Sinn und Unsinn der Landesheimbauverordnung

Trotz Zufriedenheit: Heidelberger Seniorenheim "Haus Philippus" soll abgerissen und neugebaut werden

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Autor/in
Martina Senghas

Das Haus Philippus in Heidelberg ist in den 1960er Jahren gebaut und zwischendurch saniert worden. Wegen einer Verordnung muss es ersetzt werden. Viele fragen sich: Wie sinnvoll ist das?

Seitdem 2009 eine neue Landesheimbauverordnung erlassen wurde, gelten unter anderem für Altenpflegeeinrichtungen neue Anforderungen: Für jeden Bewohner muss ein Einzelzimmer mit Bad zur Verfügung stehen, die Flure brauchen eine Mindestbreite und pro Person sind 3,5 Quadratmeter Gemeinschaftsfläche Vorschrift. Das sei alles sehr sinnvoll, wenn man Neubauten plant, meint die Geschäftsführerin der Trägereinrichtung des "Haus Philippus". Aber unsinnig für Bestandsgebäude. Sie und ihr Team sind gerade mit Umzugs-, Abriss- und Neubauplänen beschäftigt, obwohl sie ein gut funktionierendes Haus haben.

Die Tagessätze werden enorm steigen

Die Altenpflegeeinrichtung im Heidelberger Stadtteil Handschuhsheim hat einen guten Ruf, auch wenn sie ein wenig altmodisch ist. Die Lage ist ziemlich gut und Einzelzimmer gibt es genug, aber diese verfügen nur über Waschbecken und keine eigenen Bäder. Geplant ist deshalb, dass die rund 140 Bewohnerinnen und Bewohner Ende des Jahres zur Zwischenmiete umziehen. Und zwar in das ehemalige Caritas-Altenpflegeheim St. Michael, das im selben Stadtteil liegt. Das Haus steht leer, weil dessen Bewohner bereits in einem Neubau wohnen.

Das bisherige "Haus Philippus" aus den 1960er Jahren soll dann abgerissen und wiederaufgebaut werden. Bauchschmerzen würden ihr dabei vor allem die Kosten machen, meint Heidi Farrenkopf, die Geschäftsführerin der Altenhilfe der Evangelischen Stadtmission Heidelberg.

Das Pflegeheim wird deutlich teurer werden. Wir haben jetzt einen Tagessatz fürs Wohnen, der bewegt sich bei 11 Euro. Neubauten bewegen sich bei einem Tagessatz von 40 bis 50 Euro.

Die Kosten tragen die Heimbewohnerinnen und Heimbewohner und ihre Angehörigen. Wenn diese über keine eigenen Mittel verfügen, springt der Staat ein.

Wegen einer Fristverlängerung trifft es das "Haus Philippus" erst jetzt

Eigentlich müssen die Vorgaben der Landesheimheimbauverordnung schon seit 2019 erfüllt sein. Für viele Häuser galten und gelten jedoch Übergangsregelungen. So auch für das Heidelberger "Haus Philippus", das von der Altenpflege der Evangelischen Stadtmission betrieben wird. Langsam müssen aber auch die letzten Einrichtungen entscheiden, wie es weitergehen soll. Einzelne von ihnen schließen, weil sich ein Um- oder Neubau für sie nach eigenen Angaben nicht rechnet.

Hinteransicht des "Haus Philippus" in Heidelberg
Zimmer mit Privat-Balkons wird es in einem Neubau nicht mehr geben - Hinteransicht des "Haus Philippus" in Heidelberg

Verbände wollten von Anfang an gegensteuern

Ein Faktor für die enorme Kostensteigerung ist, dass die Baukosten in den letzten Jahren explodiert sind. Das konnte man 2009 nicht voraussehen. Dennoch haben die Verbände von Anfang an versucht gegenzusteuern, denn dass alles teurer werden würde, sei klar gewesen - sagt etwa Joachim Hessler, der Geschäftsführer der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG). Niemand habe etwas gegen eine hohe Wohnqualität in Seniorenheimen. Und man wisse, dass die Ansprüche der Generation, die jetzt in die Einrichtungen kommt, gestiegen seien. Aber:

Man hätte ein größere Bandbreite an Heimen lassen können. Es gibt zum Beispiel auch Menschen, die keine Einzelzimmer wollen.

In Bayern, so fügt er hinzu, habe man die Vorgaben inzwischen wieder gelockert. Die baden-württembergische Heimbauverordnung gilt als die strengste.

Der Eingang der Altenpflegeinrichtung "Haus Philippus" in Heidelberg
Der Eingang zur Altenpflegeinrichtung "Haus Philippus" in Heidelberg

Verhandlungen mit Investor für neues "Haus Philippus" laufen noch

Was den Neubau des "Haus Philippus" in Heidelberg anbelangt, ist übrigens noch nicht alles in trockenen Tüchern. Es gibt zwar einen Investor, aber die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. Was die evangelische Stadtmission aber jetzt schon sagen kann: es wird weniger Plätze geben, damit das finanzielle Risiko nicht ganz so groß ist. Und Einzel-Balkone zum Garten hin, wie sie jetzt viele Zimmer haben, wird man sich nicht mehr leisten können. Es wird ein schwerer Abschied.

Ich hätte mir gewünscht, dass es für Bestandsgebäude, die man nicht einfach der Landesheimbauverordnung anpassen kann, Ausnahmeregelungen gibt.

Neben der ökonomischen sei das auch eine ökologische Frage. Auch deshalb sehe sie das Ganze so kritisch.

Bringt ein neues Gesetz eine Änderung?

Auf Anfrage des SWR gibt das Land die Auskunft, dass der Grund für die gestiegenen Kosten vor allem im pflegerischen Bereich zu suchen sind. Die Eigenanteile hier seien in den letzten sechs Jahren um etwa 140 Prozent gestiegen, während die Investitionskosten nur moderat zugelegt hätten. Das steht im Widerspruch zu Berichten von Häusern wie dem "Philippus" in Heidelberg. Schließlich weist das baden-württembergische Sozialministerium dann aber doch darauf hin, dass es in den nächsten Monaten zu einer Änderung in der Landesheimbauverordnung kommen könnte. Und zwar deshalb, weil es gerade auch einen Änderungsprozess im Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz (WTPG) gebe. Was konkret damit gemeint ist, darauf gibt es bisher allerdings noch keine Antwort.

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