Wochenrückblick Stuttgart

Straßenbeleuchtung aus: Warum's in Schorndorf in der Nacht schwarz wird

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Fabian Ziehe
Fabian Ziehe

Heute wird es hier mal rabenschwarz: "Licht aus" heißt es seit zwei Jahren in Schorndorf um Mitternacht. Die Stadt spart an der Straßenbeleuchtung. Das sorgt für Unmut. Gäbe es da eine Alternative?

Hallo, ich bin Fabian Ziehe und Redakteur im Studio Stuttgart. Bei meinem Rückblick in die Woche will ich euch nur ein paar Schritte mit in meine Straße nehmen: Dort, mitten in Schorndorf, reihen sich Laternenmasten aneinander mit weiß-rot-weißer Banderole. Diese markieren, dass diese Laternen nicht die ganze Nacht an sind. Bei uns in Schorndorf geht es genau bis 24 Uhr - und dann sehe ich sie nicht mehr, die Banderolen, und ebenso den Masten und überhaupt kaum noch was auf der Straße. Davon will ich euch erzählen.

Die Straßenbeleuchtung in der Alten Steige in Schorndorf ist nach Mitternacht aus, nur wenig Licht erhellt noch die Straße.
Die Straßenbeleuchtung in der Alten Steige in Schorndorf ist nach Mitternacht aus, nur wenig Licht erhellt noch die Straße.

Wenn in Schorndorf die Lichter ausgehen

"Paint it black" sangen die Stones einstmals - heute müssten Jagger und Co. nur nach Schorndorf im Rems-Murr-Kreis kommen, dann könnten sie den Pinsel wegpacken und Schwärze pur genießen. Denn um 24 Uhr gehen in Schorndorfer Wohnvierteln und Ortsteilen die Lichter aus. Ganze Straßenzüge werden schlagartig rabenschwarz - und bleiben es vier Stunden lang. Nur die Hauptstraßen, die Kernstadt und einige Ecken etwa um Schulen bleiben erleuchtet. Seit Ende 2022 spart die 40.000-Einwohner-Gemeinde, die schon seit längerem finanziell nicht sonderlich gut da steht, an der Straßenbeleuchtung. Doch nun regt sich Protest.

Deshalb habe ich mich Anfang der Woche mit Petra Wahle in Schorndorf-Nord getroffen. Die 60-Jährige wohnt dort und kritisiert die Lichtpolitik mit Nachdruck. So standen wir also da zunächst im grellen, kaltweißen Schein von etlichen Laternen mit moderner LED-Beleuchtung. Das war uns beiden eindeutig zu hell. Zumal wenn sie wie in einigen Seitenwegen gefühlt direkt über dem Kopf hängen. Dort fühlt man sich wie im Fußballstadion. Doch dann, um 24 Uhr, wurde es auf einen Schlag ringsum duster - so lautlos wie plötzlich und überaus eindrücklich. Obwohl wir beide natürlich wussten, dass es gleich dunkel wird.

Anwohnerin: Ärger über fehlende Straßenbeleuchtung

"Ich fühle mich hier sehr unsicher, weil man nichts sieht", ärgert sich Petra Wahle. Sie habe gelernt: Meide dunkle Orte, habe deine Umgebung stets im Blick! So sei sie aufgewachsen, so sei sie erzogen worden. "Ich will wissen, wo ich laufe und wer hinter mir läuft", sagt sie. Und wenn es Schlaglöcher gibt, will sie nicht erst reindappen, um sie zu bemerken. Tatsächlich sei zudem erst kürzlich bei Nacht in der Nachbarschaft eingebrochen worden. Sie setzt deshalb auf Licht: "Ich will wissen, wer da in meinem Garten ist."

Petra Wahle steht unter einer Laterne mit "Laternenring", die in der Nacht abgeschaltet wird: Die 60-Jährige wohnt in Schorndorf und ärgert sich darüber, dass nach Mitternacht die Straßenbeleuchtung in Wohngebieten aus geht.
Petra Wahle steht unter einer Laterne mit "Laternenring", die in der Nacht abgeschaltet wird: Die 60-Jährige wohnt in Schorndorf und ärgert sich darüber, dass nach Mitternacht die Straßenbeleuchtung in Wohngebieten aus geht.

