Rund sechs Jahre war Felix Hennig aus Reutlingen-Rommelsbach als Zimmermann auf der traditionellen Wanderschaft, der Walz. In der ganzen Zeit durfte er seinem Heimatort - und damit auch seiner Familie und seinen Freunden - nicht näher als 50 Kilometer kommen. Es hat ihn in der Zeit bis nach Lateinamerika, Afrika und Australien gezogen. Unterwegs war er dabei ohne eigenes Auto. Das ist auf der Walz nämlich nicht erlaubt.
Die Regel für die Wanderschaft von Zimmerleuten besagt: Sie muss mindestens drei Jahre und einen Tag dauern, erzählt Felix Hennig. Ihn hat es fast sechs Jahre in die Ferne gezogen. Hundert Meter vor Rommelsbach ist er kurz doch noch ins Grübeln gekommen, ob er nicht umdrehen und weiterziehen soll. Das hat er dem SWR vor Ort verraten. Aber: Er hat sich für sein Zuhause entschieden - und das seiner Familie.
Wie Felix Hennig immer wieder Arbeit und Schlafplätze auf seiner Walz gesucht hat und was er dabei Schönes und Unangenehmes erlebt hat, erzählt er hier:
Viele Fragen an Felix Hennig aus Rommelsbach So war es auf der Walz - ohne Geld, ohne Schlafplatz, ohne Smartphone
Auf den Social Media-Kanälen des SWR sind viele Fragen zur sechsjährigen Walz des Zimmermanns Felix Hennig gekommen. Wir haben sie ihm gestellt, und er hat nochmal erzählt.
Geheimnisvolle Stunden vor der Heimkehr nach Rommelsbach
Gesellen auf der Walz werden immer wieder von anderen Wandersgesellen begleitet. So auch Felix Hennig. Da gehört es dazu, dass sie auch die letzten Stunden vor der Heimkehr noch einmal - wer dabei sein kann - zusammen verbringen. Rund zehn seiner Wandergefährten haben ihn am Samstagnachmittag singend auf seinen letzten Metern bis nach Rommelsbach begleitet.
Sie haben sich, wie es die Tradition vorsieht, auch Geschichten erzählt, was sie in den vergangenen Jahren alles miteinander erlebt haben. Die bleiben aber ihr Geheimnis. Mutter Elke sagte augenzwinkernd, dass sie auch gar nicht alles erzählt bekommen möchte. Nach dem Motto: Manches möchte oder sollte man als Mutter besser nicht erfahren. Die letzten Stunden vor Felix' Rückkehr waren sehr aufregend für die 60-jährige Mutter von vier Kindern.
Traditionelle Rückkehr: übers Ortsschild klettern
Großer Jubel am Ortsrand um 17:16 Uhr am Samstagnachmittag, als rund 50 Wartende rund ums Ortsschild Felix entdeckt haben. Die letzten Meter bis zum Ortsschild galten ihm ganz allein - entsprechend der Regel: "Er geht allein, er kommt allein." Lediglich beim traditionellen Drüberklettern übers Ortsschild haben seine Weggefährten ihm nochmal geholfen und stabilisiert. Das Schild stand nämlich nur wackelig in der Erde.
Danach war bei Felix und seiner Mutter Elke kein Halten mehr. Sie umarmten sich so stürmisch, dass sie beide im Gras gelandet sind. Dort sind sie erst einmal liegen geblieben - rund zwei Minuten lang.
Wozu als Geselle auf Wanderschaft?
Wenige Monate nach Beenden der Lehre zum Zimmermann hat sich Felix Hennig auf den Weg gemacht. Der heute 25-Jährige erzählt strahlend, was er auf der fast sechsjährigen Wanderschaft alles erlebt hat. Keine feste Bleibe zu haben, ist nicht für jeden oder jede etwas. Er wirkt aber so, als habe er die Zeit genossen und sich ausgelebt - sonst wären es vermutlich keine knapp sechs Jahre geworden.
Und, das sagt er auch, er hat viel in der Zeit gelernt: andere Sprachen - Spanisch und Portugiesisch zum Beispiel -, andere Handwerksberufe und wie man sich in anderen Ländern und Kulturen verhält. "Gar nicht so leicht, wie man sich das vorstellt", sagt er. Die unterschiedlichen Sitten und Bräuche fand er besonders spannend. Die Walz also eine große Fortbildungsreise für ihn.
Die prägendste Zeit, sagt Hennig, habe er in Lateinamerika erlebt: "Ich habe quasi den ganzen Kontinent abgereist." Auch für seine Mutter wird die Reise nach Paraguay zu ihrem Zimmermannssohn unvergessen bleiben. Dort hatte sie ihn mit ihren anderen Kindern einmal besucht.
Was war und was ist nach knapp sechs Jahren auf der Walz
Immer dabei auf der Walz: die Zimmermannskluft mit dem schwarzen Hut, der Wanderstock (Stenz) und die Reise-Utensilien in Stoff gewickelt, im sogenannten Charlottenburger. Und natürlich all die Lebenserfahrungen und Freunde, die er in der Zeit gewonnen hat. Felix weiß es zu schätzen, jetzt wieder eine feste Bleibe, ein Zuhause, zu haben. In Rommelsbach gibt es noch sein Zimmer von früher.
In den nächsten Tagen ist erst einmal Ankommen angesagt. "Das braucht Zeit", sagt seine Mutter verständnisvoll. Außerdem weitere Wiedersehen und das Verarbeiten von all dem Erlebten. Dann irgendwann werden neue Pläne gemacht - jetzt aber erst einmal in der Heimat, sagt Felix Hennig.