Beschäftigte der Uniklinik Freiburg sind am zweiten Tag des Warnstreiks auf die Straße gegangen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Es ist bereits der dritte Warnstreik in den laufenden Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft ver.di und den vier Unikliniken im Land. Mit dem Streik wolle man "mit maximalem Druck" in die vorerst letzte Verhandlungsrunde am 3. Juli gehen, heißt es von ver.di.
"Mehr von uns ist besser für alle"
Laut Gewerkschaft beteiligten sich am Dienstag 550 Angestellte am Streik, bei der Demonstration zählte ver.di rund 1.000 Beschäftige. Sie zogen in gelben Warnwesten, laut pfeifend mit Schildern und Transparenten von der Uniklinik durch die Fußgängerzone auf den Augustinerplatz. Dort fand abschließend eine Kundgebung statt. Immer wieder riefen die Demonstrierenden mit Bezug auf die Arbeitsbelastung: "Mehr von uns ist besser für alle!" Auf der Kundgebung berichtete eine junge Pflegekraft, wie schnell wegen des Personalmangels brenzlige Situationen auch für Kinder auf den Stationen entstehen können. Eine Auszubildende im ersten Lehrjahr sagte, sie habe noch eine lange Zukunft vor sich, wisse aber nicht, wie sie unter den aktuellen Arbeitsbedingungen so lange in dem Job arbeiten könnte.
Die Gewerkschaft fordert ein Zukunftspaket für rund 26.000 Beschäftigte an den Kliniken in Freiburg, Tübingen, Heidelberg und Ulm. Dazu zählen neben Geld auch Zeitregelungen zur Entlastung und eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
Stimmen von Streikenden an der Uniklinik Freiburg:
Operationen und Ambulanztermine werden verschoben
Wegen des Streiks hatte die Uniklinik Freiburg bereits vorab angekündigt, dass nicht dringend erforderliche Operationen und Ambulanztermine verschoben werden. So wurden laut Uniklinik schon am Montag rund 60 Operationen streikbedingt abgesagt - das entspricht der Hälfte der geplanten Operationen. Auch am Dienstag fand nur etwa die Hälfte der Eingriffe statt, so ein Kliniksprecher. Während der Dauer des Streiks bis einschließlich Mittwoch habe man sich mit der Gewerkschaft auf einen Notdienst geeinigt.
Notfallversorgung ist sichergestellt
Die Notaufnahme sei geöffnet und eine Versorgung der stationären Patientinnen und Patienten auf Wochenendniveau sei sichergestellt. Johannes Faber, Pressesprecher der Uniklinik Freiburg sagte, dass der dreitägige Warnstreik die Uniklinik an die Grenze des Zumutbaren bringe: "So ein langer Streik ist auch für die Bevölkerung eine große Belastung." Deswegen hoffe er, dass dieser Streik der letzte sei und bald eine gemeinsame Lösung am Verhandlungstisch gefunden werde.
Laut ver.di hatten sich am Montag rund 400 Beschäftigte an dem Warnstreik beteiligt, auch für den Mittwoch rechnet man mit 400 bis 500 Beteiligten. Die Gewerkschaft hatte allein in Freiburg rund 10.000 Klinikbeschäftigte zum Streik aufgerufen - darunter Azubis, Rettungsdienstfahrer und Pflegefachkräfte.
Symbolischer roter Teppich für die Beschäftigten in Tübingen
Auch am Uniklinikum Tübingen werden während des Streiks Notfälle behandelt. Schwangere sollten auf jeden Fall kommen, wenn sie Wehen hätte oder Probleme, so die Uniklinik. Was aber nicht dringend sei, könne dem Warnstreik zum Opfer fallen. Ver.di rechnete in Tübingen am Montag mit mindestens 500 Streikenden. Am Morgen war ein Demonstrationszug in die Innenstadt geplant sowie eine Kundgebung bei der Stiftskirche. Außerdem wollte die Gewerkschaft einen symbolischen roten Teppich für die Beschäftigten ausrollen. Zu den ver.di-Mitgliedern an der Tübinger Uniklinik zählen unter anderem Pflegekräfte, Verwaltungsmitarbeitende, Therapeuten und Technikerinnen.
Gewerkschaft will Teufelskreis mit attraktiven Arbeitsbedingungen durchbrechen
Für Jakob Becker, Verhandlungsführer von ver.di, ist der Mangel an Personal ein Teufelskreis: "Belastende Arbeitsbedingungen führen zur Flucht in die Teilzeit und diese unnötige Verknappung von Personal verschärft die Situation weiter", sagte er bei der Ankündigung des Streiks.
Forderung nach höherem Gehalt und besseren Arbeitsbedingungen
In den Tarifverhandlungen mit dem Arbeitgeberverband der baden-württembergischen Uniklinika (AGU) fordert ver.di für die rund 30.000 Beschäftigten elf Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro mehr pro Monat. Zudem verlangt die Gewerkschaft die Einführung eines Lebensphasenkontos, eine Entlastung von Pflegekräften sowie eine bessere Ausbildungsqualität. Bei den Verhandlungen geht es um Beschäftigte, für deren Arbeitsverhältnisse der Tarifvertrag Uniklinika Baden-Württemberg gilt. Ärzte oder wissenschaftliches Personal fallen unter andere Tarifverträge.
Rote Linien sind unverrückbar
Der Arbeitgeberverband der Uniklinika (AGU) zeigt kein Verständnis für den Warnstreik. Es gebe klare Grenzen, die keinesfalls überschritten werden könnten, erklärte die AGU am Freitag. Was diese roten Linien genau sind, ist nicht klar. Der Arbeitgeberverband stellte fest, dass man aber weiterhin die feste Absicht habe, am Mittwoch wie geplant eine Einigung im Tarifkonflikt zu erreichen.