Viele der etwa 8.000 jüdischen Menschen in Baden-Württemberg bereiten sich auf das Neujahrsfest Rosch ha-Schana vor. Das bedeutet "Haupt des Jahres". Am Mittwochabend beginnt das Fest mit dem Sonnenuntergang. Dazu wird in den jüdischen Gemeinden das Schofar, das Widderhorn, geblasen. Zu Ende geht das Fest dann am Freitag, wenn die Sonne untergeht.
In welches Jahr wird reingefeiert?
Während die Christinnen und Christen ihre Zeitrechnung an der Geburt Jesu ausrichten, orientiert sich der jüdische Kalender an der Schöpfung der Welt. Die hat nach Berechnungen auf Grundlage der Thora vor 5.785 Jahren stattgefunden - also beginnt mit dem Rosh ha-Schana das Jahr 5.785. Weil sich die jüdische Zeitrechnung am Mond und nicht an der Sonne orientiert, liegen die Feiertage nicht im Winter, sondern meistens im späten Sommer oder frühen Herbst.
Was bedeutet das Fest für die Gläubigen?
Nach jüdischer Tradition symbolisiert das Fest das Gericht Gottes über die Menschen. Daher steht nicht so sehr das Feiern, sondern eher das Beten und Buße tun im Vordergrund. Die Gläubigen sollen sich nicht nur an Rosch ha-Schana selbst, sondern in den folgenden zehn Tagen Gedanken machen, wem sie Unrecht getan haben, wo sie falsch gehandelt haben und die Menschen um Verzeihung bitten. Gleichzeitig sollen sie auch selbst verzeihen, wenn andere sie darum bitten. Auch die guten Vorsätze fürs neue Jahr sollten nicht fehlen. Die zehn Bußtage enden dann mit dem jüdischen Versöhnungsfest Jom Kippur.
Wie feiern jüdische Gläubige das Rosch ha-Schana?
Obwohl es ein eher ernstes Fest ist, bleibt Rosch ha-Schana doch ein Fest. Synagogen und das Zuhause werden geschmückt. Die Gläubigen treffen sich in der Gemeinde, beten und feiern zusammen. Auch gutes Essen darf nicht fehlen: Traditionell gibt es mit Fisch gefüllten Karpfen und Süßes, damit das Jahr auch "süß" wird - zum Beispiel in Honig getunkte Apfelstücke.
Warum ist dieses Jahr anders?
In diesem Jahr fällt in diese Zeit auch der 7. Oktober - der Jahrestag des Massakers der Hamas in Israel. Auch der Gaza-Krieg, die immer noch verschleppten Geiseln, der Konflikt mit der Hisbollah und die vielen toten unbeteiligten Menschen auf jüdischer, palästinensischer und libanesischer Seite überschatten diese Zeit. Am Dienstag griff der Iran zum zweiten Mal binnen sechs Monaten Israel mit Raketen an. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu kündigte nach dem Angriff Vergeltung an.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die jüdischen Menschen zum neuen Jahr beglückwünscht und klar gemacht: "Jüdinnen und Juden gehören zu diesem Land, und Deutschland bleibt ein Zuhause für sie." Auch Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche haben Glückwünsche zum Neujahrsfest geschickt und in diesem Zusammenhang wieder aufgerufen: Antisemitismus müsse bekämpft werden.