Den Tafelläden geht es schlecht. Auf der einen Seite gehen die Spenden gehen zurück. Auf der anderen vermehrt sich die Zahl der Anwärter sprunghaft. Folge: Manche Tafeln mussten schon dicht machen, andere zumindest einen Aufnahmestopp verhängen. Nicht so in Aalen: Die Stadt im Ostalbkreis bewältigt die Tafel trotz des Zuwachses durch Ukraineflüchtlinge gut.
Stammkundin seit 20 Jahren bei der Aalener Tafel
Gertrud Eiberger wartet geduldig in der Schlange. Die Rentnerin kommt schon seit etwa 20 Jahren zur Aalener Tafel, jede Woche zwei bis drei Mal. Ihre schmale Rente lässt ihr keine Wahl. "Am Anfang hab ich Hemmungen gehabt, wenn Bekannte aus früheren Zeiten gekommen sind. Aber jetzt macht's mir nichts mehr. Ich mach' keine Werbung, aber ich steh' dazu."
Stoßweise werden die Kundinnen und Kunden ab zehn Uhr vormittags in den Tafelladen gelassen. An diesem Tag stehen gerade mal 60 Leute in der Schlange, vielleicht wegen des Dauerregens. Ältere sind dabei, mehrere Männer mittleren Alters, aber auch junge Mütter mit Kinderwagen.
Geflüchtete aus der Ukraine verdreifachen die Kundenanzahl
Durch den Krieg in der Ukraine und als Folge die vielen Geflüchteten ist auch in Aalen die Zahl der Tafelkundinnen und -kunden sprunghaft angestiegen: Vor dem Krieg hat Projektleiter Gerhard Vietz pro Jahr 200 bis 220 Berechtigungsausweise ausgestellt. Letztes Jahr 550. Und in diesem bisher bereits knapp 670. Zwei Drittel davon für Geflüchtete aus der Ukraine.
Wegen deren ständig wachsender Zahl hat es bei der "Stammkundschaft" der Aalener Tafel mächtig im Gebälk geknirscht, erinnert sich der Vorsitzende des Trägervereins, der evangelische Pfarrer Bernhard Richter. Klagen, die Ware würde nicht für alle reichen, waren zeitweise an der Tagesordnung. Die länger gewordenen Wartezeiten haben auch nicht alle akzeptiert - manche sind tatsächlich weggeblieben.
Was den Neid nach Richters Beobachtung zusätzlich geschürt hat: Manche Geflüchtete sind mit großen Autos - teilweise SUV's - zum Einkaufen auf dem kleinen Parkplatz neben dem Tafelladen vorgefahren. Möglicherweise das einzige Stück Privatbesitz, das sie aus der Heimat mitgebracht haben. Trotzdem etwas unsensibel gegenüber Menschen, die vielleicht noch nie im Leben ein Auto besessen haben, findet der Vorsitzende des Trägervereins.
Ausreichend Ware für alle
Dabei müssen sich die Aalener Tafelkundinnen und -kunden keine Sorgen machen, dass sie ohne Joghurt oder Duschgel nach Hause gehen müssen. "Die Ware wird so portioniert, dass auch diejenigen, die zwei Stunden in der Schlange warten mussten, noch etwas bekommen", beruhigt Bernhard Richter. Und er stellt grundsätzlich klar: Der Aalener Tafel droht weder eine Schließung noch ein Aufnahmestopp. Außerdem hat die Aalener Tafel trotz der anhaltenden Inflation die Preise nicht erhöht.
Zwar müssen sich er und sein Team täglich dafür einsetzen, dass die Regale des erst vor kurzem renovierten Ladens regelmäßig gefüllt sind. Doch die Aalener Tafel ist gut in der Stadtgesellschaft verankert und akzeptiert, so Richter. "Das heißt, dass wir Spender haben: Die öffentliche Hand, Einzelspender, Service-Clubs wie Rotary und Lions, auch Discounter, die uns einfach helfen, dass wir jeden Tag genug Ware haben."
Ehrenamtliche helfen mit
Auch helfende Hände hat die Aalener Tafel in ausreichender Zahl. Ehrenamtliche räumen die Regale ein und kassieren die Kundschaft ab. Und eine spezielle - nicht ganz so freiwillige - Gruppe: Erwachsene und Jugendliche, die zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt sind, weil sie beispielsweise ohne Führerschein am Steuer erwischt wurden.
Wobei Bernhard Richter eine Erfahrung gemacht hat: Manche von ihnen fühlen sich bei der Tafel so wohl, dass sie nach der letzten Sozialstunde ehrenamtlich weiter mitarbeiten.