Am Mittwoch konnten Bauarbeiter in Böblingen die Entführung eines zehnjährigen Jungen verhindern. Der Junge hatte durch Schreie auf sich aufmerksam gemacht. Laut sein, damit die Menschen um einen herum mitbekommen, was passiert: Das ist gleich einer der wichtigsten Tipps von Carmelo Gibella, Präventionsbeauftragter der Polizei in Böblingen.
Carmelo Gibella war am Freitag, gleich zwei Tage nach der versuchten Entführung, im Gymnasium des zehnjährigen Jungen. Auch dessen Freund war von dem 51-jährigen Tatverdächtigen angesprochen worden, konnte aber wegrennen. Nun wollte Polizist Carmelo Gibella die fünfte Klasse nochmal sensibilisieren und das richtige Verhalten auf der Straße trainieren - interaktiv und mit Rollenspielen. Nach den Ferien sollen laut Polizei noch mehr Klassen der Schule besucht werden.
Vier Regeln für Kinder, wenn Fremde sie ansprechen
Wie man sich verhält, wenn man auf der Straße von Fremden angesprochen ist, ist ein standardmäßiges Präventionsangebot des Polizeipräsidiums Ludwigsburg. Carmelo Gibella, der im Referat Prävention arbeitet, kommt entsprechend häufig in Schulen. Dort gibt er den Kindern - oft schon ab der vierten Klasse - Tipps mit auf den Weg. Dazu gehört :
- Abstand halten, damit Erwachsene nicht nach einem greifen können.
- Sich nicht in ein Gespräch verwickeln oder ausfragen lassen. Statdessen kurze, höfliche Antworten geben und weitergehen.
- Lieber in einer Gruppe zur Schule laufen, statt alleine zu gehen.
- Mit den Eltern den Schulweg schon mal ablaufen und sich Orte merken, wo man hingehen kann, wenn einem eine Situation komisch vorkommt.
Polizei: Eltern sollen Kinder warnen, aber keine Angst machen
Eltern könnten ihren Kindern beibringen, wie sie den Notruf 110 richtig wählen und was sie dann sagen sollten. Außerdem ist es hilfreich, die Ortungsdienste einzurichten und eingeschaltet zu lassen, erklärt Gibello gegenüber dem SWR. Eltern sollten ihre Kinder warnen und informieren, ohne ihnen dabei zu sehr Angst zu machen und alle Gefahren zu erläutern. "Nicht jeder Fremde, der ein Kind anspricht, hat böses im Sinn", sagt Gibello.
Die Polizei bestätigt, dass sich so ein Vorfall wie in Böblingen eher um einen Einzelfall handelt. Eine versuchte Entführung passiere nicht tagtäglich.
Gibello: Online und in Chatgruppen keine Panik verbreiten
Gibello rät daher den Eltern zudem, sich nicht an Spekulationen im Netz oder in Chatgruppen zu beteiligen: "Gerüchte vermeiden. So beugen sie einer Hysterie über die sozialen Medien vor." Dadurch könnten sonst auch Unschuldige verdächtigt und unter Generalverdacht gestellt werden. Die Beamten warnen ausdrücklich davor, Verdachtsfälle über die sozialen Netzwerke zu melden, sondern immer direkt bei der Polizei.
In dem Fall aus Böblingen kam es auf Social Media und in Chatgruppen auch zu einigen falschen Informationen, die dann weit verbreitet wurden. Es wurde zum Beispiel falsch behauptet, dass der Tatverdächtige wieder frei gelassen worden sei. "Solche Meldungen helfen niemandem. Sie belasten teilweise ohnehin schon besorgte Personen zusätzlich und erschweren die Arbeit der Ermittlerinnen und Ermittler," so die Polizei am Freitag. Die Polizei bittet daher, darauf zu achten, welche Infos man teile.
Der SWR hat fünf solcher Gerüchte und Aussagen überprüft:
Faktencheck von fünf Aussagen Versuchte Entführung in Böblingen - was stimmt, was sind Fake News?
Am Mittwoch konnte in Böblingen wohl die Entführung eines Kindes verhindert werden. Online und in Chatgruppen kursieren dazu viele Nachrichten. Einiges davon stimmt nicht.
Tipps und Hinweise zu Zivilcourage
Die drei Bauarbeiter, die den Jungen in Böblingen gerettet haben, werden im Netz gefeiert. Der Böblinger Oberbürgermeister Stefan Belz (Grüne) denkt sogar über einen eigenen Stadtpreis für Zivilcourage nach, den er den drei Männern verleihen möchte. Auch die Polizei sagt, dass sie sehr dankbar über das Einschreiten der Männer sei. Trotzdem weist die Polizei auch darauf hin, dass sich niemand durch Zivilcourage selbst in Gefahr bringen soll.
Das Gegenüber könnte auch gewaltbereit sein oder bewaffnet. Da würden sich selbst Polizeibeamte manchmal in Gefahr begeben. Diese seien aber geschult, trainiert und würden Schutzkleidung tragen. Daher sollte man in kritischen Situationen auf jeden Fall die Polizei rufen, wenn man helfen wolle. Außerdem könne man den Ermittlungen der Polizei auch schon helfen, indem man beobachte, sich ein Kennzeichen notiere oder ein Foto mache.