Reise für Menschen mit Behinderung abgesagt

Fehlende barrierefreie Zimmer: Gruppe aus Zollernalbkreis kann nicht nach Berlin

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Julia Klebitz
Julia Klebitz Reporterin SWR Aktuell Studio Tübingen Regionalbüro Albstadt

Sie wollten sehen, wie in der Hauptstadt Politik gemacht wird. Weil es aber zu wenig barrierefreie Hotelzimmer gibt, müssen 40 Menschen mit Behinderung aus dem Zollernalbkreis zuhause bleiben.

Das Büro des Tübinger Bundestagsabgeordneten Martin Rosemann (SPD) hat eine Bundespresseamtsfahrt nach Berlin abgesagt. Der Grund: Es gibt zu wenig Hotelzimmer, in denen die Reiseteilnehmerinnen und -teilnehmer mit Behinderung übernachten könnten.

"Barrierefrei on Tour" nicht in Berlin

Wochenlang haben Ute Tatzel-Nowel und eine Gruppe anderer Menschen mit Behinderungen aus dem Zollernalbkreis und der Region Neckar-Alb unter dem Titel "Barrierefrei on Tour" die Reise geplant und organisiert - oder es zumindest versucht. Sie wollten im Oktober gemeinsam nach Berlin fahren und sich dort anschauen, wie im Bundestag und anderswo gearbeitet wird. Insgesamt 40 Teilnehmende sollten auf die Reise des Bundespresseamts mitkommen.

Sie haben gesundheitlich bedingte Gehbehinderungen und sind "kognitiv klar ansprechbar", wie Tatzel-Nowel betont. Alle seien "aktiv im Leben" und arbeiten ehrenamtlich in Vereinen, Verbänden, Arbeitsgruppen und in der Selbsthilfe. Gerade deshalb wären die 40 Menschen mit Behinderung gerne in die Bundeshauptstadt gereist. Sie sind politisch interessiert und engagiert. Ein Besuch des Reichstagsgebäudes wäre auf dem Programm gestanden, vielleicht eine Bundestagssitzung und eine Stadtrundfahrt zu politisch wichtigen Orten.

Einladung von Tübinger Bundestagsabgeordneten

Martin Rosemann, der SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Tübingen-Hechingen, hatte Ute Tatzel-Nowel und ihre Gruppe zur Reise eingeladen. Jedes Jahr dürfen Bundestagsabgeordnete Interessierte aus ihren Wahlkreisen nach Berlin einladen, um ihnen dort einen Einblick in die politische Arbeit zu geben. Diese Reisen organisiert das Bundespresseamt.

Das Büro-Team von Martin Rosemann hatte mit dem Bundespresseamt versucht, die Fahrt für die Reisegruppe zu organisieren. "Sehr bemüht", wie Ute Tatzel-Nowel sagt. Absagen musste das Büro den Teilnehmerinnen und Teilnehmern dann dennoch. Hauptsächlich, weil es an den Tagen der Bundespresseamtsreise wohl keine Übernachtungsmöglichkeit für rund 40 Menschen mit Behinderung in Berlin gibt.

Ein Rollstuhlfahrer steht vor einer Treppe: Fehlende Barrierefreiheit bereitet Menschen mit Behinderung noch immer Probleme - auch einer Gruppe aus dem Zollernalbkreis.
Immer wieder gibt es Hürden, wenn es um die Teilhabe von Menschen mit Behinderung geht. Das hat auch eine Reisegruppe aus dem Zollernalbkreis erfahren, die nach Berlin fahren wollte.

Vertragshotels haben nicht ausreichend barrierefreie Zimmer

Das Bundespresseamt hat für die Berlinfahrten laut Rosemanns Büro Rahmenverträge mit bestimmten Hotels. In denen gebe es allerdings nicht genug barrierefreie Zimmer. Das Bundespresseamt könne pro Fahrt vier Personen mit Rollstuhl unterbringen, so ein Mitarbeiter von Martin Rosemann im Gespräch mit dem SWR. Ute Tatzel-Nowel und ihre Gruppe hätten dann selbst andere Hotels vorgeschlagen.

Das Problem: Das Bundespresseamt hätte die Kosten nur zum Teil erstatten können. Denn die Fahrt wäre ohne die Partnerhotels für die Reisegruppe aus dem Zollernalbkreis viel teurer geworden. Das Büro von Martin Rosemann hätte die gesamten Kosten für die Reisegruppe erstmal vorstrecken müssen und dann einen Teil zurückbekommen: "Für uns als Abgeordnetenbüro in keinster Weise zu stemmen", so der Mitarbeiter.

Hinzu komme, dass an den gefragten Tagen im Oktober in Berlin Großveranstaltungen seien. Auch die anderen angefragten Hotels hätten deshalb keinen Platz mehr für die Gruppe aus dem Zollernalbkreis. Mit dem Ergebnis: keine Bundespresseamtsfahrt für die Menschen mit Behinderung - und das trotz monatelangen Vorlaufs.

Absage ist für Menschen mit Behinderung "Stoß ins Herz"

Einen Schuldigen kann und will Ute Tatzel-Nowel nicht ausmachen. Die Absage bedeute für die Gruppe aber ein "Stoß ins Herz". Als Menschen mit Behinderung würden sie laufend Hürden erleben, wenn es um ihre Teilhabe gehe. Dabei sei genau die gesetzlich über das Bundesteilhabegesetz geregelt. "Papier ist sehr geduldig", sagt sie als Frau, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Im Juni kandidiert Ute Tatzel-Nowel bei der Kommunalwahl für einen Gemeinderat im Zollernalbkreis.

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