Die Konkurrenz ums Wasser wird härter

Wassermangel: So will Baden-Württemberg vorbeugen

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Jochen Braitinger
Heike Scherbel
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Katharina Fortenbacher-Jahn
Katharina Fortenbacher-Jahn, SWR Aktuelle Wirtschaft
Marcel Fehr
Marcel Fehr auf der CMT

Landwirtschaft, Industrie und Verbraucher - sie alle brauchen Wasser. Wie Messdaten aus baden-württembergischen Flüssen helfen sollen, einer Wasserknappheit frühzeitig vorzubeugen.

Wie viel Wasser steht in Baden-Württemberg zur Verfügung? Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg, LUBW, erhebt dazu regelmäßig Daten. Künftig sollen noch mehr Informationen erfasst werden. Denn: Obwohl das Land von jeher als wasserreich gilt, hat es in den letzten Jahren gehäuft Niedrigwasserstände gegeben. Auch wenn noch kein flächendeckender Wassermangel aufgetreten ist, die Niedrigwasserstände geben Anlass zur Sorge, dass das Wasser einmal doch nicht mehr reichen könnte. Ein Klima-Check der Gewässer im Land soll Aufschluss geben, wie brisant die Lage ist.

Wertvolles Wasser: Grundbedürfnis und Wirtschaftsfaktor

Je knapper das Wasser wird, desto drängender werden Verteilungsfragen. Die Konkurrenz zwischen Industrie und Landwirtschaft nimmt zu. Wer darf noch wie viel davon verbrauchen? So sind möglichst genaue Vorhersagen zur Wasserverfügbarkeit für viele Wirtschaftsbereiche wichtig. Damit lässt sich planen, wie viel Wasser entnommen werden kann und wie sich Hitze- und Trockenheitsphasen überstehen lassen. Auf genügend Wasser ist die Landwirtschaft angewiesen, genauso wie Kraftwerke, die das Wasser als Antrieb oder zur Kühlung verwenden oder auch die Flussschifffahrt und viele Branchen, die auf Transporte auf Flüssen setzen. Ebenso nutzen wir Verbraucher das Wasser: In Deutschland wird Trinkwasser zu 70 Prozent aus Grundwasser gewonnen.

Besonders relevant wird all das mit zunehmender Hitze - wenn gleichzeitig besonders viel Wasser verbraucht wird aber auch tendenziell weniger davon zur Verfügung steht. Das ist eine Herausforderung - auch für Wasserversorger.

Wasserwerk in Leimen rüstet auf und sichert Versorgung

Eigentlich ist die Wasserversorgung in der Rheinebene kein Problem: Das Grundwasser fließt knapp zwei Meter unter der Erde. Trotzdem gibt es im Raum Heidelberg Schwierigkeiten. Im Gegensatz zu früher wird zu Stoßzeiten erheblich mehr Wasser verbraucht. Vor allem während heißer und trockener Sommer, erklärt Hans Reinwald (CDU), Oberbürgermeister von Leimen (Rhein-Neckar-Kreis): "Die Menschen bewässern ihre Gärten, trinken mehr und brauchen Abkühlung."

Um diese Spitzenlasten abzufangen hat der Zweckverband Hardtgruppe, der die Wasserversorgung für Leimen, Sandhausen und Walldorf sicherstellt seine Kapazitäten erhöht: mehr Brunnen, größere Speicher und dickere Leitungen. Rund 60.000 Haushalte und der Software-Riese SAP werden von hier aus mit Wasser versorgt.

An sich ist der Wasserverbrauch pro Kopf sogar zurückgegangen. Dennoch sorgen die langen, heißen und trockenen Sommer für Engpässe, weil dann phasenweise deutlich mehr verbraucht wird als sonst. An einem normalen Tag verbraucht ein Mensch in dieser Region circa 140 Liter pro Kopf und Tag. Das steige bei Hitzeperioden stark an, mahnt Oberbürgermeister Hans Reinwald. Bis zu 13.000 Kubikmeter Wasser würden zu Stoßzeiten pro Tag benötigt. Mehr als das Wasserwerk liefern kann. Deshalb wird zu diesen Spitzen auf Wasserspeicher zurückgegriffen, damit der Wasserhahn zuhause nicht trocken bleibt.   

