Jan Heck

Balinger Filmregisseur bei SWR Dokufestival ausgezeichnet

Jan Heck gewinnt den Musikpreis für DDR-Dokumentation

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Harry Röhrle/Annika Jahn

Beim SWR Dokufestival hat der Balinger Filmregisseur Jan Heck den mit 5000 Euro dotierten Musikpreis bekommen. Der Film "Schleimkeim - Otze und die DDR von unten" hat die Jury überzeugt.

Für Filmregisseur und Punk-Musiker Jan Heck aus Geislingen bei Balingen (Zollernalbkreis) ist ein Traum wahr geworden. Für seine Dokumentation "Schleimkeim - Otze und die DDR von unten" hat der 33-Jährige nun den Musikpreis beim SWR Dokufestival gewonnen. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert. Heck war dazu noch für den Deutschen Dokumentarfilmpreis nominiert.

Der Balinger Regisseur Jan Heck ist in zwei Kategorien für den Deutschen Dokumentarfilmpreis nominiert.
Der Balinger Regisseur Jan Heck ist in zwei Kategorien für den Deutschen Dokumentarfilmpreis nominiert.

Der Dokumentarfilm erzählt die bewegende Lebensgeschichte des DDR-Punkmusikers Dieter "Otze" Ehrlich. Ehrlich, ein kreativer Bauernsohn, wurde zum Sänger und schrieb provokante Texte, die die Missstände in der Gesellschaft kritisierten. Trotz staatlicher Repressionen und Gefängnisaufenthalten hielt er an seiner rebellischen Haltung fest. Doch mit dem Fall der Mauer verlor Otze nicht nur seine Feindbilder, sondern auch sein Leben.
Auszug aus der Jury-Begründung: "Es ist das große Verdienst des Filmautors und -regisseurs Jan Heck, diese vergessene Szene innerhalb der DDR-Musiklandschaft mit ihren Exponenten, aus dem Dunkel der Geschichte ins Licht zu holen."

Jan Heck ist noch immer sehr heimatverbunden

Wenn Jan Heck in seine Heimatstadt kommt, ist es für den 33-Jährigen immer ein bisschen so, als sei die Zeit stehengeblieben. Sein ehemaliges Kinderzimmer sieht fast noch genauso aus wie früher. Punkband-Poster hängen an der Wand. Alte CDs stecken im CD-Ständer. An einer Pinnwand hängen alte Eintrittskarten zu Punkkonzerten in der Umgebung. "In Balingen gab es schon immer wenig Angebot", sagt er. Da sei es früh ums Selbermachen gegangen.

Film oder Musik - eins von beiden hab ich eigentlich schon immer gemacht.

Mit 14 entdeckt Jan Heck Punkmusik - und liebt sie bis heute. Er gründet eine Band und tritt mit ihr im Jugendhaus in Balingen auf. Aber Punkmusik ist nicht seine einzige Passion. Als Schüler guckt er einen Film nach dem anderen - und greift irgendwann selbst zur Kamera. "Die Passion mit dem Filmemachen ist entstanden, weil Filme mich aus diesem Dorf rausgeholt haben. Die haben mir Sachen über die Welt erzählt", sagt Heck. "Ich habe als Dorfjunge immer gedacht, man muss Millionär sein, um Filme zu machen." Irgendwann habe er realisiert, dass er Film auch studieren kann. "Und das habe ich dann auch gemacht."

Für Filmpreis nominiert: "Schleimkeim"

Während des Studiums setzt Heck dann seinen Film "Schleimkeim - Otze und die DDR von unten" um. Als der Film im Frühjahr 2024 in die Kinos kommt, wird für Jan Heck ein Traum wahr. Dass er nun in gleich zwei Kategorien (Hauptpreis und Musikpreis) für den Deutschen Dokumentarfilmpreis nominiert ist, kann der Balinger kaum fassen.

Ich kann mir das gar nicht vorstellen, dass ich da was gewinne. Ich bin da nominiert, zweimal und das ist für mich eine riesengroße Ehre!

Schleimkeim - so heißt eine Punkband aus der DDR. Laut, "schrammelig", ganz anders als andere Punkmusik - solche Gedanken gehen Jan Heck durch den Kopf, als er als Jugendlicher zum ersten Mal eine Schleimkeim-Platte hört. Er sei fasziniert gewesen und habe mehr über die Musiker rausfinden wollen, sagt er. "Ich habe gedacht, warum hat da eigentlich keiner 'nen Film drüber gemacht? Das gibt's doch gar nicht. Wenn sowas im Kino kommt, würde ich sofort reingehen. Und dann dachte ich: Dann mache ich das halt selbst."

Dokumentarfilm „Schleimkeim – Otze und die DDR von unten" von Jan Heck
Dokumentarfilm „Schleimkeim – Otze und die DDR von unten" von Jan Heck

Der Film - ein DIY-Projekt von Anfang bis Ende

Mit aus der Uni ausgeliehenem Equipment zieht er los, um die Geschichte von Schleimkeim zu erzählen. Für seinen Film macht der Regisseur ehemalige Bandkollegen, Freunde und Fans ausfindig. Viereinhalb Jahre arbeitet er an dem Projekt. Freundinnen und Freunde helfen ihm beim Drehen. Den Rest macht er komplett alleine. "Das war ein Mammutprojekt. Ich habe das an meinem Tisch im WG-Zimmer geschnitten", erzählt Heck. Bezahlung gibt es keine. Mit einer kleinen Filmförderung finanziert er lediglich die Spritkosten für die Fahrten zu den Drehs.

Das Ergebnis: ein beeindruckender, berührender, aber auch lustiger Film über eine Punkband, die in der DDR mit viel Gegenwind zu kämpfen hatte. Punk war in der DDR verboten und wurde von der Stasi verfolgt. Die Band Schleimkeim gründet sich trotzdem mitten auf dem Dorf, probt im Schweinestall und wird berühmt.

Besonders schillernd: Der Frontmann und Sänger der Band, Dieter "Otze" Ehrlich - die Hauptperson des Films. Mit seinen Songtexten provoziert er die DDR-Führung. Trotz staatlicher Repressionen und Gefängnis halten er und seine Bandkollegen an ihrer rebellischen Haltung fest.

Jan Heck teilt Liebe zu Punk mit Protagonisten des Films

Das Aufwachsen auf dem Dorf, das Selbermachen und die Liebe zur Punkmusik habe er mit der Hauptperson "Otze" auf jeden Fall gemeinsam, sagt Filmemacher Jan Heck. Die politischen Systeme, in denen er und "Otze" sich verwirklicht haben, seien aber natürlich nicht zu vergleichen, so Heck.

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