Zukunft des ZAKS

Gibt es doch noch Hoffnung für das Autismus-Therapiezentrum in Freiburg und Südbaden?

Es war schon die Rede vom Aus für das Zentrum für Autismus-Kompetenz in Südbaden wegen finanzieller Probleme. Nun gehen die Verhandlungen doch wieder weiter.

Malia ist sechs Jahre alt. Sie ist quirlig, aufgedreht, unruhig, aber auch sehr interessiert an manchen Dingen. Die Sechsjährige hat einen seltenen Gendefekt und ist Autistin. Schon das einfache Spielen mit Gleichaltrigen fällt ihr schwer, bedeutet Stress für das kleine Mädchen. Im Zentrum für Autismus-Kompetenz Südbaden (ZAKS) am Standort Freiburg geht sie seit mehr als zwei Jahren jeden Donnerstagmorgen in die Therapie, doch damit könnte schon in wenigen Wochen Schluss sein. So zumindest die Nachricht der vergangenen Wochen. Ein großer Schock für die betroffenen Familien und Mitarbeitenden. Über 13.500 Menschen haben seit dem eine Petition für den Erhalt der Einrichtungen unterschrieben. Tatsächlich könnte es jetzt doch wieder Hoffnung für die Therapie-Standorte geben.

Leistungsträger kommen erneut zusammen

In diesen Tagen sind die Verhandlungen mit den Leistungsträgern wieder aufgenommen worden. Die finanzielle Situation des Zentrums ist schwierig. Auf der einen Seite ein laufendes Insolvenzverfahren wegen Fälligkeiten aus den vergangenen Jahren. Auf der anderen Seite stehen die aktuellen Verhandlungen zu neuen Kostensätzen, bei denen die Vorstellungen der beteiligten Verhandlungspartner erstmal weit auseinander liegen. Neben den Vertretern für das Autismus-Therapiezentrums sitzen an dem Verhandlungstisch rund 30 Leistungserbringer aus Südbaden, darunter unter anderem die Vertreterinnen und Vertreter der Jugendämter aus den Landkreisen Lahr und Offenburg (Ortenaukreis), Bad Säckingen (Landkreis Waldshut) und Freiburg (Breisgau-Hochschwarzwald). An diesen Standorten betreuen insgesamt etwa 90 Mitarbeitende rund 450 Menschen mit Autismus. Nach Angaben der Stadt Freiburg sind auch die Landkreise Emmendingen und Lörrach vertreten.

ZAKS ist auf Autismus spezialisiert

Verhandelt wird unter anderem über die Personalkosten. Optimal wären 123 Euro aber mindestens 110 Euro müssten die Leistungsträger bezahlen, damit das ZAKS seine Mitarbeitenden bezahlen kann. Ein Kostensatz von 110 Euro würde dann aber schon mit einer sehr hohen Belastung für die Therapeutinnen und Therapeuten einhergehen, so Sonja Pöhlitz vom ZAKS. "Wir müssen dann schauen, wie es funktioniert. Wir wollen unsere Mitarbeitenden nicht bis hin zum Burn-out belasten". Bezahlt wird nach Tarifvertrag im öffentlichen Dienst (TVöD). Die letzten Verhandlungen mit den Kostenträgern liegen eine Weile zurück, seitdem haben sich die Personalkosten und Ausgaben durch die Inflation erhöht. Doch geboten wurden in früheren Verhandlungen von Seiten der Leistungsträger nur 90 Euro, so das ZAKS.

Die Begründung, dass andere Therapeutinnen und Therapeuten in der Region gebe, die mit den 90 Euro auskommen, will Sonja Pöhlitz nicht gelten lassen. "In den meisten Ausbildung sind Autismus-Spektrum-Störungen nur ein oder zwei Tage Thema, im ZAKS arbeiten dagegen Expertinnen und Experten, die sich auf Autismus-Spektrum-Störungen spezialisiert haben", betont sie.

"Kinder spüren, wenn sie jemand verstehen kann"

Das ist ein merkbarer Unterschied, bestätigt Malias Mutter. "Niemand weiß, was die Kinder brauchen, wenn man sie nicht lesen kann. Sie spüren, wenn sie jemand verstehen kann." In einer anderen Therapie wollte Malia selbst nach der fünften Sitzung nicht bleiben, Besuche bei der Physiotherapie oder in der Logopädie sind immer wieder ein Glücksspiel. Im ZAKS konnten die Eltern das Mädchen schon bei der zweiten Sitzung mit ihrer Therapeutin und gutem Gewissen alleine lassen. Doch auch die Eltern der Kinder, Jugendliche und erwachsene Autisten finden hier Hilfe.

