Die deutschlandweit weitergereichte Fackel in Engelsform, die der Vater eines verstorbenen Mädchens aus Steinen im Kreis Lörrach entworfen hat, will die Arbeit der Kinderhospize stärker ins Licht der Öffentlichkeit bringen. Damit soll auch der Scheu gegenüber Familien mit einem unheilbar kranken Kind entgegengewirkt werden.
Arbeit der Kinderhospize ins Licht der Öffentlichkeit bringen
Familie Rieger aus Schliengen, deren Tochter eine angeborene und nicht heilbare Muskelerkrankung hat, kennt diese Scheu. Dabei, sagt Mutter Carena Rieger, haben Familien mit diesem Schicksal anderen Familien durchaus etwas anzubieten: "Dass man Flexibilität im Alltag braucht, dass das auch funktioniert und dass verschiedene Hände, wenn sie ineinandergreifen, ganz, ganz viel erreichen können."
Während Carena Rieger das sagt, fährt ihr Mann Marc gerade die gemeinsame Tochter Mira und ihre Freundin Charlotte auf zwei kleinen Rollstühlen nebeneinander durch den Hof hinter dem Haus. Beide sieben Jahre alten Mädchen wirken vergnügt.
Nach Diagnose des Kindes war die Welt eine andere
Über Mira und ihre zwölf Jahre alte Schwester Belle sagt die Mutter: Sie sind wahre "Lebensfreudesprudler". Bis Kinder und Eltern zu dieser Lebensfreude wieder zurückgefunden hatten, brauchte es etwas Zeit – nach der Diagnose "Kollagen-VI Muskeldystrophie" im Juni 2020. Schätzungsweise rund 500 Patienten in Deutschland leiden unter der angeborenen und bislang nicht heilbaren Krankheit, die mit Muskelschwäche und Atemproblemen einhergeht.
Für Carena Rieger und ihren Mann war Miras Diagnose damals ein schwerer Schicksalsschlag: "In dem Moment war unsere Welt nicht mehr wie sie mal war. Vorstellungen, wie z.B. dass Mira heiratet, Kinder kriegt, daran teilhaben… ." Eine Menge Zukunftsträume sind mit der Diagnose zerplatzt.
Familie hat Schicksal angenommen
Carena Rieger, die eine Wohnanlage für Menschen mit Behinderung in Müllheim leitet, und ihr Mann haben gemeinsam das Schicksal angenommen. Sie haben dabei entdeckt, dass das Leben immer noch "sehr, sehr viel Schönes zu bieten" hat.
Trotzdem tauchen Trauer und Wut immer wieder auf, erzählt Mutter Carena Rieger: "Wir begleiten ein Kind, was sich vom Kopf her weiterentwickelt, aber körperlich Rückschritte macht. Das ist ein sehr schwieriger Prozess und der geht mit vielen Tränen, auch mit vielen Diskussionen mit ihr einher, weil sie ganz viel in ihrem Leben nie machen kann."
Mira muss zwei Mal in der Woche zur Physiotherapie und nun nachts an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden. Carena Rieger erzählt, was Mira sie dazu gefragt hat: "Mama, wie schaffe ich das, das ich die wieder loskriege. Und die ehrliche Antwort war: Nein, die bekommst Du nicht mehr los."
Familie Rieger will verbliebene Zeit genießen
Carena Rieger und ihr Mann wollen sich nicht nur mit dem beschäftigen, was für sie schwer zu ertragen ist, sondern ihre Energie lieber für Mira einsetzen. Sie wollen die Zeit bewusst leben, die ihnen mit Mira noch bleibt. Wie lange das noch ist, wissen sie nicht. Carena Rieger umschreibt es so: "Über einen Studienplatz für Mira müssen wir uns keine Gedanken machen."
Kinderhospize sollen unterstützt werden
Familie Rieger unterstützt den bundesweiten "Kinder-Lebens-Lauf", der mit einer Fackel durch ganz Deutschland und gerade durch den Landkreis Lörrach führt. Das Ziel: Auf die Hilfsangebote der Kinderhospize aufmerksam zu machen und auch auf das Schicksal von Familien mit unheilbar kranken Kindern. Wir sind mit den Familien ein bischen unter dem Radar.
"Wir sind mit den Familien ein bischen unter dem Radar", sagt die südbadische Botschafterin des "Kinder-Lebens-Laufs", Tanja Ernst. Carena Rieger rät auch Familien mit gesundem Nachwuchs, gegenüber den eigenen Kindern Trauer oder andere Schwierigkeiten im Leben nicht auszublenden, "weil ich die Kinder dadurch nicht stark mache. Ich gebe ihnen kein Handwerkszeug an die Hand, was sie machen, wenn´s wirklich mal schwierig ist. Und das wird jedem von uns im Leben mal passieren."