Dass Felix Hennig auf die Walz, die traditionelle Wanderschaft von Handwerkern, gegangen ist, und jetzt - nach fast sechs Jahren - zurückgekommen ist, hat viele Menschen in Baden-Württemberg bewegt. Ganz besonders bei Instagram und Facebook sind viele Rückfragen zu Details rund um die Walz eingegangen. Wir haben nochmal mit Felix in Reutlingen-Rommelsbach gesprochen und ihm die Fragen der SWR-Community gestellt. Die haben Viele interessiert.
- Wie hat sich Felix die Zeit und Reisen finanziert?
- Was hat Felix gearbeitet - als Zimmermann?
- Eigenes Auto ist nicht erlaubt. Aber Fliegen?
- Wie und wo auf der Walz übernachtet?
- War Felix meistens allein unterwegs oder mit Freunden und Familie?
- Was waren die Highlights? Was war das Schwierigste?
- Wie ist es jetzt nach sechs Jahren wieder in der Heimat?
Wie hat sich Felix die Zeit und Reisen finanziert?
Mit Arbeiten hat sich Felix Hennig seine Schlafplätze verdient: "Wir Wandergesellen arbeiten für unser Geld", sagte er im Interview mit SWR3. Mal ein paar Euro gerade im Winter auf Reisen zugesteckt zu bekommen, habe manchmal geholfen, weil man im Winter weniger arbeiten könne. Aber, das hat der 25-Jährige auch betont: "Wir sind keine Bettler, sondern Handwerker." Wenn man sich einen Flug finanzieren will, arbeitet man für größere Unternehmen und längere Zeit am Stück.
Wenn das Reisegeld in bar aufgebraucht ist, sucht man sich auf der Walz eine Arbeit, bei der man am besten auch noch etwas lernt. Man wird für die Zeit angestellt und angemeldet und bekommt Lohn wie jede und jeder andere, sagte Felix auf SWR-Rückfrage. Für "Kost und Logis" allein zu arbeiten, gebe es heute nicht mehr so oft. Damit wäre man als Wandergeselle zu günstig und würde anderen Beschäftigten die Arbeit und damit möglicherweise die Stelle wegnehmen. Das sei nicht Sinn der Walz.
Oft hat er auch mal nur privat ausgeholfen. Felix hat zum Beispiel mal das Dach einer Garage abgedichtet. Das macht man dann als Dank, weil man dort schlafen kann und Essen bekommt. Es sei auch öfter vorgekommen, dass er komplett pleite war: kein Geld auf dem Konto und nichts im Geldbeutel. Dann sei es besonders hilfreich gewesen, wenn er eingeladen wurde.
Großer Jubel, als Felix Hennig am Samstagnachmittag heimgekehrt ist. Die Gefühle haben nicht nur seine Mutter "übermannt", wie SWR Reporter Tobias Faißt in Reutlingen-Rommelsbach miterlebt hat:
Felix Hennig aus Rommelsbach Heimkommen nach sechs Jahren auf der Walz - mit welchen Emotionen?
Jubel am Ortsschild von Reutlingen-Rommelsbach am Wochenende: Der 25-jährige Zimmermannsgeselle ist wieder zu Hause! Ganz besonders groß ist die Freude bei seiner Mutter.
Was hat Felix auf der Walz gearbeitet - als Zimmermann?
Felix hat die meiste Zeit als Zimmerer gearbeitet, also viel mit Holz. Sehr besonders war für ihn in der Zeit der Walz, dass er bei einer Kirchenrestaurierung in Norwegen mithelfen durfte. Dort sind Kirchen traditionell aus Holz gebaut - sogenannte Stabkirchen.
In Paraguay hat er auf einem großen Grundstück gearbeitet und dort drei Häuser geplant und gebaut. Die Arbeit habe ihn immer gleich gefunden. Manchmal musste er sich auch gegen Arbeitsangebote und -anfragen ‚wehren‘, weil sonst wäre es ihm zu viel geworden.
In den knapp sechs Jahren auf der Walz hat Felix Hennig, der mit 19 Jahren mit der traditionellen Wanderschaft gestartet ist, auch einige andere Berufe (kennen-)gelernt:
- Maurer: In Namibia hat er einen Pizzaofen auf einer Safari-Farm gemauert.
- Er hat auch bei einem Schmied mitgearbeitet.
- In Norwegen hat er Bäume mit der Axt gehauen und eine alte Mühle wieder aufgebaut.
Um die Krankenversicherung musste er sich übrigens vor Beginn der Walz kümmern und die Formalitäten mit seiner Krankenversicherung klären. Wenn man jung wie er mit 19 Jahren startet, dann ist man in der Familienversicherung mitversichert - auch auf Reisen. Da er dann aber doppelt so lang wie ursprünglich geplant unterwegs war, musste er sich später neu versichern: "Viel Papier- und Telefonier-Kram", erinnert er sich - und das aus der Ferne und ohne eigenen PC und Smartphone.
Eigenes Auto ist nicht erlaubt. Aber Fliegen?
Auf der Walz darf man kein eigenes Auto besitzen. Man soll versuchen, fürs Reisen möglichst kein Geld auszugeben: "So günstig wie möglich", hat Felix gesagt. Innerhalb Europas konnte er alles per Anhalter oder zu Fuß machen. In Skandinavien hat er auch mal die Fähre für ein paar Euro vergünstigt genutzt. Für den Wechsel auf einen anderen Kontinent ist auch Fliegen erlaubt.
Wie und wo auf der Walz übernachtet?
