Wochenrückblick Stuttgart

Digitale Spurensuche: Jagd auf Cyberkriminelle

Stand
Autor/in
Maxim Flößer
Maxim Flößer arbeitet im SWR Studio Stuttgart.

Kriminelle begehen im Internet perfide Verbrechen. Dabei verwischen sie geschickt ihre Spuren. Trotzdem können Ermittler immer wieder Erfolge melden. Wie gehen sie vor? 

Hi, ich bin Maxim Flößer und Redakteur im Studio Stuttgart. In diesem Wochenrückblick schauen wir anlässlich einer schrecklichen Anklage in die dunklen Ecken des Internets. Und ich spreche mit denjenigen, die versuchen, Licht ins Netz zu bringen.

Anklage: Sexueller Missbrauch per Livestream

Es ist eine Story wie aus einem Horrorfilm: Über sechs Jahre hinweg soll ein 45-jähriger Mann aus dem Kreis Esslingen Frauen auf den Philippinen dazu angestiftet haben, Kinder vor laufender Kamera sexuell zu missbrauchen. Bei diesen Missbräuchen soll der mutmaßliche Täter dann von Baden-Württemberg aus live zugeschaut haben. Als ich das gelesen habe, musste ich sofort an einen Film denken, den ich kürzlich gesehen habe. Darin ging es um sogenannte "Red Rooms". Das sollen geheime Plattformen im Internet sein, auf denen Menschen gegen Bezahlung live dabei zusehen können, wie Kriminelle Opfer quälen, missbrauchen und Schlimmeres. Eigentlich gelten "Red Rooms" als Internetmythos, bisher soll es keine Beweise für ihre Existenz geben. Mutmaßung: Handelt es sich bei dem Fall um eine solche Plattform?

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Verhaftet wurde der Mann bereits im Mai 2024. Diese Woche hat die Generalstaatsanwaltschaft die Anklage wegen schwerem sexuellen Missbrauch am Landgericht Stuttgart abgegeben. Gegen einen anderen mutmaßlichen Kunden der Plattform, einen 55-Jährigen aus dem Kreis Reutlingen, laufen die Ermittlungen noch, so die Staatsanwaltschaft. Laut Generalstaatsanwaltschaft hat er dabei im Livestream über eine Chatfunktion Befehle gegeben, wie die Frauen die zwischen 5 und 13 Jahre alten Mädchen sexuell missbrauchen sollen. Die Gewaltvideos soll der mutmaßliche Täter zur späteren Ansicht gespeichert haben.

Bis hierhin, kurz durchatmen. Als ich diese Meldung die Woche gelesen habe, musste ich schlucken. Gleichzeitig habe ich mich gefragt: Wie wurde die mutmaßliche Tat überhaupt aufgedeckt? Mich hat das Recherche-Fieber gepackt, ich wollte mehr darüber wissen, wie online die Spuren von Kriminellen verfolgt werden. Darum habe ich mich selbst gewissermaßen auf Spurensuche begeben.

Cybercrime-Zentrum jagt Kriminelle online

Um mehr zu erfahren, habe ich mich mit Mirko Heim zum Telefonieren verabredet. Er ist Pressesprecher des Cybercrime-Zentrums, dass an den Ermittlungen beteiligt war. Außerdem leitet er die Bereiche der Organisierten Kriminalität und des Darknets. Seit Januar 2024 sind die rund 50 Mitarbeitenden landesweit für besonders anspruchsvolle Cybercrime-Fälle zuständig. Dabei arbeitet es eng mit dem Landeskriminalamt zusammen.

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Daneben ist das Cybercrime-Zentrum auch für schwere Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch und Kinderpornografie im Internet zuständig. Gerade diese Inhalte verbreiten sich immer häufiger, sagt Mirko Heim. Laut der Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs gab es 2022 rund 49.000 Fälle von Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendpornografie im Internet. Die Zahl hat sich im Vergleich zu 2020 mehr als verdoppelt. Viele der Fälle finden sich im Darknet. Laut Mirko Heim sei das ein großes Problem für Ermittlungsbehörden.

