Die Situation der Tafelläden im Land hat sich auch zum Jahresende nicht verbessert. Viele der lokalen Ausgabestellen müssten immer wieder ihre Angebote rationieren, sagt Udo Engelhardt, Vorstandsmitglied der Tafel Baden-Württemberg, und ergänzt: "Das ist kein schöner Job, aber es geht nicht anders." Etwa jede vierte der 147 Tafeln nehme aktuell sogar keine neuen Kunden mehr auf.
Kaum noch Warteschlangen Ravensburger Tafelladen hat neues Einlass-System
Vor dem Ravensburger Tafelladen gibt es nach Auskunft des Trägers kaum noch Warteschlangen. Der Grund: Eine Software weist Bedürftigen jetzt feste Einkaufszeiten zu.
Mehrere Hunderttausend Menschen nutzen Angebot der Tafeln in BW
"Wenn wir mehr Lebensmittel hätten, würden auch mehr Kunden kommen", sagt Engelhardt. Mehrere Hunderttausend Menschen nutzen nach Angaben der Tafel mittlerweile das Angebot im Land - rund zwei Drittel von ihnen sind Seniorinnen und Senioren. Es kämen aber auch Alleinerziehende, Arbeitslose, Geringverdiener sowie Menschen mit Migrationsgeschichte. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Februar 2022 sei die Zahl der Bedürftigen noch einmal gestiegen.
"Die Menschen gehen vor allem zur Tafel, weil das Bürgergeld oder die Rente nicht ausreichen, um ganz normal im Supermarkt einkaufen zu gehen", erklärt Ulf Hartmann, der Verbandschef des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Baden-Württemberg.
Lebensmittel werden immer knapper Tafeln im Ostalbkreis: "Situation ist in den letzten Jahren schlimmer geworden"
Die Spenden der Discounter an die Tafeln werden immer weniger. Tafeln im Ostalbkreis dämpfen den Rückgang durch ein eigenes Lager mit Spenden direkt aus der Lebensmittelindustrie.
Verband: Jeder siebte Mensch in Baden-Württemberg arm
Mehr als 1,5 Millionen Menschen sind in Baden-Württemberg nach Verbandsangaben derzeit von Armut betroffen - das ist jeder Siebte im Land. Nur in Bayern sei die Armutsquote niedriger. Die Tafeln seien daher als Anlaufstelle nicht wegzudenken, sagt Hartmann. "Sie sind eine wichtige, nicht staatliche Institution, die es von Armut betroffenen Menschen ermöglicht, sich mit Lebensmitteln zu versorgen."
Tafelläden benötigen mehr Lebensmittelspenden
Das Problem dabei: Nach wie vor erhalten die Tafeln laut Engelhardt zu wenig Lebensmittelspenden, auch vom Einzelhandel. Zwar seien auch Geldspenden wichtig, um etwa Betriebs- und Transportkosten zu decken, betont Engelhardt. Allerdings dürfen Tafeln nur überschüssige und noch verwertbare Lebensmittel sammeln, nicht aber selbst kaufen. Wer helfen will, könne also Lebensmittel kaufen und in einer der Tafelläden vorbeibringen, am besten Grundnahrungsmittel, Trockenprodukte oder Konserven mit einem langen Mindesthaltbarkeitsdatum.
Wenig Geld in der Weihnachtszeit "Mama, wir sind arm": Zwei Alleinerziehende und ihr herausfordernder Alltag
Kein Geld für den Weihnachtsmarkt oder neue Kleider: Zwei alleinerziehende Mütter aus Karlsruhe und Stuttgart erzählen, was es bedeutet, auf Hilfen vom Staat angewiesen zu sein.
Tafel BW: Grundversorgung ist Aufgabe des Staats
Dennoch sind die Tafeln aus Sicht von Engelhardt nicht zuständig für die Grundversorgung der Menschen, das sei immer noch Aufgabe des Staats. Die Kapazitäten der Helferinnen und Helfer seien begrenzt, auch wenn die Zahl der Ehrenamtlichen in den vergangenen Jahren zugenommen habe.