Nach der Abkehr von Klebe-Blockaden hat die Aktivistengruppe "Letzte Generation" für nächsten Samstag neue Proteste in zehn Städten angekündigt. Geplant seien "ungehorsame Versammlungen" in Berlin, Bremen, Köln, Leipzig, Karlsruhe, Freiburg, Stuttgart, Regensburg, München und auf Rügen, teilte die Gruppe am Montag mit. Diese Aktionen sollen demnach mit Menschenmengen Gehwege und Straßen blockieren. Sie sollten "deutlich ungehorsamer" sein als angemeldete Demonstrationen, aber "absolut friedlich". Wie diese Versammlungen genau aussehen sollen und wie lange sie dauern, blieb offen.
Protestaktionen der Gruppe erregen viel Aufmerksamkeit
Die Gruppe hatte vor gut zwei Jahren mit Straßenblockaden begonnen, um auf die Klimakrise hinzuweisen und Gegenmaßnahmen einzufordern. Dabei klebten sich Aktivistinnen und Aktivisten meist auf der Fahrbahn fest, damit sie nicht einfach weggetragen werden konnten. Dazu kamen Proteste in Museen, Stadien, Ministerien. 550 Aktionen zählte allein die Polizei Berlin im vergangenen Jahr. Die Aktionen erregten viel Aufmerksamkeit, aber auch Unmut.
So war im vergangenen Sommer bei einer Straßenblockade der "Letzten Generation" in Mannheim ein Autofahrer ausgerastet und gewalttätig gegenüber den Aktivisten und Aktivistinnen geworden. Vielen Aktivisten und Aktivistinnen wurde wegen Nötigung der Prozess gemacht. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt wegen Gründung einer kriminellen Vereinigung.
Auch innerhalb der Polizei in Baden-Württemberg scheint die "Letzte Generation" sehr zu polarisieren. So hatte der SWR über einen jungen Polizeibeamten berichtet, der sich bei der "Letzten Generation" für Klimaschutz engagiert hatte und deswegen berufliche Nachteile befürchtete. Zuvor war die Polizei-Hochschule in Villingen-Schwenningen (Schwarzwald-Baar-Kreis) dafür kritisiert worden, Klima-Aktivisten der "Letzten Generation" zu einer Veranstaltung eingeladen zu haben.
"Habe großen Respekt für diese Leute" Polizist aus BW: Ich war Aktivist bei der "Letzten Generation"
Ein junger Polizeibeamter aus Baden-Württemberg war bis vor kurzem bei der "Letzten Generation" tätig. Für die Polizei-Gewerkschaft ist das unvereinbar.
Außerdem hatten Mitglieder der "Letzten Generation" eine Polizistin beschuldigt, sie während einer ihrer Klebe-Aktionen in Mannheim und auch danach auf dem Polizeirevier gezielt schikaniert zu haben. Auf einem Video von der Aktion in den sozialen Medien war zu sehen, wie die Polizistin einer auf der Straße festgeklebten Aktivistin Öl über den Kopf kippte.
"Letzte Generation" appelliert an den Bundespräsidenten
Ende Januar hatte die "Letzte Generation" ein Ende der Klebe-Proteste angekündigt. Nun wandte sich die Gruppe in einer Pressekonferenz vor dem Schloss Bellevue mit einem Appell an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Dieser solle in einer Rede an die Nation auf die Klimakrise hinweisen und eine Debatte über Sofortmaßnahmen anstoßen, darunter der sofortige Ausstieg aus allen fossilen Energien wie Öl, Kohle und Gas. Steinmeier sei gefordert, "Ehrlichkeit in unsere demokratische Debatte zu bringen". In ihrer Erklärung fordert die Gruppe unter anderem eine Vermögenssteuer zur Finanzierung von Klimaschutz sowie "gerechte Rationierung, die dem Überkonsum der Reichen eine Grenze setzt".
Es sei Zeit, unbequeme Wahrheiten auszusprechen: "Manches, was heute selbstverständlich ist, muss ein Ende finden." Genannt werden in der Erklärung Privatjets und Inlandsflüge sowie eine Verkleinerung der Flug-, Auto- und Chemieindustrie. Sollte nicht umgesteuert werden, sei ein "erneuter Faschismus in Deutschland möglich".