Lange hat er auf den Tag der Legalisierung von Cannabis gewartet: Nun kann und darf Luis Cavazzoli aus Nürtingen konkret planen. Der 24-Jährige hat sich seit einem Jahr intensiv für das neue Cannabis-Gesetz eingesetzt. Am Nachmittag hat der Bundestag mehrheitlich für den beschränkten Besitz und den Anbau von Cannabis gestimmt - ab dem 1. April 2024. Luis Cavazzoli hat die Entscheidung in Berlin herbeigesehnt. Denn er will einen Cannabis Social Club gründen.
Cannabis-Vereine in mehreren Städten in BW
Luis Cavazzoli will jetzt nach dem Bundestagsbeschluss einen Cannabis-Verein gründen, wie es ihn zum Beispiel als "CSC Rising Flowers" schon in Heidelberg gibt. In seiner Heimatstadt Nürtingen hätten sich schon 400 Interessentinnen und Interessenten gemeldet. Der Verein soll dann aber nicht "Cannabis Social Club" heißen, sondern "Cannabis Anbauverein". Auch in Reutlingen und Esslingen will Cavazzoli helfen, solche Vereine aufzubauen. In der Reutlinger Innenstadt hat er am Freitagnachmittag entsprechende Werbeflyer verteilt.
Mit dem grünen Licht aus Berlin will der 24-Jährige nun schnell die Vereinsgründung und den Eintrag ins Vereinsregister angehen. Im Hintergrund sei schon alles vorbereitet, so Cavazzoli. Hinzu kommt nun die Suche nach einer geeigneten Immobilie mit genügend Fläche für den Anbau. "Mit der ersten Ernte ist dann Ende des Jahres, ungefähr im Dezember zu rechnen", sagte der künftige Cannabis-Anbauer.
Cannabis-Gesetz habe noch Luft nach oben
Ein paar Paragraphen des neuen Cannabis-Gesetzes sind für Luis Cavazzoli allerdings noch diskussionswürdig: Der 24-Jährige hätte gerne pro Person mehr als die erlaubten drei Pflanzen mit einer monatlichen Cannabis-Ernte von 50 Gramm. "Die Obergrenze muss erhöht werden oder ganz wegfallen", so seine Meinung. Außerdem kritisiert er, dass in einem Umkreis von 200 Metern um die Anbauvereine kein Cannabis konsumiert werden darf. Hinzu kommt: Maximal 500 Mitglieder dürfen diese Clubs haben. Sollten in Reutlingen, Nürtingen oder Tübingen so viele Mitglieder zusammenkommen, rechnet Cavazzoli mit einer jährlichen Ernte von jeweils 150 Kilogramm Cannabis.
Arzt: Konsum vor allem für Jugendliche gefährlich
Der Mannheimer Suchtmediziner Patrick Bach sieht das Cannabis-Gesetz kritisch und hat gemischte Gefühle hinsichtlich der Bundestagsentscheidung. "In anderen Ländern mit Teil-Legalisierung von Cannabis wurden zentrale Ziele des Gesetzes wie etwa die Stärkung des Gesundheitsschutzes, des Jugendschutzes und die Verdrängung des Schwarzmarktes nicht erreicht", so Bach. Besonders für den Jugendschutz in Deutschland sei das Gesetz eine besondere Herausforderung. Denn es sei zu erwarten, dass die Zahl der Cannabis-Konsumenten unter den Jugendlichen erfahrungsgemäß deutlich zunehme.
Das erlaubt das neue Cannabis-Gesetz
Das Gesetz "zum kontrollierten Umgang mit Cannabis" soll ab 1. April gelten. Damit soll Erwachsenen der Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis für den Eigenkonsum im privaten Raum erlaubt werden. Im öffentlichen Raum soll die Höchstgrenze bei 25 Gramm liegen. Möglich werden soll zudem der private Anbau von bis zu drei Cannabis-Pflanzen zum Eigenkonsum.
Privat angebautes Cannabis muss jedoch vor dem Zugriff von Kindern und Jugendlichen geschützt werden. Außerdem dürfen nichtgewerbliche Anbauvereinigungen Cannabis künftig anbauen und an ihre Mitglieder zum Eigenkonsum weitergeben: maximal 25 Gramm pro Tag oder 50 Gramm pro Monat. Die Ausgabe von Cannabis an Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren ist auf 30 Gramm pro Monat mit einer Begrenzung des THC-Gehalts auf zehn Prozent zulässig.
Das am Nachmittag im Bundestag beschlossene Gesetz kommt noch abschließend voraussichtlich am 22. März in den Bundesrat. Zustimmungsbedürftig ist es nicht. Die Länderkammer könnte prinzipiell aber den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen und das Verfahren abbremsen. Gegen eine Vereinsgründung durch Luis Cavazzoli und andere Interessierte spricht erst einmal nichts - noch aber ohne Anbau.