Fastnachtsverkleidungen als Indianerin oder Indianer sind umstritten - auf Kindergartenfluren wie auf Social Media. Während hierzulande manche Kinder und Erwachsene gerne in Fransenhemden schlüpfen und sich mit Federn schmücken, lehnen amerikanische Ureinwohner das ab. Das haben Indigene gegenüber dem SWR bestätigt, die in Stuttgart beim Nordamerika-Filmfestival Anfang Februar zu Gast waren.
Diskussion über kulturelle Aneignung
Den Vorwurf der kulturellen Aneignung gibt es seit mehreren Jahren. Diskutiert wird, ob Indianer-Verkleidungen Stereotype und rassistische Klischees bedienen. Dennoch sind Winnetou, Yakari oder Pocahontas als Verkleidungen an Fastnacht immer noch beliebt.
Einen Höhepunkt erreichte die Diskussion vergangenen Sommer, als der Film "Der junge Häuptling Winnetou" in den Kinos lief und der Verlag Ravensburger nach Rassismus-Vorwürfen die Bücher zum Film aus dem Sortiment nahm.
Federschmuck nur zu bestimmten Zeremonien
Die vom SWR befragten indigenen Gäste beim Nordamerika-Filmfestival betrachten Indianer-Kostüme als kulturelle Aneignung. Gemeint ist damit, dass Elemente einer Kultur aus dem Zusammenhang gerissen und in einen anderen Kontext gesetzt werden. Wer an Fastnacht einen Federschmuck trägt, erwecke den Eindruck, es gebe so etwas wie eine einheitliche "Indianerkultur".
Fragen an einen katholischen Pfarrer Muss Fasching politisch korrekt sein?
Welche Kostüme sind an Fasching okay? Viele Menschen verkleiden sich gern als Indianer. Gleichzeitig läuft eine Debatte, wie politisch korrekt Fasching sein sollte.
Tatsächlich aber hat jede indigene Gruppe ihre eigenen Rituale und Überlieferungen. Es gibt eben nur manche, die einen Federschmuck tragen oder getragen haben - und das nicht als Alltagsbekleidung, sondern zu bestimmten Zwecken und Zeremonien. Zudem seien indigene Menschen über Jahrhunderte hinweg unterdrückt und daran gehindert worden, ihre Kultur auszuleben, so der Hinweis der indigenen Menschen.
Was halten Stuttgarterinnen und Stuttgarter von Indianer-Kostümen? Wir haben uns in der Stuttgarter Innenstadt umgehört:
"Was soll daran schlimm sein?" Verkleiden als Indianer? Antworten aus Stuttgart
Immer wieder wird darüber diskutiert, ob Kostüme aus anderen Kutluren an Fasching getragen werden dürfen. Wie denken die Stuttgarterinnen und Stuttgarter darüber?
Kulturelle Gewänder nicht für Karneval gedacht
Regisseurin Jules Koostachin kommt aus Vancouver in Kanada und ist Mitglied der Attawapiskat First Nation. Sie empfindet es als respektlos, wenn Menschen, die sich damit nicht auskennen, sich als Indigene kostümieren. Die Gewänder, die sie tragen, sind denen nachempfunden, die von Indigenen für heilige Zeremonien getragen werden.
Verkleidung aus Bewunderung und Begeisterung
Viele Menschen, die sich als Indianer verkleiden, tun das aus Begeisterung. Sie idealisieren das Indianertum aus Bewunderung für die Helden aus Wildwestbüchern und Filmen. Filmemacher James Lujan sieht das kritisch, weil es die tatsächliche Historie der Native Americans nicht widerspiegele.
James Lujan lebt und arbeitet in Santa Fe, New Mexico. Er begründete den Studiengang "Cinematic Arts and Technology" am Institute of American Indian Arts. Vorher arbeitete er bei einer Initiative, die Indigene in der Filmindustrie unterstützt. Lujan gehört zum Volk der Taos Pueblo.
Imitation Jahrtausende alter Traditionen
Auch Schriftstellerin und Sängerin Jessa Calderon lehnt Indianer-Verkleidungen ab. Sie ist Mitglied der Tongva und Chumash aus Südkalifornien und verweist auf die Jahrtausende alten Traditionen. Indigene Menschen auf der ganzen Welt müssten ermutigt werden, ihre Kultur zu leben. Dazu gehöre nicht, dass andere Menschen sie imitierten.