Drei Vorfälle innerhalb weniger Tage

Messer als Statussymbol: Kriminologe erklärt, was hinter Gewalt in Stuttgart steckt

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Autor/in
Alina Klass
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In Stuttgart sind innerhalb weniger Tage mehrere Menschen mit Messern oder spitzen Gegenständen verletzt worden. Gibt es einen Zusammenhang? Was sagt ein Kriminologe dazu?

Innerhalb von drei Tagen haben sich in der Stuttgarter Innenstadt drei Vorfälle ereignet, bei welchen mehrere Menschen mit Messern oder spitzen Gegenständen verletzt wurden. In der Nacht auf Dienstag wurden am Schlossplatz Menschen mit einem spitzen Gegenstand verletzt. Eine Nacht zuvor gab es eine Messerattacke am Hauptbahnhof. Auch Samstagnacht ist in der Innenstadt ein Messer zum Einsatz gekommen. Dirk Baier ordnet die Gewalttaten nun ein. Er ist Professor am Institut für Delinquenz und Kriminalprävention an der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Messer als Statussymbol?

"Das Messer ist heutzutage häufiger in der Hosentasche, als es früher der Fall war. Das wissen wir aus Jugendbefragungen", sagt Kriminologe Dirk Baier. Wenn es zu Konflikten komme, werde das Messer viel zu schnell gezogen und könne schwere Verletzungen nach sich ziehen.

"Aus Diskussionen und Befragungen mit Jugendlichen weiß man, dass Messer häufig mit sich getragen werden, um Männlichkeit zu unterstreichen", sagte Baier im SWR-Interview am Mittwoch. Das sei vor allem bei Männern der Fall, die in ihrem Leben wenig Erfolg hätten. Um die Männlichkeit und Identität nach außen hin zu zeigen, sei das Symbol des Messers offenbar sehr geeignet. Das mache Eindruck, und man könne sich damit in Konflikten behaupten und durchsetzen. Deshalb werde das Messer oft mitgeführt.

Prof. Dirk Baier leitet das Institut für Delinquenz und Kriminalprävention an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, spricht in SWR1 Leute über Gewaltprävention.
Kriminologe Dirk Baier leitet das Institut für Delinquenz und Kriminalprävention in Zürich.

Experte: Messergewalt häufiger bei Menschen mit Migrationshintergrund

Laut Baier treten junge Menschen mit Migrationshintergrund häufiger mit Gewalt und Messergewalt in Erscheinung. "Da muss man sofort dazu sagen, dass die überwältigende Mehrheit von Männern mit Migrationshintergrund nicht gewalttätig ist", ergänzt Baier.

Um den Messerattacken entgegenzuwirken, sei laut Baier Prävention wichtig. "Da braucht es Polizeistärke, um die jungen Menschen zu kontrollieren", so der Professor. "Wenn die Menschen wissen, da passiert eh nichts, ändert das auch nichts an ihrem Trageverhalten." Wenn es jedoch mit entsprechender Personalstärke verbunden sei, dann bringe dies temporär etwas. Insgesamt müsse man nachhaltig daran arbeiten und den jungen Menschen deutlich machen: "ein Messer mitzuführen ist uncool und für dich und andere gefährlich".

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Vorfall am Schlossplatz in Stuttgart mit Gruppe

Zuletzt war es in der Nacht zu Dienstag zu einer Auseinandersetzung auf dem Stuttgarter Schlossplatz gekommen. Dabei wurde laut Polizei ein 21-jähriger Mann leicht und ein 33-Jähriger schwer verletzt. Beide kamen ins Krankenhaus. Die beiden Männer sind gegen kurz vor 1 Uhr mit einer Gruppe aus acht bis zehn Personen in einen Streit geraten, teilte die Polizei am Dienstag mit.

Warum es zu dieser Auseinandersetzung kam, ist den Angaben nach bisher unklar. Als die Polizei vor Ort ankam, waren die Tatverdächtigen schon geflüchtet. Bei der Fahndung traf die Polizei auf zwei Männer im Alter von 18 und 36 Jahren. Ob die beiden an der Auseinandersetzung beteiligt waren, ist laut Polizei bisher unklar. Nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen konnten die beiden wieder gehen.

Unklar, mit welchem Gegenstand die Stichverletzungen zugefügt wurden

Laut einem Polizeisprecher könne man bisher nicht sagen, mit welchen Gegenstand die Tatverdächtigen zugestochen haben. Vermutlich sei es ein spitzer Gegenstand gewesen. Ob ein Messer mitgeführt wurde, könne man noch nicht sagen. Auch unklar sei, was für ein Verhältnis die beiden Männer mit der Gruppe haben.

Einer der Täter sei etwa 1,80 Meter groß und vermutlich zwischen 18 und 22 Jahre alt. Er soll schwarze Haare haben, die seitlich kurz seien und zu einem Zopf gebunden waren. Außerdem soll er einen schwarzen Kapuzenpullover mit einer weißen Aufschrift getragen haben. Auch seine Hose und seine Schuhe sollen schwarz gewesen sein. Zeugen werden von der Polizei gebeten, sich bei der Kriminalpolizei unter der Telefonnummer 0711-8990 5778 zu melden.

Eine Nacht zuvor: Zwei Reisende am Hauptbahnhof mit Messer verletzt

In der Nacht auf Montag hatte laut Polizei ein 26-Jähriger am Stuttgarter Hauptbahnhof zwei Reisende mit einem Messer unvermittelt angegriffen und beide schwer verletzt. Der Mann sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft. Einen weiteren Vorfall mit einem Messer hatte es außerdem auch schon am Wochenende gegeben. Eine fünfköpfige Gruppe soll einen 28-Jährigen nachts in der Innenstadt mit einem Messer in den Bauch gestochen haben. Er hatte offenbar seinem Begleiter helfen wollen, der von der Gruppe angegriffen worden war.

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Drei Fälle innerhalb weniger Tage

Die drei Vorfälle ereigneten sich innerhalb weniger Tage und fanden alle in der Stuttgarter Innenstadt statt. Bei allen Fällen wurden Menschen mit Messern oder spitzen Gegenständen verletzt. Die Stuttgarter Polizei warnt trotzdem davor, die Fälle in "einen Topf zu werfen". Die Hintergründe zu den einzelnen Fällen würden derzeit noch ermittelt, sagte Polizeisprecher Stephan Widmann dem SWR.

Die ohnehin schon bestehenden Kontrollen in der Innenstadt seien derzeit ausreichend, so der Polizeisprecher weiter. Er verwies auch auf die in der Stuttgarter Innenstadt geltende Waffenverbotszone. Dort seien seit Februar 2023 mehr als 100 Messer beschlagnahmt worden. Das zeige, dass die Verbotszone wirkungsvoll sei.

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