Boris Palmer (parteilos) hat sich nach seiner Auszeit wieder in der Öffentlichkeit blicken lassen. Am Freitagabend hat er das Tübinger Sommerfest eröffnet. Traditionell übernimmt der Oberbürgermeister den Fassanstich. Dieses Jahr brauchte der OB dafür nur zwei Anläufe und hatte dabei sichtlich Spaß. Anspannung war dabei keine zu spüren. Auch die Tübingerinnen und Tübinger haben Palmer warm aufgenommen. Viele wollten ein Foto und sprachen ihm mutmachende Worte zu. Ab Montag ist der Oberbürgermeister dann wieder im Rathaus.
Was Boris Palmer in seiner Auszeit gemacht hat und wie er seinen Neuanfang angehen will, dazu will er sich nicht persönlich äußern. In einer Pressemitteilung der Stadtverwaltung wird er so zitiert:
Ob sich für Palmer und die Stadt Tübingen etwas ändern wird, das werde sich erst in der zukünftigen Arbeit zeigen, heißt es weiter.
Das sagen die Menschen in Tübingen zu Palmers Amtsrückkehr
Die Tübingerinnen und Tübinger sind gespalten, wenn es um ihren Oberbürgermeister geht. Viele Menschen hier schätzen Boris Palmer als Kommunalpolitiker, der viel für die Stadt erreicht hat. Für Andere ist er durch seine Entgleisungen untragbar geworden. Das zeigt auch eine nicht-repräsentative Umfrage des SWR.
Palmer verkündet "Neustart" auf Facebook
Am vergangenen Montag tauchte auch auf Facebook ein Lebenszeichen auf. Ein neues Profilbild: Palmer ganz entspannt, mit Vollbart und rot verspiegelter Sonnenbrille. "Gute Zeit" hat er unter das Bild geschrieben. Zwei Tage später der nächste Post: Palmer, wieder mit Sonnenbrille, Seite an Seite mit seinem Weggefährten Rezzo Schlauch. "Freunde bleiben", schreibt er dazu. Nach Palmers letzten verbalen Entgleisungen, die auch zu seinem Parteiaustritt bei den Grünen führten, hatte Schlauch sich öffentlichkeitswirksam von Palmer abgewandt.
Am Donnerstag dann ein Statement. In einem Beitrag mit dem Titel "Neustart" verkündet Palmer neue Spielregeln für seinen Facebook-Account. Palmer habe keine Lust mehr darauf, "ständig negative Energien aus Facebook aufnehmen zu müssen". Weil es unter seinen Beiträgen früher oft zu unsachlichen Auseinandersetzungen gekommen sei, sollen nun nur noch ausgewählte Profile kommentieren dürfen.
Gemischte Reaktionen aus dem Tübinger Gemeinderat
Im Tübinger Gemeinderat sind die Reaktionen auf Boris Palmers Rückkehr gemischt. In der Fraktion "Alternative Liste/Grüne" hat Palmer Rückhalt, hier sitzen viele seiner politischen Weggefährten. Gemeinderatsmitglied Rainer Drake glaubt daran, dass die Auszeit etwas verändern wird. "So wie ich ihn kenne, gehe ich fest davon aus, dass er seine Probleme ernsthaft angegangen ist und sich professionelle Hilfe geholt hat". Dass die Auszeit ihm gut getan habe, meint auch Gemeinderat Bernd Gugel. In privaten Begegnungen habe Palmer sehr gelöst gewirkt. "Aber in vier Wochen kann man einen Menschen nicht komplett umdrehen", meint Gugel, "da muss er jetzt dranbleiben."
Aus anderen Fraktionen kommen kritische Töne. Trotzdem erkennt man auch hier eine Zuversicht, dass Boris Palmer aus den letzten Eklats und seiner Auszeit lernen konnte. "In letzter Zeit habe ich schon öfter gedacht, dass er es jetzt langsam mal gelernt haben sollte", meint der SPD-Fraktionsvorsitzende Martin Sökler.
Der Fraktionsvorsitzende der Tübinger Liste, Thomas Unger, hofft ebenfalls auf eine Veränderung in der Zusammenarbeit. "Es wäre schön, wenn er gelernt hat, nicht immer das Schlusswort haben zu müssen." Für den Gemeinderat sei es wünschenswert, wenn Palmer in Zukunft auch andere Meinungen wertschätze. Allerdings, da sind sich die Gemeinderäte Sökler und Unger einig, müsse man Palmer an seinen zukünftigen Handlungen messen.
Grüne Abgeordnete äußern sich nicht zu Palmer
Auch bei Boris Palmers ehemaliger Partei, den Grünen, hat der SWR nach Reaktionen gefragt. Anfragen an den Tübinger Bundestagsabeordneten Chris Kühn und den Landtagsabgeordneten Daniel Lede Abal wurden nicht beantwortet. Palmers Parteiaustritt im Mai hatte der Bundestagsabgeordnete Chris Kühn noch als "konsequenten Schritt" bezeichnet, da Palmer sich inhaltlich und programmatisch schon lange von der Partei entfernt habe. Lange Zeit galt Kühn als parteiinterner Gegner Palmers.
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Stadtverwaltung konnte auch ohne Palmer arbeiten
Im Tübinger Rathaus hatte die einmonatige Auszeit Palmers wenig Auswirkungen. Nach Angaben der Stadtverwaltung haben die beiden Stellvertreter Cord Soehlke und Daniela Harsch den Oberbürgermeister vertreten. Dies hätten sie auch schon früher gemacht, wenn Palmer im Urlaub oder in Elternzeit war. Die letzten Wochen war er teilweise krank geschrieben, teils hatte er Urlaubstage genommen.
Wie es zu Palmers Auszeit kam
Immer wieder sorgte Boris Palmer in der Vergangenheit für negative Schlagzeilen. Zuletzt Anfang Mai: Am Rande einer Migrationskonferenz an der Uni Frankfurt hatte Palmer einen Eklat ausgelöst. Weil er mehrfach das N-Wort verwendet hatte und daraufhin als Rassist bezeichnet wurde, verglich er diese Vorwürfe mit einem Judenstern. Aufgrund heftiger Reaktionen in den sozialen Medien und in der Politik kündigte Palmer eine Auszeit an und trat bei den Grünen aus.