geklettert. Das bestätigte eine Sprecherin der Gruppe dem SWR. Vom Dach aus haben haben sie ein Transparent abgelassen, um gegen einen Tunnelbau für die B27 bei Tübingen zu protestieren. Eine der Frauen hat sich abgeseilt und vor die Fassade gehängt. Nach Angaben der Sprecherin sollte so das Beenden der Aktion durch die Polizei erschwert werden.
Feuerwehr Tübingen holt Aktivistin von der Fassade
Tatsächlich musste außer der Polizei auch die Tübinger Feuerwehr anrücken, um die Protestaktion zu beenden. Laut Polizei wurden sowohl die an der Fassade hängende Frau als auch deren Mitstreiterin auf dem Dach unverletzt mit einer Drehleiter herunter geholt. Beide Aktivistinnen wurden nach Informationen ihrer Protest-Gruppe vorläufig festgenommen und zum Verhör gebracht. Die Polizei erklärte, man ermittle gegen die 20 und 22 Jahre alten Frauen wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung. Am Donnerstagabend hieß es dann, die Frauen seien auf freien Fuß gesetzt worden, weil das Regierungspräsidium keinen Strafantrag gestellt habe.
Protest gegen den Bau eines Tunnels für die B27
Mit dem 32 Quadratmeter großen Transparent wollten die Frauen gegen den geplanten Ausbau der B27 rund um Tübingen protestieren. Dort soll der Verkehr in ferner Zukunft durch den Schindhau-Basistunnel um die Universitätsstadt herumgeführt werden. Tübingen gilt als ein Nadelöhr der B27-Verbindung zwischen Stuttgart und den südlichen Landkreisen wie Zollernalb und Rottweil. Über weite Strecken ist die Bundesstraße bereits vierspurig ausgebaut. Durch Tübingen verengt sich die Straße auf zwei Spuren, was regelmäßig zu größeren Staus führt.
Auch Zollernalb und Rottweil im Visier
Der Tunnel für die B27 bei Tübingen, aber auch die meist vierspurig geplanten weiteren Teilstücke der Bundesstraße seien "fatale Schritte in Richtung Klimahölle", schreiben die Klimaschutzaktivisten in einer Mitteilung zu ihrer Kletteraktion. Die Tübinger Gruppe hatte sich nach eigenen Angaben erst jüngst gegründet und besteht demnach aus rund einem Dutzend Personen. Sie werden von Klima-Aktivisten aus Ulm unterstützt. Die Ulmer nennen sich "Unterstützenr*innen des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags" und haben vergangenen Sommer durch eine Kletteraktion an der Adenauerbrücke zwischen Ulm und Neu-Ulm für Aufsehen gesorgt.
Widerspruch zwischen Verkehrswende und Straßenbau
Die Aktivisten kritisieren insbesondere den Neu- und Ausbau von Fernstraßen. Neben Ulm und Tübingen haben sie auch schon in München protestiert. In Bayern zielt die Kritik vor allem auf den Bau von Autobahnen. In Baden-Württemberg, so heißt es in einer Mitteilung der Gruppen, schicke es sich für grüne eine Regierung natürlich nicht, Autobahnen zu bauen. Stattdessen würden Bundesstraßen immer breiter gemacht. Projekte wie der Schindhau-Basistunnel für die B27 würden enorme Kosten und CO2-Emmissionen bedeuten. Stattdessen sollte man alle Ressourcen, insbesondere die Gelder für den Fernstraßenbau nutzen, um die Mobilitätswende voranzubringen und den öffentlichen Nahverkehr besser auszubauen, fordert die Tübinger Gruppe in einer Presseerklärung.