Also: Licht an und fertig? So schwarz-weiß braucht es Petra Wahle nicht. Sie hat das Gefühl, dass in der Stadtpolitik bislang vor allem in diesen Kategorien, also "immer an" oder "immer aus" diskutiert wird. Das ärgert sie. Warum nicht lieber dimmen - sie braucht kein Flutlicht, keiner brauche das. Und warum nicht sparen, wenn es problemlos möglich wäre? Dafür zückt sie ihr Handy, zeigt das Foto einer brennenden Straßenlaterne im Morgenlicht. "Das verstehe ich nicht", sagt sie. Da sei es schon seit anderthalb Stunden hell gewesen. Man solle doch bitte nur dann Laternen anschalten, "wenn das Licht auch am Boden ankommt".

Laternen aus: Schorndorf zwischen Empörung und Zustimmung

Mit ihrer Empörung ist Petra Wahle nicht allein. In Teilen der Bürgerschaft und auf Social Media regt sich Protest, die Kommentare auf Facebook sind harsch. Stöbert man in den Ratsdokumenten auf der Homepage der Stadt, kommt das Thema oft in Ortschaftsrats-Sitzungen auf. Briefträger und Schichtarbeiter beklagen sich. Bei einer Online-Petition gegen die Abschaltung kamen über 200 Unterschriften zusammen. Einerseits.

Eine Laterne mit rot-weiß-rotem Laternenband in Schorndorf. Auf diese Art markierte Laternen werden in der Nacht ausgeschaltet.
Eine Laterne mit rot-weiß-rotem Laternenband in Schorndorf. Auf diese Art markierte Laternen werden in der Nacht ausgeschaltet.

Andererseits finden es manche Bürgerinnen und Bürger überaus gut, dass sie mitten in der Nacht wieder den Sternenhimmel sehen. Und ich selber bin übrigens auch ganz froh, dass die Laternen ringsum nicht die ganze Nacht in mein Schlafzimmer funzeln. Zudem spart der mitternächtliche Blackout ja nicht nur Geld, sondern auch Energie in Zeiten des Klimawandels. Das ganze ist zudem insektenfreundlicher und sorgt für weniger Lichtverschmutzung, was auch der übrigen Tierwelt entgegenkommt.

Adaptive Straßenbeleuchtung als Lösung?

Ursprünglich hatte der Schorndorfer Gemeinderat Ende 2022 das Abschalten der Beleuchtung beschlossen - wie so manche Energieeinsparung mehr mit Blick auf den Ukraine-Krieg, die Energiekrise und die kommunale Finanznot. Damit war sie nicht allein in der Republik. Nun will die CDU im Gemeinderat das Thema wieder auf die Tagesordnung bringen - mit einem Antrag. Zuvorderst deren Stadtrat Ingo Sombrutzki fordert darin zunächst mal ein Nachjustieren: Licht aus erst ab 1:30 Uhr, denn gegen 0:30 Uhr kommt die letzte S-Bahn an und dann seien spätestens auch alle heimgelaufen. Ein Kompromiss also - für's erste.

Dann aber soll eine smarte Lösung her - Stichwort "adaptive Straßenbeleuchtung". Es geht um moderne LED-Technik kombiniert mit Sensorik: Die Technik erkennt, wenn sich ein Fußgänger, eine Radlerin oder ein Auto nähert und blendet die Straßenbeleuchtung auf. Danach wird es wieder dunkel. Ein solches Konzept hat der Schweizer Kanton Bern nicht nur seit einigen Jahren in Betrieb, sie haben auch einen eidgenössisch-coolen Film dazu gedreht.

Ist Modell aus Ludwigsburg ein Weg für Schorndorf?

Auch in anderen Städten in Baden-Württemberg ist das Abschalten der Straßenbeleuchtung ein Thema, etwa in Tübingen und Heidenheim. In Ludwigsburg wird zudem ein "smartes" Modell getestet. Eine kleine Delegation um Ingo Sombrutzki hat sich das vergangene Woche vor Ort zeigen lassen. "Das ist eine intelligente Lösung", sagt der CDU-Kommunalpolitiker. "Sie kommt dem Bedürfnis der Bürger nach Beleuchtung nach, aber auch dem Bedürfnis der Natur und Menschen, die sich gestört fühlen von der Straßenbeleuchtung in ihren Häusern."