Das Darknet ist laut Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik (BSI) ein kleiner Teil des Internets, der nicht auf herkömmliche Weise auffindbar ist. Dort ist die Kommunikation verschlüsselt, viele Besucher und Besucherinnen verschleiern ihre Spuren, wodurch Urheber sowie Konsumenten anonym bleiben. "Dadurch sind wir gefordert mit den entsprechenden Ermittlungtechniken die digitalen Spuren zu finden", erklärt Mirko Heim.

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Und wie findet man nun solche Spuren? Aus ermittlungstechnischen Gründen darf Mirko Heim dazu nichts sagen. "Das Problem ist, wenn ich Ihnen nur grob erkläre, wie wir arbeiten, dann wissen das Cyberkriminelle auch", erklärt der Pressesprecher. Dementsprechend habe ich bei meiner Recherche nur sehr wenig dazu gefunden, wie genau die Profis Cyberkriminellen auf die Schliche kommen. Auch die Ermittlerinnen und Ermittler verschleiern also ihre Spuren. Eine mögliche Spur ist die Analyse von IP-Adressen, also der Code, mit dem sich Laptop, Smartphone und Co. in das Internet einwählen.

Die IP-Adresse als digitale Spur, das war mir bereits bekannt. Ein Freund von mir hat mal Post von einer Rechtskanzlei bekommen mit dem Vorwurf, er habe illegal Musik runtergeladen. Ermittelt wurde das damals auch durch die IP-Adresse. Die Anschuldigungen haben sich aber letztlich als Betrugsmasche entpuppt. Laut Heim sei das Problem mit IP-Adressen, dass diese häufig verschleiert oder durch eine falsche Kombination ersetzt werden. Aber auch Daten einer Smartwatch können Hinweise geben, wie beispielsweise geschehen in einem Mordfall in Philippsburg.

Cybercrime: Auf der Jagd mit digitaler Forensik

In meinem Kopf stelle ich mir das alles sehr nervenaufreibend vor. Profis, die sich auf Server begeben, Informationen abgreifen, mögliche Tatverdächtige ermitteln. Ich würde gerne mehr über diese Arbeit wissen. Aber wie genau nun die Ermittler des Cybercrime-Zentrums den aktuellen Fall untersucht haben, dazu kann Heim nichts sagen.

Ich muss nochmals an meinen Gedanken von vorher denken, an meine Assoziation mit der Internet-Legende der "Red Rooms" und frage Mirko Heim danach. Könnte es sich bei der Plattform um so etwas gehandelt haben? Das könne er nicht beurteilen, sagt Heim, er kenne diesen Mythos nicht. Und wenn doch, dann würde ein solcher Fall nicht mehr vom Cybercrime-Zentrum bearbeitet werden. Dann wäre eine solche kriminelle Plattform die Angelegenheit von anderen, größeren Ermittlungsbehörden. Immerhin das verrät er mir: Der Fall des mutmaßlichen, sexuellen Kindesmissbrauchs per Livestream, das sei ein neues "Kriminalitätsphänomen" für Heim und das Cybercrime-Zentrum.

Dadurch, dass die Kinder mutmaßlich auf den Philippinen missbraucht wurden, sei die internationale Zusammenarbeit in der Aufklärung sehr wichtig, betont Heim. Denn das Gefährliche an der Cyberkriminalität sei, dass Täter von jedem Ort der Welt zuschlagen können. In Deutschland werden darum die Polizei und die Staatsanwaltschaften von Europol und Interpol unterstützt. Also nicht nur Kriminelle arbeiten weltweit, sondern auch die Ermittlungsbehörden.

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Wie digitale Spuren entdeckt werden, was Cyberkriminalität mit den Betroffenen macht und wer die Täter sind, haben Oliver Schmid und Birgit Sommer vom Hessischen Rundfunk in ihrer ARD-Doku "Cybercrime – Alarmstufe rot" beleuchtet:

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