Am Sonntag ist mit einer Jahrzehnte alten Tradition in Ludwigsburg Schluss. Der Bootsverleih auf dem Monrepos-See muss schließen. Die Hofkammer des Hauses Württemberg, in deren Privatbesitz die Domäne Monrepos ist, verlängert den Pachtvertrag mit dem Bootsverleiher nicht über den 30. Juni hinaus. Als Grund nennt sie instabile Bäume.
Ludwigsburger bedauern das Ende des Bootsverleihs
Seitdem die Hofkammer das Ende des Bootsverleihs verkündet hat, ist die Bestürzung in Ludwigsburg groß. Das Seeschloss Monrepos und der Bootsverleih sind ein beliebtes Ausflugsziel in der Region. "Ich war schon vor vielen, vielen Jahren als Studentin dort Boot fahren. Sehr schade, wenn es das nicht mehr gibt", sagt beispielsweise Anette Härtel aus Ludwigsburg. Auch Albert Streit, ebenfalls aus Ludwigsburg, bedauert das Ende des Bootsverleihs: "Das ist eine alte Tradition gewesen. Das war für Familien mit Kindern eine tolle Sache."
OB Knecht: Ludwigsburg hat ein Freizeitziel weniger
Die Schließung des Bootsverleihs ist aus Sicht von Oberbürgermeister Matthias Knecht (parteilos) ein großer Verlust für Ludwigsburg. Er selbst erinnert sich gerne an Kindertage am Seeschloss Monrepos und ans "Bootlefahren". Er habe mit der Familie des Bootsverleihs, dem Herzog von Württemberg und dem Landrat gesprochen, doch ein gemeinsames Gespräch sei nicht gelungen. "Es muss in den letzten Monaten etwas zerbrochen sein", erklärt sich der Oberbürgermeister die verhärteten Fronten zwischen der Familie des Bootsverleihers und dem Hofgut.
"Es zeigt sich, dass die Positionen der Hofkammer und des Bootsverleihs nicht mehr zusammenkommen. Das muss man ein bisschen frustriert eingestehen", sagte Knecht dem SWR. Kritisch sieht Knecht den Zeitpunkt der Schließung mitten in der Saison: "Ich finde schade, dass wir es jetzt nicht bis zum 31. Oktober wenigstens verlängert bekommen. Das wäre, glaube ich, für alle, auch für die aufgeheizte Stimmung in der Stadt gut gewesen."
Er habe aber auch Verständnis für die Hofkammer, so der Oberbürgermeister weiter. Die Domäne Monrepos ist Privateigentum, das der Öffentlichkeit als Erholungsraum zur Verfügung gestellt wird. Daraus folge für die Hofkammer die Aufgabe, für die Sicherheit der Menschen auf dem Gelände zu sorgen.
Hofkammer begründet Ende mit zu hohem Haftungsrisiko
Die Hofkammer des Hauses Württemberg begründet das Aus für den Bootsverleih mit Sicherheitsgründen. Schriftlich teilte sie mit, zahlreiche Bäume auf den Inseln im See seien nicht mehr verkehrssicher. Trotz Absperrungen seien vereinzelte Besucher mit Booten des Verleihs in betroffene Bereiche gefahren.
"Sollte hier jemand zu Schaden kommen, haftet hier nicht nur das Unternehmen Hofkammer, sondern auch die Führungskräfte der Hofkammer persönlich. Dieses Risiko wollen wir nicht länger eingehen", heißt es schriftlich auf SWR-Anfrage. Infolge habe man sich dazu entschlossen, den Pachtvertrag mit dem Bootsverleiher zum 30. Juni auslaufen zu lassen.
SWR durfte Bootsverleiher nicht am See drehen
Der SWR hatte mehrfach um ein Interview mit Wilhelm Herzog von Württemberg geworben. Doch mit Verweis auf "massive Anfeindungen", denen die Hofkammer des Hauses Württemberg seit ihrer Pressemitteilung am 5. Juni ausgesetzt sei, stehe man für ein Interview nicht zur Verfügung, teilte die Hofkammer-Verwaltung mit. Am 5. Juni hatte die Hofkammer bekanntgegeben, dass der Pachtvertrag nicht verlängert werde. Um welche massiven Anfeindungen es sich handelte, führte die Hofkammer nicht aus.
Möglicherweise sind damit Vorwürfe von Bootsverleiher Thomas Leitz gemeint, der dem Hofgut vorwarf, dass sich das Problem der Standfestigkeit der Bäume ja nicht lösen lasse, indem man den Pachtvertrag nicht verlängere. Auch hätten sich seine Bootsgäste an die neuen Absperrungen gehalten. Der SWR hätte sich gern vor Ort ein Bild gemacht. Doch eine Dreherlaubnis auf dem See und rund um Schloss Monrepos lehnte die Hofkammer mehrfach ab.
Bootsverleiher kündigt an: Boote werden wohl verschrottet
Für Thomas Leitz geht "sein Lebenswerk" zu Ende. Seit rund 25 Jahren betreibt er den Bootsverleih auf dem Monrepos See und schon als Jugendlicher hat er beim damaligen Pächter am Bootsverleih ausgeholfen, erzählt er. "Seit jeher ist das mein Baby, der ganze Bootsverleih", sagt der 57-Jährige. Von jung bis alt habe er quasi schon alle in seinen Ruder- und Tretbooten gehabt - vom zehn Tage alten Säugling bis hin zum über 90-jährigen Ehepaar.
Leitz bezeichnet das Auslaufen des Pachtvertrags als bitter. Den Gesamtwert seiner Boote gibt er mit rund 300.000 Euro an. Diese werde er wohl verschrotten, sagt er. Käufer zu finden, sei schwer, da die Boote sehr wartungsintensiv seien.
Wie es beruflich für ihn weitergeht, wisse er noch nicht. Er sei gelernter Schreiner, kenne sich mit den heutigen Schreinermaschinen aber nicht mehr aus, was einen Wiedereinstieg sehr schwierig mache. Was aber feststeht: Den Steg am Monrepos muss er komplett räumen bis zum 5. Juli. Das hat der Anwalt der Hofkammer des Hauses Württemberg Leitz in einem Schreiben mitgeteilt.
Hoffnung auf Wiedereröffnung eines Bootsverleihs
Ab Juli werden Enten und Schwäne den Monrepos-See vorerst für sich haben. Ob das Seeschlosspanorama künftig wieder vom See aus genießbar sein wird, ist noch unklar. Laut Oberbürgermeister Knecht wird definitiv ein Gespräch über naturschutz- und sicherheitsrechtliche Aspekte und Freizeitangebote am Monrepos stattfinden - mit der Hofkammer und dem Landrat, aber "leider ohne die Familie des Bootsverleihers".
Nach Angaben der Hofkammer des Hauses Württemberg von Anfang Juni, wolle man sich während der Sanierung des Seeschlosses in den kommenden zwei bis drei Jahren Gedanken über eine mögliche "Neuverpachtung eines Bootsverleihs oder ähnlichem" machen. Man sei sich bewusst, dass die Menschen dieses Erlebnis vermissen würden. Die Ludwigsburger Touristeninformation wirbt bislang noch mit dem Bootsverleih auf ihrer Internetseite.