Fachleute sammeln stetig Daten zu den Pegelständen im Land

An den Flüssen in Baden-Württemberg gibt es über 250 Messstellen. Beispielsweise an der Nagold bei Altensteig. Hier erklärt Martin Treis, wie der Pegelstand gemessen wird, und was sich daran ablesen lässt. Der Ingenieur überprüft bei der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) seit über 20 Jahren die Wasserstands-Messstellen im Land. Regelmäßig muss sichergestellt werden, dass die Anlagen funktionstüchtig sind, also zum Beispiel nicht von Treibholz verstopft.

Beobachtung der Pegelstände gibt Anlass zur Sorge

Obwohl es noch früh im Jahr ist, beobachten Fachleute wie Martin Treis von der LUBW bereits sehr niedrige Pegelstände. Und sie erwarten, dass so etwas in Zukunft häufiger vorkommen wird.

Das derzeitige Niedrigwasser in den Bächen und Flüssen sei außergewöhnlich niedrig für die Jahreszeit, beziehungsweise früh im Jahr, erklärt eine Sprecherin der Landesanstalt für Umwelt (LUBW). Üblicherweise entwickelten sich entsprechende Niedrigwasser eher im Spätsommer und nicht bereits Mitte Juni.

Die Expertinnen und Experten beobachten und vergleichen nicht nur die Pegelstände regelmäßig, sondern auch die Abflüsse aus den Gewässern. Im Sommer steht weniger zur Verfügung als in der Vergangenheit, und auch über eine längere Dauer, als früher, erklärt Experte Martin Treis.

Gezeigt wird ein sogenannter Wasserflügel zum Messen des Wasserabflusses
Mit einem sogenannten Wasserflügel messen Fachleute der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg den Abfluss aus der Nagold.

Das Land will noch umfassender Daten erheben, um einem Wassermangel besser gegensteuern zu können.

"Die Vorhersagen sprechen jetzt schon davon, dass es zu 20 Prozent weniger Grundwasser-Neubildung kommen kann."

Umso mehr gelte es, vorzusorgen und Strategien zu entwickeln, um das Wasser besser in der Fläche zu halten.

Im Interview mit SWR Aktuell hat Landes-Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) im Frühjahr erläutert, wie Baden-Württemberg Niedrigwasser und Wassermangel frühzeitig erkennen und gegensteuern will.

Kampf gegen Wassermangel Rhein-Niedrigwasser: BW-Ministerin für länderübergreifenden Krisenplan

Wie kann man dem drohenden Niedrigwasser am Rhein besser entgegenwirken? Darüber beraten gerade Experten in Mannheim. BW-Umweltministerin Walker fordert im SWR mehr Zusammenarbeit.

Vergangenes Jahr hat das Grundwasser in vielen Teilen des Landes einen viel zu niedrigen Stand erreicht. Die Analysen der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) in Karlsruhe zeigen, dass die Grundwasserstände im Juli 2022 teilweise an der Untergrenze des Normalbereichs lagen - und sogar darunter. An vielen Orten wurden für den Juli demnach die niedrigsten Werte seit 30 Jahren erreicht, so die Umweltbehörde.

Problematisch sei der niedrige Grundwasserstand für die Umwelt, warnt die LUBW. Die sogenannte Bodenfeuchte nehme ab, die Böden trockneten aus. Die Wasserverfügbarkeit ist gerade auch für Wälder wichtig. Sind die Böden nicht feucht genug, und sinkt das Grundwasser zu tief ab, könnten die Wurzeln es nicht mehr erreichen.

So erhöhen Trockenheit und Wassermangel auch die Gefahr von Waldbränden. Die aktuelle Lage hat bereits vergangene Woche eine Warnung der Landesregierung ausgelöst.

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