Unterkünfte seien mal schwerer, mal leichter zu finden gewesen, erzählt Felix. In Südamerika war es so warm, dass er wochenlang am Strand schlafen konnte. Da war er gerade mit fünf anderen Wandergesellen unterwegs: einem Spengler, einem Dachdecker, einem weiteren Zimmerer und einem Maurer. Sie haben in der Zeit auch oft in Hängematten in Bäumen geschlafen.
In Deutschland wurde er auch oft von Leuten eingeladen, bei ihnen zu übernachten. Aber er hat auch immer wieder unter Brücken, in einer Gasse oder in einem Stadtpark geschlafen.
Zum Duschen durfte Felix auch mal ein Hotelzimmer oder ein Freibad nutzen. Alternativ war er sonst auch in Seen baden. In Brandenburg in der Nähe von Berlin saß er an einem Abend mit anderen Gesellen und Gästen aus einem Hotel an der Bar abends. Dort wurde ihnen ein Bier nach dem anderen ausgegeben. Irgendwann kam der Hotelbesitzer auf sie zu und hat ihnen ein Zimmer angeboten - kostenlos.
Felix erzählt aber auch von einigen Horrornächten. Zum Beispiel mitten im Winter in der Nähe von Würzburg hat er mit zwei anderen Wandergesellen keine Unterkunft mehr gefunden. Weil es eiskalt war in der Nacht, haben sie in einem Vorraum einer Bank geschlafen. Dort war es sehr eng. Sobald sich einer von den Dreien bewegt hat, ging die Schiebetür auf und es wurde kalt.
War Felix meistens allein unterwegs oder mit Freunden und Familie?
Die meiste Zeit war Felix Hennig aus Reutlingen-Rommelsbach in den fast sechs Jahren auf der Walz alleine unterwegs. Da war er frei in den Entscheidungen, wo es als nächstes hingeht, sagte er auf SWR-Rückfrage. Es gab aber auch Wochen wie die in Paraguay, in denen er mit anderen Wandergesellen gearbeitet und übernachtet hat.
Besonders in Europa hat er immer wieder Kolleginnen und Kollegen auf Wanderschaft getroffen - auch mal beim Trampen oder zufälligerweise an einer Bar. Felix ist in dem nach eigenen Angaben ältesten "Schacht", der "Vereinigung der rechtschaffenen fremden Zimmer- und Schieferdeckergesellen", um die Welt gereist. Um zu zeigen, dass er dieser Gesellenvereinigung angehört, hat er zu seiner Zimmermannskluft noch eine schwarze Krawatte getragen.
Freunde von Zuhause hat er in den knapp sechs Jahren kaum gesehen, sagt Felix: schätzungsweise zehnmal in der ganzen Zeit. Er habe viele neue Freunde kennengelernt, darunter auch einige andere Wandergesellen wie er.
Felix und seine Familie hatten das Ziel, dass sie sich einmal im Jahr sehen. Mit seiner Mutter und seinem Vater hat das oft geklappt. Seine Geschwister hat er auch mal zweieinhalb Jahre nicht gesehen. Sie haben ihn aber egal wo auf der Welt besucht - sein Vater mit der jüngeren Schwester beispielsweise auf dem afrikanischen Kontinent, seine Mutter mit Geschwistern in Paraguay. Dafür ist er ihnen sehr dankbar, sagte er im Gespräch mit dem SWR. Die Abschiede seien oft nicht leicht gewesen, weil niemand wusste, wann er zurückkommen wird.
Was waren die Highlights? Was war das Schwierigste?
Eines seiner Highlights war, als er mit der Gesellengruppe zu sechst in Südamerika unterwegs war. In der Zeit haben sie zum Beispiel in Brasilien an Stränden übernachtet und Riesen-Schildkröten im Meer beobachtet. Ein anderer unvergesslicher Moment für ihn war, als er das allererste Mal die Nordlichter in Norwegen gesehen hat.
Eine der größten Herausforderungen für Felix waren die fremden Sprachen. In Englisch konnte er sich fließend unterhalten. Spanisch und Portugiesisch seien anfangs schwer gewesen. Auch deshalb, weil man auf der Walz kein Smartphone dabei haben darf und damit auch keine Übersetzungs-Apps. Nur einen kleinen Reiseführer und ein Wörterbuch.
Wie ist es jetzt nach sechs Jahren wieder in der Heimat?
Der 25-jährige Felix Hennig sagt von sich: "Ich bin sehr selbstständig und viel zielgerichteter geworden in der Zeit. Ich weiß, was ich will und was ich mag. Auf der Walz lernt man am meisten über sich selbst." Seitdem er seit Samstagnachmittag wieder in der Heimat in Reutlingen-Rommelsbach ist, erlebe er "eine wilde Mischung": Es sei komisch und schön zugleich. Zum Beispiel kommt ihm das Bett sehr weich vor, sodass er schlechter schläft. Er war schon drauf und dran, auf den Boden zu wechseln. So hat er in den letzten Monaten und Jahren oft geschlafen.
Am Sonntag ist er in sein Zimmer von vor sechs Jahren gegangen, um zu schauen, was da noch da ist. Dabei sei er ganz erstaunt darüber gewesen, was er alles besitzt: "wie viel Klamotten und Krimskrams". Auch in der Küche seiner Mutter hat er sich anfangs nicht mehr zurechtgefunden: Wo stehen nochmal die Gläser und die Tassen? Er stellt fest: Zuhause fühlt sich anders an als früher, weil er sehr lange nicht hier war. Und er fragt sich: "Eigentlich müsste ich mich doch auskennen?"