"Sie ist sich ihrer Behinderung bewusst, aber sie weiß einfach nicht, wie sie in manchen Situationen richtig reagieren soll.

Malias Eltern sprechen von Selbstzweifeln im Umgang mit ihrem eigenen Kind und großer Verzweiflung, wenn sie an die erste Zeit nach der Diagnose zurückdenken. Expertinnen und Experten fragen zu können, war und ist für sie bis heute eine unglaubliche Hilfe in einem Alltag, in dem sich so gut wie alles um die kleine Malia dreht und drehen muss.

Malia und ihr Vater beim Entenfüttern und Spielen im Park
Malia und ihr Vater spielen zusammen am Wasser im Freiburger Stadtgarten.

In der Therapie ist Malia glücklich

Malias Therapiestunde beginnt an diesem Morgen mit der Frage, wie es ihr heute geht. Auf einem laminierten Blatt mit unterschiedlichen Gemütszuständen von "ich bin fröhlich" über "so lala" bis hin zu Wut und Traurigkeit kleben kleine Stücke eines Klettverschlusses. Hier kann Malia ein kleines Foto von sich neben den verschiedenen Gemütszuständen festmachen. Es ist ihr Weg mit ihrer Therapeutin Donata Dieterle zu kommunizieren. An diesem Morgen fühlt sie sich glücklich.

Jede von Malias Therapiesitzungen läuft ähnlich ab, Klarheit und eindeutige Routinen machen es ihr im Alltag leichter. Sollte das ZAKS schließen müssen, ist das nicht nur ein klarer Einschnitt in Malias Routinen, sondern es ist auch unklar, wann sie wieder einen Therapieplatz finden würde. Wartelisten zwischen ein und zwei Jahren in den vergangenen Monaten alleine am ZAKS, auch andere Praxen sprechen von langen Wartezeiten. Malias Mutter wurde empfohlen, schon jetzt nach einem neuen Therapieplatz zu suchen. "Das ist ja wohl ein Witz. Wen soll ich denn da anrufen?" Die Auswahl ist klein, der Bedarf groß.

Gesetzlichen Anspruch auf Therapie

Dabei hat Malia einen gesetzlichen Anspruch auf Therapie. Laut Sozialgesetzbuch und Bundesteilhabegesetz haben Kinder und Jugendliche, die Autismus haben, den Anspruch auf Eingliederungshilfe zur Teilhabe am Leben, wie etwa durch eine einstündige Therapiesitzung pro Woche. Ein Anspruch, der im Zweifel sogar eingeklagt werden kann.

"Ich bin müde, aber es ist doch meine Aufgabe als Mama für mein Kind zu kämpfen.

Ob Malias Eltern diesen Weg gehen werden, darüber wollen sie dann nachdenken, wenn das ZAKS tatsächlich schließen muss. Denn schon jetzt sind die bürokratischen Hürden im Alltag eine enorme Belastung für die Familie. So etwa auch die Beantragung und Suche nach einer Schulbegleitung für die Sechsjährige, die ab September in eine Schule für Kinder mit geistiger Behinderung gehen wird. Die bürokratischen Hürden sind zermürbend und nehmen zu viel Raum ein im Leben der eh schon geforderten Eltern von Malia und ihren Geschwistern, den fünfjährigen Zwillingen.

Verhandlungen wieder aufgenommen

Nachdem das Aus der Einrichtung scheinbar schon beschlossen schien, haben sich die verantwortlichen Parteien nun doch wieder zu neuen Verhandlungen getroffen. Was genau Teil der Verhandlungen ist, wann genau eine Entscheidung zu erwarten ist und mit welchen Zielen man sich wieder an den Verhandlungstisch gesetzt hat, dazu möchte sich ein Sprecher der Stadt Freiburg nicht äußern. In einer Pressemitteilung heißt es schließlich: "Miteinander wurde verabredet, bis dahin auf weitere Pressearbeit zu verzichten".

Doch das öffentliche Interesse ist groß und geht weit über die betroffenen Familien hinaus. Außerdem drängt die Zeit: Ob es über Ende August hinaus doch noch eine Zukunft für die ZAKS-Standorte in Südbaden geben wird, noch bevor in diesen Tagen die ersten Kündigungen von Seiten des Therapiezentrums an ihre Mitarbeitenden verschickt werden müssten, wird nun also erstmal hinter verschlossenen Türen verhandelt.

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