In den 80er- und 90er-Jahren soll es im ehemaligen St. Augustinusheim in der Wintererstraße in Freiburg zu Gewalt durch Erzieherinnen und Erzieher und zwischen Kindern gekommen sein. Auch gibt es Missbrauchsvorwürfe gegenüber den damaligen Heimleiter. Eine externe Studie des Münchner Forschungsinstituts IPP, im Auftrag des verantwortlichen Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), ergab nun: Es gab Fälle sexualisierter, körperlicher und psychischer Gewalt. Laut Studie habe es auch daran gelegen, dass das Personal unterbesetzt und überlastet gewesen sei.
SWR-Reporter Owusu Künzel war bei der Pressekonferenz des Sozialdiensts katholischer Frauen und schildert seine Eindrücke im Video:
Studie führt die Gewalt auf strukturelle Mängel zurück.
Auslöser für die Studie war ein konkreter Vorwurf, der 2021 gegen den früheren Heimleiter erhoben worden war: Er soll einen Jungen aus dem Heim zwischen 1985 und 1997 mehrfach bei sich zu Hause übernachten haben lassen. Zur Aufklärung analysierte das Münchner Forschungsinstitut Interviews mit Beteiligten, Verantwortlichen und Experten. Der Vorwurf des Missbrauchs gegen den ehemaligen Heimleiter konnte nicht bestätigt werden, da das mutmaßliche Opfer inzwischen gestorben ist.
Die Studie führt die Gewalt auf strukturelle Mängel zurück. Das Heim habe durch Überbelegung und Personalmangel Gewalt zwischen den betreuten Kindern und Jugendlichen nicht verhindern können. Wirtschaftliche Zwänge haben sich demnach direkt auf die pädagogische Arbeit und das Schicksal junger Menschen ausgewirkt. So genannte Ein-Personen-Schichten sind in der Kinder- und Jugendhilfe teilweise immer noch üblich. Laut SKF-Geschäftsführerin Mara Roth sehe der Rahmenvertrag für Baden-Württemberg für die Jugendhilfe in weiten Strecken vor, dass eine Person für sieben Kinder und Jugendliche über längere Zeit am Tag allein zuständig ist.
Verschiedene Formen von Gewalt im St. Augustinusheim in Freiburg
In der Studie wird von Übergriffen und Misshandlungen auch durch Erzieherinnen und Erzieher berichtet. Kinder seien teilweise für längere Zeit eingesperrt worden. Dazu heißt es in der Studie: "Ein Betreuer setzte sich wiederholt auf Kinder, um diese zu 'beruhigen'. Wenn Kinder abends nicht schlafen gehen wollten, wurden sie ins Bett gezogen und dort festgehalten." Trotz der Gewalttaten wurde der Studie zufolge festgestellt, dass es sich beim St. Augustinusheim während des Untersuchungszeitraums um kein gewaltaffines Erziehungssystem handelte. Die meisten Erzieherinnen und Erzieher hätten schon damals eine prinzipiell grenzachtende und wertschätzende Pädagogik vertreten.
Aber auch unter den Jugendlichen wurde von Gewalt und Misshandlungen berichtet. Jugendliche, die schon seit längere Zeit in der Einrichtung waren, hätten sich organisiert, um andere unter Druck zu setzen. Das Personal habe beispielweise sexualisierte Übergriffe zwischen den Kindern nicht verhindert.
Sozialdienst katholischer Frauen hat Maßnahmen ergriffen
Der Sozialdienst katholischer Frauen will aus den Vorfällen lernen und sich für die Zukunft besser aufstellen. Auf der Pressekonferenz anlässlich der Veröffentlichung der Studie teilte der Verein mit, dass man inzwischen mit einem Schutzkonzept arbeite. Ebenso würden regelmäßige Schulungen eingeführt und auch der interne Austausch im Team erhöht.