Deutschland kontrolliert seit Montag wieder sämtliche Außengrenzen. An der Europabrücke von Straßburg nach Kehl (Ortenaukreis) überprüfte die Bundespolizei am Montagmorgen stichprobenartig die EU-Binnengrenze zu Frankreich. Bei weitem nicht jedes Auto wurde angehalten, Staus gab es nicht. Immer mal wieder winkten die Beamten einen Bus heraus und ließen sich die Ausweise der Insassen zeigen. Auch die Passagiere in grenzüberschreitenden Zügen oder der Tram von Straßburg nach Kehl mussten ihre Papiere zeigen. In der Tram fuhren die Bundespolizisten extra eine Station mit, damit es keine Verzögerungen im Fahrplan gab.
Martin Rottach berichtet am Montagmittag von den Kontrollen in Kehl:
Staus sollen möglichst verhindert werden
Solche Kontrollen finden seit Montag an allen deutschen Landesgrenzen statt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat sie für zunächst sechs Monate angeordnet, um die Zahl unerlaubter Einreisen stärker einzudämmen. Die Auswirkungen auf Pendler und den Warenverkehr sollen dabei so gering wie möglich gehalten werden - in Gänze können Staus aber nicht ausgeschlossen werden.
Bundespolizei kontrolliert in Uniform und in zivil
Die Grenzkontrollen sollen laut Bundespolizei rund um die Uhr stattfinden - zu Lande, zu Wasser und an Flughäfen. Die Beamten kämen mal in Uniform, mal in zivil, heißt es. Sie kontrollieren in einem Bereich von 30 Kilometern ab der Grenze. Personell ist es aber nicht möglich, an sämtlichen Grenzübergängen gleichzeitig zu kontrollieren. Das geschehe lageabhängig, mal verstärkt an dem einen oder anderen Grenzübergang. Die Bundespolizei in Kehl wurde am Montag von Kollegen aus Potsdam unterstützt. Wie viele Beamte wo im Einsatz sind, verrät die Bundespolizei aus taktischen Gründen nicht. Sie nennt auch keine Details zum Fahndungsraster, anhand dessen sie bestimmte Personen und Fahrzeuge überprüft.
Nichts Neues im südbadischen Dreiländereck
In Südbaden werden die eigentlich offenen Grenzen im Schengen-Raum schon länger kontrolliert. Einreisen aus der Schweiz werden seit fast einem Jahr überprüft. Und an den Binnengrenzen zu Frankreich gibt es auch schon seit Monaten Kontrollen: Erst wegen der Europameisterschaft, dann - befristet bis Ende September - wegen der Olympischen und Paralympischen Spiele in Paris. Nun soll deutschlandweit zunächst bis Mitte März kontrolliert werden dürfen - ausnahmsweise. Solche Grenzkontrollen sind innerhalb des Schengen-Raums normalerweise nicht vorgesehen, sie müssen jeweils bei der EU-Kommission angemeldet werden. Es wird auf keinen Fall eine Vollkontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs stattfinden, schon um Staubildungen zu vermeiden.
Kehl und Straßburg sind ein gemeinsamer Lebensraum
In den Grenzstädten Kehl und Straßburg sind manche genervt, dass sie angehalten werden. Kehl sei doch ein Vorort von Straßburg und Straßburg von Kehl, heißt es dort. Auch der Oberbürgermeister von Kehl, Wolfram Britz (parteilos), und seine Straßburger Amtskollegin Jeanne Barseghian sprechen von einem gemeinsamen Lebensraum, sie haben Bundes- und Landesregierung aufgefordert, die "Kontrollen auf ein Maß zu beschränken, das die Mobilität, das grenzübergreifende Zusammenleben und Miteinander unserer Einwohnerinnen und Einwohner nicht behindert oder einschränkt".
Michael Wormald, der seinen Ausweis in Kehl in einem Fernreisebus Richtung Budapest vorzeigen muss, hat Verständnis für die Kontrollen. André Tackenberg aus Straßburg, der die Grenze mehrmals täglich überquert, wünscht sich andere Lösungen an den EU-Außengrenzen. In Europa wieder alles zuzumachen, sei schade, ein Rückschritt, meint er.
Ab Montag kontrolliert Deutschland an allen Grenzen Kontrollen an eigentlich offenen Grenzen im Dreiland
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Wer Asyl sucht, darf einreisen
Unerlaubt Einreisende, die nicht um Asyl bitten oder beispielsweise nach einer Abschiebung eine Wiedereinreisesperre haben, weist die Bundespolizei zurück. Zur konkreten Zurückweisungspraxis sagt die Behörde zum jetzigen Zeitpunkt sonst nichts, da das noch Gegenstand laufender politischer Abstimmungen sei. Wer Asyl beantragen will, darf nicht zurückgewiesen werden. Diese Menschen werden erkennungsdienstlich erfasst und vorerst in die zuständige Landeserstaufnahmestelle für Geflüchtete gebracht.