Mit maximal fünf Kilometern pro Stunde fuhren die zwei Züge der Wieslauftalbahn über einige Passagen der Bahnstrecke zwischen Rudersberg und Schorndorf (beide Rems-Murr-Kreis). Sie wurden von einer Spezialfirma abgeschleppt. Die "Wiesel" selbstständig auf Schienen fahren zu lassen, das war den Betreibern zu riskant.
Durch den heftigen Starkregen Anfang Juni ist Schmutzwasser in die Fahrzeuge eingedrungen und hat die Radsätze, den Fußboden und die Elektronik beschädigt. Wie viel Schmutzpartikel noch in der Radtechnik stecken, weiß niemand. Die Züge selbst fahren zu lassen, hätte den bisher schon entstandenen Schaden möglicherweise noch verstärkt – das wollte niemand.
Reparatur der Züge wird teuer
Die beiden Regio Shuttles (Baujahr 1999) werden von der Spezialfirma "Railadventure" auf der Schiene nach Weiden in der Oberpfalz gebracht. Eine Fachfirma begutachtet und überprüft die Fahrzeuge. Von der Untersuchung hängt ab, ob eine Reparatur der Fahrzeuge sinnvoll ist. Die wird pro Zug mit rund 800.000 Euro veranschlagt. Vier weitere Fahrzeuge (Baujahr 1994) der Wieslauftalbahn sind vermutlich Totalschäden.
Glück im Unglück: Der Zweckverband Wieslauftalbahn hat schon im April vier zwar gebrauchte, aber barrierefreie und mit Klimaanlage ausgestattete Fahrzeuge (Baujahr 2009) bestellt. Kosten: jeweils rund 1,6 Millionen Euro. Die Züge werden derzeit modernisiert und im Design der Wieslauftalbahn lackiert. Ende 2024 sollen sie an den Zweckverband ausgeliefert werden. Doch bis dieser sie einsetzen kann, dauert es noch eine Weile.
Strecke musste behelfsmäßig repariert werden
"Das Ziel war immer klar. Wir wollen, dass das Wiesel wieder rollt", sagt der Vorsitzende des Zweckverbands Wieslauftalbahn, Landrat Richard Sigel. Um die beiden vom Starkregen beschädigten Züge abtransportieren zu können, musste die Strecke zwischen Rudersberg und Schorndorf behelfsmäßig repariert werden, denn das Unwetter hatte für ausgedehnte Unterspülungen und Überflutungen gesorgt. Teilweise sind immer noch Löcher im Gleisbett zu sehen.
Die komplette Erneuerung des Schienenstrangs wird noch länger dauern. Am Bahnhof Rudersberg müssen vermutlich alle Gleise, die Weichen sowie der Bahnsteig ausgegraben und erneuert werden. Der Zweckverband hofft, dass ab Ostern 2025 zumindest der Abschnitt zwischen Schorndorf und Miedelsbach wieder mit Zügen befahren werden kann. Das restliche Wieslauftal wird noch länger auf Schienenersatzverkehr mit Bussen angewiesen sein.
Wieslauftalbahn ist "Lebensader"
Rudersbergs Bürgermeister Raimon Ahrens ist erleichtert, dass die Bahnstrecke repariert werden kann. "Und es ist der nächste Meilenstein, dass man jetzt die Fahrzeuge abtransportieren kann, um Schritt für Schritt eine Perspektive zu haben." Die Gemeinde merke gerade, welche Einschränkungen es bedeute, wenn das "Wiesel" nicht fahren könne. Normalerweise nutzen rund 4.000 Fahrgäste pro Tag die Bahnstrecke.
Starkregenfolgen noch lange sichtbar
Seit Juni kämpft Rudersberg mit den Folgen des Starkregens. Und der Kampf ist noch lange nicht vorbei. Bei vielen kommunalen Gebäuden – vor allem im Ortsteil Schlechtbach - sind Kernsanierungen nötig. Die Rudersberger Ortsdurchfahrt ist gerade gesperrt, weil der Belag aus Pflastersteinen herausgerissen werden muss. Er wird jetzt durch Asphalt ersetzt. Von den betroffenen Firmen konnten erst einige wieder öffnen. Manche werden wohl dauerhaft geschlossen bleiben.
Einige Menschen, deren Wohnhäuser stark beschädigt wurden, geben so langsam die Hoffnung auf, an Weihnachten wieder in den eigenen vier Wänden zu sein. Es wird wohl Ostern werden, vermutet der Bürgermeister. Bis sich Rudersberg vom Starkregenschaden erholt hat, wird es möglicherweise noch Jahre dauern. Kleiner Trost: Der Zweckverband Wieslauftalbahn ist bis zu einer Schadenshöhe von 20 Millionen Euro versichert. In Rudersberg hofft man, dass das reicht, um zumindest die Schäden an der Bahninfrastruktur und den Fahrzeugen abzudecken.