Normalerweise tummeln sich die 1.600 Legehennen von Landwirt Jonas Kaufmann in Efringen-Kirchen (Kreis Lörrach) auf einer großen Wiese an der frischen Luft. Doch wegen der Stallpflicht, die seit zwei Wochen im Landkreis gilt, muss der Landwirt seine Freilandhühner einsperren.
Damit wollen die Behörden verhindern, dass sich die Vogelgrippe, die sich derzeit im Südwesten immer mehr ausbreitet, auch auf das Hausgeflügel überträgt. Hühner, Puten, Gänse und Enten müssen in geschlossenen Ställen und Gehegen untergebracht werden. Insgesamt 1.200 Geflügelhaltungen im Landkreis Lörrach sind betroffen, darunter auch der Betrieb von Jonas Kaufmann.
Engmaschige Kontrolle der Legehennen
Wer den Stall von Jonas Kaufmann betreten will, muss durch eine Desinfektionsschleuse. Der Landwirt kontrolliert seine Legehennen momentan viel häufiger als sonst. Haben sie Schnupfenanzeichen? Sieht das Gefieder gesund aus? Den Mehraufwand kann Kaufmann nach eigenen Angaben jetzt vor dem Frühjahr noch stemmen.
Landwirt befürchtet Verletzungen in der Enge des Stalls
Aber Sorge bereitet dem Landwirt nicht nur, dass die Geflügelpest ausbrechen könnte, sondern auch dass sich seine Freilandhühner im Stall gegenseitig verletzen könnten. Es fehlt an Platz. Sobald seinen Legehennen langweilig ist, erklärt Kaufmann, könnte es sein, dass sie sich gegenseitig anpicken. Im Stall hätten sie nur wenig Raum zum Ausweichen. Zum Hintergrund: Ein Huhn pickt rund 15.000 Mal am Tag, aber nur rund 3.000 Mal zur Futteraufnahme.
Damit also keine Langeweile im Stall aufkommt, sollen Strohballen und Picksteine die Hennen beschäftigen. Außerdem streut Kaufmann Weizenkörner aus, damit sein Federvieh etwas zu tun hat. So soll sich die beengte Situation im Stall entspannen.
Landwirt kann Stallpflicht nachvollziehen
Für die Stallpflicht hat Jonas Kaufmann Verständnis. Nicht weit von seinen beiden Hühnerställen wurde die Geflügelpest bereits offiziell nachgewiesen.
Bei Ausbruch der Geflügelpest müssten tausende Tiere getötet werden
Eine der Hauptgefahren geht aus Sicht des Landwirts von Nilgänsen aus. Wegen der warmen Temperaturen verbreiten sich diese Zugvögel immer mehr in der Region und könnten so die Geflügelpest einschleppen. Im schlimmsten Fall müsste Jonas Kaufmann seine Hühner keulen lassen.
Doch das will sich der Landwirt gar nicht erst ausmalen. "Der Amtstierarzt würde kommen und die Hühner wahrscheinlich mit Strom betäuben und dann über einen Schnitt in die Arterie ausbluten lassen und dann entsorgen", erläutert der Landwirt. Dies hätte fatale Folgen, vor allem finanzielle: Pro Stall wäre das ein Schaden von rund 16.000 Euro, allein für die Tiere. Eier nicht eingerechnet.
Die Stallpflicht im Kreis Lörrach bleibt noch mindestens bis zum 8. März bestehen. Jonas Kaufmann hofft, seine Hühner spätestens Mitte März wieder in die Freiheit entlassen zu können.
Keine landesweite Stallpflicht trotz Ausbreitung der Geflügelpest
Die Vogelgrippe verbreitet sich seit Wochen im Südwesten. So sind inzwischen auch Kommunen in den Landkreisen Böblingen, Reutlingen, Tübingen oder Karlsruhe betroffen. Auch im Stadtgebiet Freiburg gilt die Stallpflicht. Das für die Krankheit verantwortliche Virus wurde in der Probe eines am Dietenbachsee verendeten Schwans nachgewiesen.
Trotz der neuen Vogelgrippe-Fälle will das zuständige Ministerium derzeit keine landesweite Stallpflicht für Geflügel. Da es sich bisher nicht um ein flächendeckendes Seuchengeschehen handle, seien die Voraussetzungen für eine sogenannte Aufstallungsordnung nicht gegeben, hieß es im Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Stuttgart am Freitag auf dpa-Anfrage. Man stehe mit den Behörden und Experten in Kontakt, um auf Veränderungen sofort reagieren zu können. Besonders wichtig sei außerdem, dass Geflügelhalter, Tierparks und Zoos alle Maßnahmen einhielten. Das sei das "Gebot der Stunde".