Die Universitäts-Bibliothek (UB) in Stuttgart ist seit Ende August wegen eines Schwelbrandes lahm gelegt. Und dieser Tage wird es immer deutlicher: Die Misere wird so bald nicht behoben sein. Für die Studierenden bedeutet das bis auf Weiteres, dass der Bestand von insgesamt 1,65 Millionen Büchern der UB am Uni-Standort Stadtmitte für die tägliche Arbeit der Studierenden und Forschenden nicht oder nur eingeschränkt zugänglich ist.
Teile der Bibliothek seit der Fertigstellung 1961 nie modernisiert
Eingeschränkter Betrieb auf unbestimmte Zeit, das ist für das in die Jahre gekommene Gebäude an der Kriegsbergstraße in Stuttgart nichts Neues. In der UB, in der seit ihrer Fertigstellung 1961 viele Dinge nie modernisiert worden sind, häufen sich in jüngster Zeit die Pannen. Was alles schief gegangen ist, zeigt eine kleine Chronik:
- 2012: Mit Leseratten hatten sie nichts zu tun: Ratten aus dem anliegenden Stadtgarten sind vor zehn Jahren durch Essensreste und leere Bierdosen angelockt worden. Die Nager verschafften sich Zugang zur Stuttgater UB - darauf deuteten zahlreiche Laufspuren hin, die vom inneren des Parks zu Löchern in der Gebäudemauer führten. Als die Stadt daraufhin beschloss, die umliegenden Mülleimer häufiger leeren zu lassen, glaubte man das Nager-Problem in den Griff bekommen zu haben.
- 2018: Falsch gedacht: Trotz mehr Sauberkeit und Ordnung im Stadtgarten ließ sich das Rattenproblem der UB offensichtlich nicht beheben – und das über Jahre hinweg. Im Oktober 2018 beklagte die Universitätsbibliothek eine Zerstörung von knapp 8000 Büchern durch die Ratten. Umgerechnet entstand so ein Schaden von fast 200.000 Euro.
- 2020: Kurz vor der Corona-Pandemie beschädigte im Januar ein Wasserschaden mehrere hundert Bücher der Bibliothek. Viele weitere wurden von Schimmel befallen. Ähnliches war in den vorigen Jahren schon häufiger passiert: Wasser war etwa durch Lecks im Dach oder aus undichten Rohrleitungen der Toiletten in das in das darunter liegende Magazin eingedrungen. Das sogenannte "UB-Notfallbergungsteam" war deshalb nach Angaben der Bibliothek zu diesem Zeitpunkt bereits gut eingespielt. Das UB-Team versuchte daher schnell und leidlich routiniert, so viele Bücher wie möglich zu retten.
- 2021: Wegen anschließender Sanierungsarbeiten und auch der Pandemie geschuldet stand das mittlerweile denkmalgeschützte UB-Gebäude weitestgehend still. Die Öffnungszeiten der Leihstelle wurden auf wenige Stunden am Tag reduziert - zum Leidwesen jener Studierenden, die auch während Corona auf physisch vorhandene Bücher angewiesen waren. Die Baumaßnahmen verzögerten sich zudem, was die Nutzerinnen und Nutzer der Bibliothek darüber hinaus zur Geduld zwang. Alleine die Behebung der Wasserschäden und die Sanierung der Rohrleitungen kostete das Land über 210.000 Euro. Hinzu kamen 800.000 Euro für das Computer-Netzwerk.
Leihstelle bleibt geöffnet Nach Schwelbrand: Uni-Bibliothek Stuttgart-Stadtmitte fast vollständig geschlossen
Offenbar ist die Elektrik an dem Standort nicht sicher. Medien auszuleihen soll möglich bleiben, doch wann Studierende dort wieder arbeiten können, ist noch unklar.
Universitätsbibliothek Stuttgart steht ohne Strom da
Nun folgte eben die Hiobsbotschaft: ein Schwelbrand der Elektrik in der Universitätsbibliothek. Ein Regelbetrieb ohne Strom ist nicht möglich: Bis auf Weiteres ist nun nur noch die Ausleihe geöffnet. Die rund 600 Arbeitsplätze vor Ort fallen zunächst weg. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der UB suchen nun nach Zwischenlösung.
Rektor Ressel fordert Land zur Initiative auf
Hoffnung, dass sich bald Besserung einstellt, besteht nicht, sagt der Rektor der Uni Stuttgart Wolfram Ressel: "Eine Erneuerung und Grundsanierung des Gebäudes ist laut der Landesbauverwaltung erst für den Haushalt 2028/29 geplant. Das muss deutlich früher passieren!“
Studierende machen Ministerien Druck
Auch die Studierenden machen Druck: Anna Dannecker aus der Studierendenverwaltung fordert schnelles Handeln durch die Ministerien. „Nach all den Bauarbeiten hatte die UB nur knapp ein halbes Jahr regulär geöffnet. Seit ich hier studiere, kenne ich sie mehr geschlossen als geöffnet.“