Besonders begabte Kinder kommen in Regelschulen oft zu kurz, weil sie unterfordert sind. Dann sind sie abgelenkt, reden oder machen Quatsch - so das Klischee. Damit ihr Potenzial nicht verloren geht, fördern die Hector Kinderakademien in Baden-Württemberg solche Kinder. Eine davon gibt es in Sulz am Neckar (Kreis Rottweil). Dort können die Grundschulkinder viele verschiedene Kurse belegen und "ihr vorhandenes Wissen erweitern, vertiefen und festigen", schreibt die Hector Kinderakademie.
Angebot zusätzlich zur Grundschule
Einer der Schüler an der Hector Kinderakademie ist Jakob. Er ist sieben Jahre alt und hat Spaß in der Akademie. Nur manchmal wird es zeitlich eng, erklärt er: "Bei einem Kurs war's ein bisschen hektisch. Da hatte ich um eins Schule aus und musste um zwei schon wieder zur Hector Kinderakademie." Er knobelt gerne und trotzdem ist sein Lieblingsfach in der Schule ein Klassiker: Sport.
Jakobs Mutter Mayline Grathwol war selbst nicht direkt klar, dass ihr Sohn hochbegabt ist. Darauf hat seine Lehrerin sie gebracht - auch die Kinderakademie war ein Vorschlag der Lehrerin. Grathwol plant nicht, dass ihr Sohn einmal Nobelpreisträger wird, im Gegenteil: "Ich freue mich erstmal, dass er sich leicht tut. Alles was mehr ist, ist wunderbar. Ich habe keinen konkreten Plan für ihn."
69 Hector Kinderakademien in Baden-Württemberg
Die Hector Kinderakademien sind keine eigenständigen Gebäude, sondern eine Art Kurs-Programm. Es gibt sie an 69 Standorten in Baden-Württemberg. Dort können besonders begabte und hochbegabte Kinder Kurse in verschiedenen Bereichen belegen. Zum Beispiel Mathe, Informatik, Naturwissenschaft und Technik - also in den sogenannten MINT-Fächern. Die Kurse finden nachmittags, an Samstagen und sogar in den Ferien statt. Die Inhalte fordern die Kinder heraus, sagt Christine Fries. Sie ist Schulleiterin der Grundschule Sulz-Bergfelden und Leiterin der dortigen Hector Akademie. Sie beschreibt, welche Inhalte sie behandeln: "Wir arbeiten wie Wissenschaftler oder sicheres Experimentieren im Chemielabor. Das sind Themen, die die Kinder schon herausfordern und die weit über den Grundschul-Bilungsplan hinausgehen." Die Kurse sind kostenfrei. Jedoch sind die Plätze sehr begrenzt. Teilweise sind nur fünf Kinder in einem Kurs.
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Begabtenförderung kommt in der Ausbildung der Lehrkräfte zu kurz
Eine andere Zielgruppe als die Hector Kinderakademien hat das Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung in Tübingen. Es bietet ein Zertifitkatsstudium für Begabtenförderung an. Dort können sich Lehrkräfte berufsbegleitend weiterbilden, wie sie begabte Schülerinnen und Schüler optimal fördern. Diese Kompetenzen kommen in der klassischen Ausbildung der Lehrkräfte zu kurz, sagt der Direktor des Hector-Instituts in Tübingen, Ulrich Trautwein: "Das können sie jetzt bei uns nachholen." Die Klischees über begabte Kinder kann er nicht bestätigen.