Nach Grundsatzurteil für Tübingen

Kommt die Verpackungssteuer in der Region Stuttgart?

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Autor/in
Luisa Bleich
SWR Reporterin Luisa Bleich

Die Verpackungssteuer in Tübingen ist rechtens, das hat das BVerfGE entschieden. Städte in der Region Stuttgart wollen jetzt nachziehen. Bis es so weit ist, kann es aber noch dauern.

Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe (BVerfGE) hat die Idee einer Verpackungssteuer auch in der Region Stuttgart wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Das BVerfGE hatte Ende Januar entschieden, dass das Tübinger Modell rechtens sei. Die Unistadt am Neckar erhebt seit Anfang 2022 auf Einwegverpackungen für Lebensmittel zum Mitnehmen eine Steuer. Zuvor hatten sich mehrere Instanzen mit dem Thema befasst.

Kirchheim will Verpackungssteuer einführen

Kirchheim unter Teck (Kreis Esslingen) nutzt das BVerfGE-Urteil, um selbst aktiv zu werden. Die Stadtverwaltung plant die Einführung einer Verpackungssteuer und will den Vorschlag demnächst im Gemeinderat vorlegen. Das bestätigte eine Sprecherin der Stadt dem SWR. Durch eine solche Steuer erhofft man sich bei der Stadt, "das wachsende Müllaufkommen durch Einwegverpackungen zu reduzieren".

Wie Oberbürgermeister Pascal Bader (parteilos) mitteilte, sind die Kosten für die Straßen- und Stadtreinigung sehr hoch - etwa eine Million Euro fallen demnach jährlich für Sach- und Personalkosten an. Die Verpackungssteuer könnte laut Bader die Innenstadt sauberer machen.

Mit der Verpackungssteuer haben wir ein effektives Instrument, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und unsere Innenstadt in puncto Sauberkeit und damit Attraktivität weiter voran zu bringen.

Esslingen: OB Klopfer würde Einnahmen in Sauberkeit investieren

Auch der Esslinger Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD) wünscht sich eine sauberere Innenstadt. Die Einnahmen durch eine mögliche Verpackungssteuer würde er in die Sauberkeit der Stadt investieren. "Wir müssen gucken, dass wir insgesamt nachhaltiger als Gesellschaft werden und von daher ist jede Verpackung weniger gut für die Umwelt", so Klopfer.

Die Einführung der Steuer ist hier aber noch kein Thema. Laut Klopfer würde die Grundsteuerreform derzeit viel Personal binden. Bis 2027 soll es aber eine Entscheidung des Gemeinderats geben. Ob es eine Mehrheit geben wird, ist unklar. Die ersten Fraktionen hätten sich bereits kritisch geäußert, da sie einen hohen bürokratischen Aufwand befürchten, sagt der Oberbürgermeister.

Stuttgart: Die Linke und SÖS fordern Verpackungssteuer

In Stuttgart könnte das Thema auch bald wieder im Gemeinderat diskutiert werden. Die Linke und die SÖS im Stuttgarter Gemeinderat fordern die Einführung der Verpackungssteuer. Die PULS-Fraktionsgemeinschaft hatte bereits 2023 auf eine Verpackungssteuer gepocht. Die Stadt Stuttgart hatte damals Bedenken, da über die Verpackungssteuer in Tübingen zu diesem Zeitpunkt rechtlich noch nicht final entschieden worden war.

Stuttgart

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Die rechtlichen Bedenken seien durch die Entscheidung des BVerfGE nun ausgeräumt, argumentieren Die Linke und die SÖS. Die Parteien fordern die Stadtverwaltung deswegen dazu auf, den Entwurf einer Satzung über die Erhebung einer Verpackungssteuer zu entwerfen. Dieser soll dann dem Gemeinderat vorgelegt werden. Wann das Thema Verpackungssteuer im Stuttgarter Gemeinderat thematisiert werden soll, steht momentan aber noch nicht fest.

Ludwigsburg: Bald Bußgelder für achtlos weggeworfenen Müll?

In Ludwigsburg soll das Thema Verpackungssteuer noch im ersten Halbjahr von 2025 thematisiert werden. Oberbürgermeister Matthias Knecht (parteilos) steht der Steuer offen gegenüber. Es gäbe aber einige Faktoren zu bedenken. Wenn eine Verpackungssteuer eingeführt wird, seien zusätzliche personelle Ressourcen erforderlich, so Knecht.

"Zu prüfen ist, ob der Aufwand für die Einführung und Umsetzung der Verpackungssteuer durch die Wirkung gerechtfertigt ist", erklärt Knecht. Neben einer möglichen Verpackungssteuer will die Stadt deswegen prüfen, ob Bußgelder für achtlos weggeworfenen Müll eine Rolle spielen könnten.

Böblingen: Verpackungssteuer bald Thema im Gemeinderat

Von Seiten der Stadt Böblingen heißt es, dass die Verpackungssteuer bald dem Gemeinderat vorgelegt werde. In Göppingen wird nach dem BVerfGE-Urteil intern geprüft, ob eine Verpackungssteuer eingeführt werden soll. Wann und ob über eine Einführung entschieden wird, steht laut einer Sprecherin der Stadt bisher aber nicht fest.

Städtetag BW: Keine generelle Empfehlung für Kommunen

Saubere Innenstädte und mehr Steuereinnahmen auf der einen Seite - ein hoher bürokratischer und personeller Aufwand auf der anderen. Der baden-württembergische Städtetag will im Fall der Verpackungssteuer keine Empfehlung aussprechen, heißt es auf SWR-Anfrage. Zwar sei die Steuer eine "gute und sinnvolle Ergänzung des kommunalen Instrumentenkastens". Die Erhebung der Steuer sei aber auch mit einem gewissen Aufwand verbunden. Dazu komme, dass die Umsetzung auch kontrolliert werden müsse.

SWR-Reporter Philipp Railon ist der Meinung, dass die Verpackungssteuer allein das Müllproblem nicht lösen kann:

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Eine Studie der Universität Tübingen hat 2023 die Wirksamkeit der Verpackungssteuer untersucht. Stefan Moderau von der Uni Tübingen kam darin zu dem Schluss, dass der Müll in der Stadt seit der Einführung der Verpackungssteuer - gemessen am Gewicht - nicht weniger geworden sei. Durch die Steuer sei das Angebot an Mehrweg-Verpackungen aber gestiegen, "was Tübingen weiterhin zur Stadt in Deutschland mit den meisten Restaurants und Cafés pro Kopf macht, die Essen und Getränke in Mehrwegschalen und -bechern anbieten", heißt es in einer Mitteilung zu der Studie.

Die Stadt Tübingen gilt als Vorreiter in Sachen Verpackungssteuer. Städte wie Kirchheim unter Teck und Esslingen sind von der Wirksamkeit der Steuer überzeugt. Ob die Verpackungssteuer wirklich auch in die Region Stuttgart kommt, müssen demnächst die jeweiligen Gemeinderäte entscheiden.

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