Stadtrat Ingo Sombrutzki (4. von links) und weitere Interessierte aus Schorndorf ließen sich in Ludwigsburg Straßenbeleuchtung mit Bewegungsmeldern zeigen.
Stadtrat Ingo Sombrutzki (4. von links) und weitere Interessierte aus Schorndorf ließen sich in Ludwigsburg Straßenbeleuchtung mit Bewegungsmeldern zeigen.

Bislang - und das bestätigt auch die Stadt auf Anfrage, seien etwa 50 Prozent der Straßenbeleuchtung auf LED umgestellt. Warum die noch fehlenden Laternen nicht mit warmweißen LEDs und dieser Sensorik ausrüsten? Zumal man so am Ende vielleicht noch mehr Energiekosten sparen könnte.

Stadtspitze will Straßenbeleuchtung neu diskutieren

Die Schorndorfer Stadtverwaltung und Oberbürgermeister Bernd Hornikel (parteilos) hält sich zu dem Thema Straßenbeleuchtung derzeit bedeckt - mit Verweis auf anstehende Beratungen im Gemeinderat, denen man nicht vorgreifen wolle. Dann werde es auch Details zu den genauen Einsparungen geben. Ursprünglich waren mal groß 50.000 Euro im ersten, 75.000 Euro im zweiten und 100.000 Euro im dritten Jahr geschätzt worden - allerdings noch bei Stromkosten von 40 Cent je Kilowattstunde.

Der Ratssaal in Schorndorf: Hier will der Gemeinderat im November wohl die Straßenbeleuchtung erneut diskutieren.
Der Ratssaal in Schorndorf: Hier will der Gemeinderat im November wohl die Straßenbeleuchtung erneut diskutieren.

"Es ist aktuell nicht vorgesehen, die Straßenbeleuchtung flächendeckend mit Bewegungsmeldern umzurüsten", schreibt mir Stadtsprecher Dominique Wehrle. Denn dafür wären hohe Investitionskosten nötig - die seien bei der aktuellen Haushaltslage "nicht darstellbar". "Gegebenenfalls wird sich der Gemeinderat bei seiner Beratung in Kürze auch mit einer Änderung der Abschaltzeiten befassen."

Grüne: Beleuchtungsfrage darf Verwaltung nicht überfordern

Grünen-Fraktionschefin Friederike Köstlin zeigte sich für alle Vorschläge diskussionsbereit. Auch wenn es in Schorndorf seit der Abschaltung keine negative Entwicklung in der Kriminalitätsstatistik gebe, müsse man ein beeinträchtigtes Sicherheitsgefühl ernst nehmen. Aber: Es brauche eben auch Geld und Personal für einen neuen, vielleicht smarteren Weg, wie ihn die CDU vorschlägt. "Und die Verwaltung hat gerade sehr viele Aufgaben vor der Brust", sagt sie. Kurzum: Es bleibt also spannend in der Remstal-Gemeinde...

Licht an oder aus - was sagt ihr dazu?

Bevor wir hier nun aber das Licht ausmachen, sei noch eine kleine Frage zum Abschluss gestattet: Wie seht ihr es eigentlich mit der Straßenbeleuchtung mitten in Städten und Gemeinden?

Die Abstimmung ist bereits beendet.

Wie steht ihr zum Abschalten der Straßenbeleuchtung in Ortschaften?

  • Von mir aus kann man nach Mitternacht ganz abschalten. Zur Not habe ja ein Handy als Taschenlampe. 28,7%
  • Wenn abschalten, dann nur übergangsweise und nur so lange, bis es eine "smarte" Alternative mit Bewegungssensoren gibt. 21,5%
  • So lange es keine Variante mit Bewegungssensorik gibt, soll das Licht die ganze Nacht an bleiben. 15,0%
  • Straßen gehören immer und überall beleuchtet, sobald es dunkel ist. Mit moderner LED-Technik ist das ja wohl vetretbar! 34,8%

Hinweis: Das Abstimmungsergebnis zeigt ein Meinungsbild unserer Nutzer*innen und ist nicht repräsentativ.

In der vergangenen Woche wollten wir von euch wissen, wie reagiert ihr, wenn ihr eine öffentlich stillende Frau seht. Die Mehrheit (64,8 %) hat geantwortet: "Mich stört der Anblick gar nicht. Ist ja etwas ganz Normales."

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