In Stuttgart wird erstmals eine komplette Straße mit einem neuen umweltfreundlicheren Asphalt gebaut. Das Bindemittel Bitumen wird in diesem Fall aus den Abfallresten von Cashewschalen gewonnen. Die neue Technik ist noch in der Versuchsphase, kommt nun aber immer mehr zum Einsatz. Zum Beispiel bald am Flughafen Frankfurt am Main - davor ist aber erstmal Stuttgart-Nord an der Reihe.
Bitumen - das Bindemittel für Asphalt
Bitumen wird bisher aus Rohöl gewonnen. Es dient beim Asphalt als Bindemittel, damit die verschiedenen Kiessorten gut zusammenkleben und nach dem Auftragen auch verhärten. Erst durch das Bitumen entsteht dann der Asphalt, über den Autos fahren. Weil das Bitumen ein Nebenprodukt bei der Rohölindustrie ist, sei es aber in seiner puren Qualität sehr schwankend, erklärt Franz Hage von der Firma b2 Square - Bitumen beyond oil. Das wollte sein Start-up ändern.
In Zusammenarbeit mit der Hochschule für Technik in Stuttgart haben sie herausgefunden, dass auch die Flüssigkeit aus Cashew-Schalen als Bindemittel für den Asphalt verwendet werden kann - und das immer in genau der gleichen kontrollierten Qualität. Dass es auch noch nachhaltiger für die Umwelt ist, sei ein praktischer Nebeneffekt gewesen, so Hage.
Wie das Cashew-Material auf die Straße kommt
Die Cashewnüsse werden zum Beispiel im Hamburg im Hochseecontainer geliefert. Dann werden Schale und Kern voneinander getrennt, erklärt Jürgen Mutz, der Leiter des Tiefbauamts Stuttgart. Die Chashewkerne gehen als Nuss-Snack in den Verkauf, die Hüllen werden zum Chemieunternehmen BASF gebracht. Dort zieht man die Flüssigkeit aus der Schale. Daraus kann dann zusammen mit einem Pulver der Bio-Bitumen gemischt werden.
Auch das sei ein sehr positiver Aspekt, meint Mutz: "Es handelt sich nicht um ein Nahrungsmittel, sondern um ein Abfallprodukt, das man nicht essen oder als Tiernahrung verwenden kann. Daher ist es wirklich übrig und muss nicht an anderer Stelle kompensiert werden."
Vorteile von Bio-Bitumen beim Straßenbau in Stuttgart
Die Stadt Stuttgart sei in den vergangenen Jahren immer wieder auf Produktsuche, sagt Jürgen Mutz vom Tiefbauamt: "Nach Baustoffen, die CO2-ärmer sind als herkömmliche". Ein weiterer Vorteil des Bio-Bitumens sei, dass bei der Herstellung des Asphalts weniger Energie gebraucht werde. Der Asphalt mit dem Cashew-Ersatzprodukt kann nämlich mit einem sogenannten temperaturgesenkten Verfahren eingebaut werden - das heißt: Er muss weniger heiß sein. Das spart Energie.
Für die Bauarbeiter an den Asphaltmaschinen ist es auch nicht ganz so heiß und damit etwas sicherer. Zwar rieche der Cashew-Asphalt nicht nach Nuss, sagt einer der Bauarbeiter. "Aber es stinkt weniger als normaler Asphalt und qualmt weniger. Das ist besser für die Gesundheit." Außerdem soll der Bio-Asphalt den Erfindern zufolge länger halten. "Dann müssen wir die Leute auch nicht so oft mit Baustellen ärgern", scherzt Tiefbau-Leiter Jürgen Mutz.
Straßenbelag mit Cashew-Abfall: der Asphalt der Zukunft?
Es brauche mutige Auftraggeber, damit solche Ideen nicht im Labor bleiben, sondern im wahrsten Sinne des Wortes auf die Straße kommen, sagt Jürgen Mutz. Deshalb werde der neue Bio-Asphalt nun auch nicht in einer Nebenstraße, sondern direkt am Höhenpark Killesberg verbaut, um im Alltag durch die vielen Autos und Lkws auf seine Belastung getestet zu werden. "Ich finde es wichtig, solche Produkte auszuprobieren. Denn wir müssen in der Umsetzung von neuen Baustoffen schnell sein, damit wir unsere Klimaziele in Stuttgart bis 2035 auch erreichen", erklärt Mutz. Der neue Asphalt könnte in Stuttgart also bald öfter verbaut werden.
Für das Start-up b2 Square geht es nun erstmal weiter zum Flughafen Frankfurt und zum Heathrow Airport in London. Denn auch für Flughäfen ist der neue Bio-Asphalt interessant, weil er bei Nachtbaustellen schneller verbaut werden könne, erklärt Franz Hage.
Wie eine Asphaltkolonne arbeitet, das hat sich die Landesschau BW schon 2020 genau angeschaut: