In Freiburg haben am Samstag Dutzende Menschen für eine Legalisierung von Abtreibungen in den ersten 12 Schwangerschaftswochen demonstriert.

Abschaffung des Paragrafen 218 gefordert

Protest in Freiburg: Rechte von ungewollt Schwangeren stärken, Abtreibungen entkriminalisieren

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Autor/in
Anita Westrup
Anita Westrup ist Reporterin und Redakteurin im SWR Studio in Freiburg.
Sandra Helmeke

In Freiburg haben am Samstag Dutzende Menschen für eine Legalisierung von Abtreibungen in den ersten 12 Schwangerschaftswochen demonstriert. Bislang sind Abtreibungen verboten.

Unter dem Motto "Legal, einfach und fair - für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruches in Deutschland" haben sich am Samstagnachmittag rund 50 Menschen auf dem Platz der Alten Synagoge in Freiburg versammelt. Sie forderten einen sicheren und legalen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen und die Abschaffung des Paragrafen 218 im Strafgesetzbuch. Zum Protest hatte das Bündnis "Wegmit§218" Freiburg aufgerufen. Anlass war der "Safe Abortion Day" am 28. September, an dem bundesweit Tausende Menschen auf die Straße gingen.

Liberalisierung von Abtreibungsrecht gefordert

"My body, my choice" - nur einer von vielen Slogans auf den Plakaten und Bannern der Demonstrantinnen und Demonstranten in Freiburg. Mit dem Aktionstag machte das Bündnis "Wegmit§218" auf die schwierige Situation von ungewollt Schwangeren aufmerksam. Sie würden von der Gesellschaft alleingelassen und kriminalisiert werden. Der Paragraf 218 sorge für Angst und Scham bei den Frauen, die ihre Schwangerschaft abrechen möchten. Das Bündnis "Wegmit§218" hat im Rahmen der Demonstration für mehr Selbstbestimmung geworben. Frauen müssten selbst über ihr eigenes Leben bestimmen dürfen. Zudem müsse es mehr Ärztinnen und Ärzte geben, die Schwangerschaftsabbrüche durchführten und nicht durch den Paragraf 218 stigmatisiert werden würden. Die Beratung vor der Abtreibung solle freiwillig sein statt ein Pflichttermin.

Parallel zum Protest läuft eine bundesweite Petition zur Abschaffung des Paragrafen 218. Zehntausende Unterschriften sind bereits zusammengekommen.
Parallel zum Protest läuft eine bundesweite Petition zur Abschaffung des Paragrafen 218. Zehntausende Unterschriften sind bereits zusammengekommen.

Regelungen für Schwangerschaftsabbrüche sind umstritten

Bisher gilt: Wer in Deutschland ungewollt schwanger wird und abtreiben möchte, macht sich laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuches strafbar. Abtreibungen sind generell verboten, bleiben jedoch straffrei, wenn sie innerhalb der ersten drei Schwangerschaftsmonate erfolgen und die schwangere Frau eine Beratung in Anspruch nimmt. Seit Jahren diskutieren verschiedene Gruppen über die Abschaffung des Paragrafen.

Expertenkommission: Abtreibungen entkriminalisieren

Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission hatte im Frühjahr eine Reform des Abtreibungsrechts nahegelegt. Das Gremium empfahl, Abtreibungen im frühen Stadium der Schwangerschaft zu erlauben und nicht mehr im Strafrecht zu regeln. Die Bundesregierung ließ offen, ob sie noch in der laufenden Legislaturperiode eine Gesetzesänderung plant. Sie strebt einen breiten gesellschaftlichen und parlamentarischen Konsens an.

Schwangerschaftsabbruch Abtreibung – was muss ich wissen?

Der Paragraf 219a - das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche - ist schon lange umstritten. Jetzt hat das Kabinett seine Abschaffung auf den Weg gebracht. Abtreibungen bleiben in Deutschland aber grundsätzlich eine Straftat. Unter welchen Bedingungen sind sie also erlaubt? Welche Methoden gibt es? SWR Wissen hat recherchiert.

Schwangerschaftsabbrüche nicht überall möglich

Nach einer aktuellen Studie steht Baden-Württemberg auch im bundesweiten Vergleich beim Angebot für Schwangerschaftsabbrüche schlecht da. "In 85 von 400 Landkreisen werden nicht die Kriterien für eine angemessene Erreichbarkeit erfüllt", schrieb der Forschungsverbund ELSA im April über die Lage in Deutschland. Von den 85 Landkreisen liegen demnach acht in Baden-Württemberg. Ähnlich schwierig sieht es demnach in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen aus - Bayern steht noch deutlich schlechter da. Zum Forschungsverbund gehören unter anderem die Universität Ulm sowie das Sozialwissenschaftliche Forschungsinstitut zu Geschlechterfragen Freiburg. Als angemessene Erreichbarkeit definieren die Forscher 40 Minuten Fahrtzeit mit dem Auto. 

In Baden-Württemberg wurden 2023 nach Angaben des Statistischen Landesamtes insgesamt 10.531 Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen - 9.923 davon nach der Beratungsregelung im ersten Trimester.

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